Sinziger Musiker gewinnt Plagiatsprozess gegen Rock-Ikone Gary Moore

Landgericht München I verurteilt Moore und Plattenfirma Virgin Records zur Zahlung von Schadensersatz

Sinziger Musiker gewinnt Plagiatsprozess gegen Rock-Ikone Gary Moore
Foto: Gausmann

Sinzig. Die Geschichte von Plagiaten in der Musik ist seit Mittwoch um ein spektakuläres Kapitel erweitert worden. In seinem Urteil im Plagiatsprozess gegen Rock-Ikone Gary Moore hat das Landgericht München I dem Musiker Jürgen Winter aus Sinzig attestiert, dass der irische Musiker das Gitarrensolo seines Welthits "Still got the Blues" aus dem Jahre 1990 dem von Winter bereits im Jahre 1974 komponierten Werk "Nordrach" entnommen haben muss.

Dementsprechend verurteilte das Gericht Moore und dessen Plattenfirma Virgin Records zur Zahlung von Schadensersatz, dessen Höhe sich nach den mit dem Stück erzielten Umsätzen zu richten habe.

Rückblick: Jürgen Winter gründete 1970 die Krautrock-Band "Jud´s Gallery", die es mit ihren Konzerten bald zu einer regionalen Größe gebracht hatte. 1974 hatte ein Produzent des Südwestrundfunks die Formation zu Studioaufnahmen ein. Eines der aufgenommenen Stücke trug den Titel "Nordrach", benannt nach einem Schwarzwaldort. Doch kurz bevor die erste Platte eingespielt werden sollte, löste sich die Band auf.

Gary Moore war zu jener Zeit als Gitarrist lediglich in Insiderkreisen bekannt. Es dauerte bis zum Jahr 1990 ehe der damals 38-Jährige mit "Still got the Blues" einen weltweiten Hit landete.

Dass es zu dem aufsehenerregenden Prozess kam, ist indes eher einem Zufall zu verdanken.

Beim Stöbern in alten Tonkonserven machte Ehefrau Heidi Winter die Entdeckung, dass das Gitarrensolo im Schlussteil des Stücks "Nordrach" dem Leitmotiv des Moore-Hits verblüffend ähnelt. "Um den Sachverhalt aufzuklären, haben wir uns im Juni 2000 über unseren Anwalt Manfred Steinheuer zunächst an Virgin Records gewandt. Doch die Schreiben wurden schlichtweg ignoriert", erinnert sie sich.

Da man in der Zwischenzeit jedoch erdrückende Beweise gesammelt hatte, strengte das Sinziger Paar einen Plagiatsprozess gegen Moore und dessen Plattenfirma an. Mit Volkmar Kramartz konnte ein Zeuge präsentiert werden, der bestätigte, dass Moore Anfang der 70er Jahre eine Weile bei ihm in Bonn gewohnt hat, der Region also, in der die Band von Winter häufig aufgetreten war.

Auch habe er den Iren einmal sogar zu einem Konzert von "Jud's Gallery" nach Beuel begleitet. Damit lag nahe, dass Moore der Song "Nordrach" nicht unbekannt gewesen sein konnte. Denn das hatte der 56-Jährige stets behauptet.

Und dem Plagiatvorwurf entgegnete die von Virgin Records engagierte Anwältin Claudia Rossbach, dass es sich bei der betreffenden Passage um musikalisches Allgemeingut handele. Das sah der renommierte Musikprofessor Hermann Rauhe anders. In seinem Gutachten heißt es: "Die musikalische Analyse bestätigt die weit gehende Übereinstimmung beider Titel."

Und Professor Eckart Altenmüller vom Institut für Musikphysiologie und Musikermedizin in Hannover stellte in seinem Gutachten fest, dass es sich Moore bei der Komposition durchaus von einem 16 Jahre zurück liegenden Höreindruck habe leiten lassen können.

Erst als das Landgericht signalisierte, dass es der Einschätzung des Sachverständigen folgen werde, bemühten sich Moore und die Plattenfirma um einen außergerichtlichen Vergleich, den Jürgen Winter jedoch ablehnte. Mit dem Ziel einer Einigung unternahm der Münchener Star-Anwalt Fidelio Unger am Vortag der Urteilsverkündung einen letzten Vorstoß.

Vergeblich: Nach dem Urteil des Landgerichts München I sind die Übereinstimmungen beider Songs "so frappierend, dass von einer Übernahme auszugehen war" (Az.: 21 O 231 20/00). "In dieser Sache haben wir uns gefühlt, wie David gegen Goliath, und haben nach acht Jahren endlich Gerechtigkeit erfahren", kommentiert Heidi Winter das Urteil. Derweil haben die Anwälte von Gary Moore angekündigt, in die nächste Instanz gehen zu wollen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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