Vortrag in Sinzig "Sinzig muss überall werden"

SINZIG · Der Journalist Franz Alt spricht im Rhein-Gymnasium globale Probleme an. Umweltzerstörung und Klimawandel stehen dabei im Fokus.

 Franz Alt sprach im Sinziger Rhein-Gymnasium über Umweltschmutz und Umweltschutz.

Franz Alt sprach im Sinziger Rhein-Gymnasium über Umweltschmutz und Umweltschutz.

Foto: Martin Gausmann

Die globalen Probleme, enormer Ressourcenverbrauch, Umweltzerstörung und der Klimawandel bei wachsender Weltbevölkerung – diese Situation stimmt viele Menschen pessimistisch. Wer sich wie der bekannte Journalist Franz Alt fragt, „sind wir noch zu retten?“ und positive Antworten sucht, dem lieferte der Redner, nach 22 Jahren erneut Gast in der Reihe „Forum Zukunft“ des Rhein-Gymnasiums (RGS), Argumente und Beispiele zuhauf.

Schon im November 1996, daran erinnerte nach der Begrüßung durch Schulleiter Jens Braner Forumsinitiator Klaus Karpstein vor rund 100 Zuhörern, „beschwor er jeden Einzelnen, sich für eine lebenswerte Zukunft einzusetzen. Bereits eine Woche später bildete sich eine Arbeitsgruppe, die sich um die Energiefrage in der Schule kümmerte.“ Das RGS wurde ein Vorreiter für erneuerbare Energien im Kreis Ahrweiler. Energieteams entstanden. Der Gasverbrauch im Haus wurde gedrosselt. In Eigenregie von Schülern, Lehrern, Eltern plante man eine Photovoltaikanlage auf dem Schuldach. Der Landkreis setzte das Projekt schließlich auf den Schuldächern um. Und der „Pionier“ Solarverein, heute Solarverein Goldene Meile, erhielt von Eurosolar den Deutschen Solarpreis 2005.

„Sinzig muss überall werden“, kommentierte Alt, wie seine Worte dort Kreise gezogen haben, sah aber in der Stadt „noch zu viele leere Dächer“. Kürzlich erst aus Südkorea zurück, ist der 80-Jährige bald wieder nach Pakistan unterwegs. Er will positiven Wandel mit eigenen Augen sehen, wie in einem Dorf in Mali, wo Kinder erstmals zur Schule gehen, weil sie durch Solarenergie abends bei Licht Hausaufgaben machen können oder in der Mongolei, wo junge Leute Nomaden bleiben wollen, aber dank Fotovoltaik mit Handy und Laptop.

Er reiste mit seiner Frau ebenso zu Problemzonen in die Alpen, in die Arktis, Antarktis, nach Island und Alaska, wo Gletscher schmelzen, so dass gebundenes Wasser verloren geht und die Permafrostböden auftauen könnten.

„Nur Trump und die AfD bestreiten noch den Klimawandel“

Die negativen Nachrichten lassen erschauern. Alt zählt auf, dass weltweit tagtäglich 150 Tier- und Pflanzenarten aussterben, mehr, als natürliche Evolution ermöglicht, dass die Menschheit 150 Millionen Tonnen Treibhausgase in die Luft pustet, Wüstenflächen um 50 000 Hektar durch falsches Energieverhalten vergrößert und an einem Tag so viel Kohle und Öl verbraucht werden, wie die Erde in einer Million Tagen erzeugte.

„Das ist ein Selbstmordprogramm“, so Alt. Er führte „das geistige Gesetz“ von Jesus, Buddha und Mahatma Gandhi an: „Wir ernten, was wir säen“ und übersetzte „Wer 10-Liter-Autos baut, erntet Klimaflüchtlinge“. Denn durch die Verbrennung steigt der Kohlendioxidausstoß, die Erde erwärmt sich, die Meeresspiegel steigen. Klimaflüchtlinge aus Afrika und Asien verlassen ihre Heimat und steuern Europa an. „Nur Trump und die AfD bestreiten noch den Klimawandel“, so Alt. Doch er verbreitete Zuversicht: „Alle Probleme, die von Menschen geschaffen sind, sind auch von Menschen zu lösen.“

Der Schlüssel zur Lösung? Energie. „Die Lösung des Energiepro-blems steht am Himmel“, da die Sonne uns in Deutschland 15 000 Mal mehr Energie schicke, als wir brauchen. „Die Sonne schickt uns keine Rechnung“, brachte Alt sein Credo vor. Es sei zu schaffen, fossile Energien und Atomstrom hinter uns zu lassen, vor allem mit Solarenergie, jedoch gemeinsam mit den fünf anderen erneuerbaren Energien Wind, Biomasse, Erdwärme, Wasserkraft und Strömung. Denn „nicht immer scheint die Sonne, nicht immer bläst der Wind“.

Als guten Vorstoß gegen den Klimawandel nannte er das Pariser Klimaabkommen, bei dem zahlreiche Staaten beschlossen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu beschränken. Deutschland lobte er für die Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes.

China und Taiwan viel weiter mit der E-Mobilität

Doch das reiche nicht. Weltweit bringe deutsche Technologie saubere Energie auf den Weg, im Herkunftsland aber tue man sich schwer mit dem Umsetzen. So kritisierte Alt die deutsche Autoindustrie. China und Taiwan seien viel weiter mit der E-Mobilität. Dennoch malte er eine unfallfreie und staureduzierte Zukunft aus mit selbstfahrenden E-Autos, die kostenlos Solarstrom tanken. Zuletzt führte er Beispiele alternativen Bauens in aller Welt an.

Der Beamer brachte im Sekundentakt Photovoltaikgroßanlagen und innovative Architekturen, ausgerüstet mit Solar- und Windkraftmodulen, auf die Leinwand. „Ethisch und ästhetisch“ müsse es sein. Letztlich gebe die Ökonomie den Ausschlag und die alte Energie sei teurer als die erneuerbaren. Die Dynamik hin zur Lösung nehme zu, zeigte sich Alt überzeugt.

Nach knapp zwei Stunden druckreifen Vortrags – „ein Feuerwerk der Vernunft“, wie Karpstein formulierte – rief er aus: „Die Welt ist voller Energie. Wenn wir gut sind, muss kein Kind mehr verhungern. Wenn die Menschen in Afrika Energie haben, dann fliehen sie nicht mehr.“

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