Hohes Risiko im Frühling Experten warnen vor Waldbränden an Rhein und Sieg

Rhein-Sieg-Kreis · Die Waldbrandgefahr im Rhein-Sieg-Kreis steigt mit dem Klimawandel. Der Frühling ist die kritische Jahreszeit. Experten machen jetzt Vorschläge für eine gezielte Überwachung der Wälder.

 Luftaufnahme vom Kottenforst.

Luftaufnahme vom Kottenforst.

Foto: Volker Lannert

Brände im Kottenforst, der Wahner Heide und in der Nähe von Lohmar innerhalb einer Woche – die Wald- und Grasbrandgefahr ist derzeit auf Stufe Rot. Die Gefahr, dass unsere Wälder brennen, ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Der Blick ein paar Monate zurück rund um den Erdball bestätigt das: die verheerenden, sechs Monate andauernden Brände in Australien zerstörten zehn Mal so viel Wald wie eine durchschnittliche australische Feuersaison.

Zerstörerische Waldbrände sind auch unserer Region näher als sich das hier jemand vorstellen möchte. Zwei trockene und heiße Sommer, ganz in der Nähe ein Böschungsbrand, der mehrere Häuser angesteckt hat – die Gefahr ist vielen Menschen inzwischen bewusst.

Brände im Siebengebirge sind durchaus wahrscheinlich

Ein Brand im Siebengebirge ist durchaus wahrscheinlich, warnt auch der Bonner Meteorologe Karsten Brandt. Trockene und warme Sommer erhöhen die Waldbrandgefahr. „Der Klimawandel ist da“, sagt er. „Das Thema Waldbrandgefahr ist bei uns angekommen“, bestätigt Kreisbrandmeister Dirk Engstenberg die Einschätzung des Meteorologen.

Das Siebengebirge, das sind 48 Quadratkilometer Natur, eins der ersten Naturschutzgebiete in Deutschland, steht nach der Flora-Fauna-Habitatrichtlinie unter einem besonderen Schutz. Das Siebengebirge, das sind auch eine Reihe von beliebten Ausflugszielen, ist Gebiet zum Radfahren, Joggen und Spazierengehen für die Anwohner. Es ist nah dran: Der Wald säumt überall die Orte am Rhein.

Dass die Waldbrandgefahr größer wird, sieht auch der größte Eigentümer des Naturschutzgebietes. Der Verschönerungsverein Siebengebirge hat das Thema auf seiner Agenda. Sie seien dazu in Gesprächen mit Fachleuten, sagt Vorsitzender Hans-Peter Lindlar. „Vor allem versuchen wir aber, die direkten Anwohner dafür zu sensibilisieren.“ So soll beispielsweise verhindert werden, dass während der Grillsaison Funkenflug den Wald entzündet.

Altes Laub und Strauchschnitt erhöht bei Trockenheit Brandgefahren

Besonders groß ist die Gefahr im Frühjahr, wenn der Boden noch von einer Schicht alten Laubs und dem Strauchschnitt bedeckt ist. „Wenn es um diese Jahreszeit nicht regnet, entzündet sich das alles besonders leicht“, sagt Brandt. Ostern hat Thomas-Hans Deckert, zuständiger Fachgebietsleiter beim Forstamt Rhein-Sieg-Erft, als besonders kritischen Zeitpunkt ausgemacht. „Weil dann zusätzlich besonders viele Spaziergänger unterwegs sind“, begründet er. „Und der Mensch ist eben ein großer Risikofaktor.“ Sie seien aber auch eine Hilfe, räumt er ein. So wurden zwei kleinere Brände von Spaziergängern gemeldet, bevor sie zur Katastrophe werden konnten. „Achtsame Spaziergänger sind Gold wert“, so Deckert.

Einen Vorschlag zu einer gezielten Überwachung des Siebengebirges auf mögliche Waldbrände macht Karsten Brandt. Angebunden an die Wetterstation auf dem Oelberg Kameras zu installieren, legt er den Verantwortlichen ans Herz. „Damit lässt sich ein großer Teil des Siebengebirges beobachten“, sagt er. Und fügt hinzu: „Damit wären wir nicht mehr davon abhängig, dass zufällig ein Spaziergänger vorbei kommt und den Brand meldet. „Das ist ein ernst zu nehmender Vorschlag“, kommentiert Deckert und ergänzt, dass sich diese Idee noch ausweiten ließe. So ließe sich der Wald in der Wahner Heide sicher vom Flughafen Köln/Bonn aus beobachten.

Hoher Anteil des Laubwaldes bietet einen gewissen Schutz

So groß wie in Australien oder auch in Brandenburg im vergangenen Jahr sei die Gefahr im Siebengebirge allerdings nicht, sind sich die Fachleute einig. Ein Grund dafür: 65 Prozent des Gebietes sind Laubwald, in dem vor allem Buchen wachsen. Ziel ist es, auch die restlichen 35 Prozent, auf denen derzeit vor allem Kiefern stehen, auf lange Sicht wieder mit Laubbäumen aufzuforsten, erläutert Deckert. Laubwälder seien weniger gefährdet als Nadelwälder.

Dennoch, auch darin stimmen sie überein, ist die Brandgefahr mit dem Klimawandel gestiegen. „Wir sind vorbereitet und bereiten uns auch weiter vor“, sagt Kreisbrandmeister Engstenberg. Der Rhein-Sieg-Kreis hat im vergangenen Jahr die Alarmbereitschaft Waldbrand gegründet. Im Fall der Fälle rücken mit ihr 80 Feuerwehrleute in sechs Verbänden aus, im Gepäck sechs Kilometer Schlauch und 45.000 Liter Wasser. Für den Sommer sei eine Großübung der Waldbrandbereitschaft geplant, berichtet Engstenberg.

Feuerwehr benötigt besondere Ausrüstung für Waldbrandlöschungen

Waldbrände stellen eigene Anforderungen an die Ausrüstung der Feuerwehren und der Feuerwehrleute. So sind bei einem Brand im Siebengebirge wendige, geländetaugliche Feuerwehrwagen nötig – und die gebe es auch, betont Engstenberg. Auch die passende persönliche Ausrüstung sei teilweise da. Für die Bekämpfung von Waldbränden benötigen die Feuerwehrleute leichtere und atmungsaktivere Schutzkleidung als bei Wohnungsbränden.

Für den linksrheinischen Kottenforst sieht Uwe Schölmerich, Leiter des Regionalforstamtes Rhein-Sieg-Erft die Gefahr vor allem für die Zukunft. Das Risiko werde durch große Kahlflächen steigen, „weil die Vegetation in Trockenphasen durch die ungehinderte Sonneneinstrahlung schnell austrocknet und dann auch brennen kann“, so Schölmerich. „Noch schlimmer werden sich stehen gebliebene trockene Fichtenflächen auswirken, weil eben sehr viel brennbares Material auf der Fläche vorhanden ist“, so der Forstdirektor.

So genannte Löschteiche sind kaum noch vorhanden

Ausgewiesene Löschteiche gibt es im Kottenforst nicht. Die vorhandenen Teiche seien zur Wasserentnahme für Löscharbeiten auch wenig geeignet. Auch auf die alten Feuerlöschteiche im Siebengebirge kann die Feuerwehr bei Einsätzen nicht mehr zurückgreifen. Die meisten seien schon zurückgebaut, erläutert Thomas-Hans Deckert. Sie waren vor allem Staubecken in den Bächen und deshalb ein Hindernis für die im Bach lebenden Tiere. Was davon übrig bleibe, sei wegen des Schlamms und Laubs auf dem Untergrund für moderne Löschgeräte ungeeignet.

Die langfristige Vorbeugung ist für das Forstamt ein wichtiges Thema. Laut Deckert gehört dazu, die natürlichen Feuerschutzstreifen freizuhalten. „Wir versuchen, die Kommunen dazu zu bewegen, bei der Bauleitplanung einen Sicherheitsabstand von 35 Metern von der Bebauung zum Wald einzuhalten“, sagt er. „Sonst besteht die Gefahr, dass schon ein Funke vom Grillen im Sommer den Wald entzündet.“ Diese Gefahr sieht er vor allem in den Höhenlagen von Bad Honnef. Dort ist die Bebauung besonders dicht mit dem Kiefer-Mischwald verzahnt.

Damit es nicht soweit kommt, bleiben alle Beteiligten in engem Kontakt. Regelmäßige Gespräche zwischen Feuerwehr, Forstamt und den Kommunen sollen verhindern, dass eines Tages Bilder von einem brennenden Siebengebirge um die Welt gehen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort