Natursteig Sieg Wanderparadies bringt Gäste und Geld

RHEIN-SIEG-KREIS · Wenn ein Hotelier aus Windeck von deutlich mehr Übernachtungsgästen als in den Vorjahren spricht, wenn ein Gastronom aus Stadt Blankenberg spezielle Gerichte kreiert und demnächst zusätzlich einen Biergarten einrichtet, wenn Leistungsträger freiwillig eine Abgabe fürs Marketing zahlen, dann läuft etwas sehr gut. In diesem Fall wandert es sich gut. Und zwar auf dem Natursteig Sieg. Am Freitag zogen Wirtschaftsförderer Hermann Tengler und Projektleiterin Brigitte Kohlhaas eine "durchweg positive" Bilanz.

 Stimmungsvolles Panorama auf dem Natursteig Sieg: Der Blick von Burg Blankenberg auf Hennef.

Stimmungsvolles Panorama auf dem Natursteig Sieg: Der Blick von Burg Blankenberg auf Hennef.

Foto: Ingo Eisner

"Seit der Eröffnung des Natursteigs Sieg vor zwei Jahren hat die Zahl der Gästeübernachtungen in den vier Siegtal-Kommunen Siegburg, Hennef, Eitorf und Windeck um etwa 76.000 auf 365.000 zugenommen", sagte Tengler. Das sei eine Steigerung von 26 Prozent, landesweit lasse sich ein Plus von lediglich zehn Prozent erfassen. Dabei seien in dieser Zahl nur Betriebe enthalten, die mehr als zehn Betten anbieten - gerade in kleineren Kommunen wie etwa Win-deck gebe es aber auch Pensionen mit vier oder fünf Betten, die ebenfalls gut belegt seien.

"Rechnet man dazu, was üblich ist, auf jeden Übernachtungsgast drei bis vier Tagesausflügler, bekommt man ein noch besseres Bild von der Belebung der Region", freute sich Tengler. Finanziell mache sich das Mehr an Gästen ebenso bemerkbar: Jeder Übernachtungsgast gibt laut Statistik im Schnitt 57 Euro pro Tag aus. Jeder Tagesausflügler etwa 16 Euro.

"Das sind gut 21 Millionen Euro, die Besucher pro Jahr in der Region lassen. Eine Studie stellte kürzlich fest, dass der Markt für Wanderangebote bis 2040 wächst. Das ist unter anderem der demografischen Entwicklung geschuldet - Wandern ist auch etwas für die älteren Semester." Die durchschnittliche Übernachtungsdauer der Gäste stieg übrigens von 2,4 auf 2,7 Tage.

Einen Teil des Geldes lassen Wanderer, die mit den Geschäftsleuten das Gros der Gäste stellen, in der Gaststätte "Zum alten Turm" in Hennef-Blankenberg. Deren Inhaber, Franz Drecker, war gestern als Vertreter der Qualitätsgastgeber Sieg im Kreishaus und berichtete: "Der Ort ist belebter, der Betrieb ist gewachsen. Man merkt, es ist mehr zu tun." Gezielt würden die Wanderer die Betriebe auf ihre Qualifizierung prüfen. "Die Leute möchten ihre nassen Sachen aufhängen, es gibt Handtücher, wir haben ein Becken nebst Schuhputzbürste aufgestellt, das dankbar angenommen wird." Seine Speisekarte hat Drecker angepasst - "es gibt jetzt zusätzlich kleinere Gerichte" - und Wasser füllt er kostenlos in die Trinkflaschen. "Unser Personal weiß außerdem über die Umgebung Bescheid, danach wird oft gefragt."

So groß sei der Zulauf, dass Drecker das dem Restaurant gegenüberliegende Haus gemietet hat und dort einen Biergarten mit gut 60 Sitzplätzen sowie Fremdenzimmern einrichten wird. Tengler: "Obwohl schon lange gewünscht, wurde das Projekt erst realisierbar, als 1,8 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, EFRE, flossen. Die 400 000 Euro, die der Natursteig zusätzlich kostet, teilen sich die Kommunen.

2013, im letzten Jahr der Förderung durch EFRE, haben Brigitte Kohlhaas und ihr Team viel vor: Die 17 Erlebnispfade rechts und links der Hauptwanderstrecke sind fertig und noch vor Ostern komplett beschildert, insgesamt 320 Kilometer wanderbare Strecke sind mit Bänken möbliert. "Wir richten Naturerlebnisstationen ein, wie den Wald- und Bienenlehrpfad am Hüppeltröttchen in Eitorf", sagte Felix Knopp, der als "Außendienstler" des Projekts täglich auf dem Natursteig unterwegs ist. Knopp ist Ansprechpartner für Waldbewirtschafter, Jäger, Reiter, Eigentümer und natürlich Wanderer und bittet um Mithilfe: Zwischen Kaldauen und Röcklingen verschwinden nämlich immer wieder Hinweisschilder.

"Die Präsenz des Projektteams vor Ort ist wichtig und trägt zum Erfolg des Natursteigs bei", war sich Kohlhaas sicher. Zurzeit arbeite das Team an einem Konzept, um nach Ende der Förderung die Nachhaltigkeit des Projekts zu sichern. Vor Kurzem ging eine Internetseite online, auf der interaktives Kartenmaterial angeboten wird und Links zu allen Qualitätsgastgebern stehen. Von denen gibt es demnächst noch mehr: Zu den aktuell 52 geprüften Hotel-, Pensions- und Gastronomiebetrieben sollen noch etwa 30 weitere kommen. vor allem an den neuen Erlebniswegen, "denn auch dort möchte der Wanderer eine Einkehrmöglichkeit."

Der Natursteig Sieg
2010 eröffnet, bietet der Natursteig Sieg insgesamt 320 Kilometer Wegstrecke. 300 Kilometer richten sich an Wanderer, rund 60 Kilometer sind auch für Radler geeignet. Entlang der Strecken gibt es 36 Unterkunfts- und 16 Gastronomiebetriebe, die sich auf die Besucher eingerichtet haben und zusätzlichen Service wie Trockenräume, spezielle Gerichte und Informationen zum Natursteig anbieten.
Auf www.naturregion-sieg.de finden Besucher interaktive Karten und Links zu qualifizierten Dienstleistern. Das Projektteam ist zuversichtlich, dass der Natursteig Sieg im September von Tour Natur in Düsseldorf als Qualitätswanderweg Wanderbares Deutschland ausgezeichnet wird.

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