Institution in Troisdorf Kunsthaus initiiert neue Veranstaltungsreihe

Troisdorf · Das Kunsthaus in Troisdorf entwickelt sich zu einem kleinen, aber bedeutenden Zentrum für improvisierte Musik. Frank Baquet hat in der Troisdorfer Institution eine neue Veranstaltungsreihe initiiert.

 In seinem weiträumigen und aufgeräumten Atelier im Kunsthaus malt er nahezu fotorealistische Bilder: Masoud Sadedin.

In seinem weiträumigen und aufgeräumten Atelier im Kunsthaus malt er nahezu fotorealistische Bilder: Masoud Sadedin.

Foto: Dylan Cem Akalin

Der Raum schreit nach Kunst. Nur zwei schmale Wandscheiben durchbrechen die 200 Quadratmeter große Halle. Scheinwerferreihen und Oberlichter sind so geschaltet, dass kaum Schatten geworfen werden. An den weißen Wänden hängen zurzeit die Arbeiten von 17 Künstlerinnen und Künstlern. Frank Baquet wuchtet einen Wagen mit schweren Planken in den hinteren Raum. Am Vorabend war die Jazzsession, die immer am ersten Montag im Monat veranstaltet wird. Richtig: Das Kunsthaus Troisdorf beschränkt sich nicht auf bildende Kunst. Der Kunstbegriff ist weit gefasst. Und da spielt die Musik eine nicht unwesentliche Rolle.

Das alte Industriegebäude an der Mülheimer Straße entwickelt sich immer mehr zu einem kleinen, aber bedeutenden Zentrum für improvisierte Musik. Neben der Open Scene, die jeden vierten Freitag im Monat vor allem Freunde des Blues und Rock anspricht, der jährlich stattfindenden Experimentale hat Baquet jetzt eine neue Reihe ins Leben gerufen: Junger Jazz im Kunsthaus.

Der Künstler, Fotograf, Grafiker, Verleger und Geschäftsführer des Kunsthauses Troisdorf in einer Person hat da ein sensationelles Programm vorbereitet. An diesem Sonntag etwa spielt der in Köln lebende Trompeter Maik Krahl mit seinem Quartett im Kunsthaus. Für den bekannten Jazzmusiker Till Brönner gehört Krahl zur aktuellen Spitze der deutschen Jazztrompeter seiner Generation: „Seine musikalischen Wortmeldungen bereichern mich und lassen mich mit Vorfreude in die Zukunft eines gesamten Genres blicken“, hat Brönner mal gesagt.

Das Besondere an Krahl ist, dass er Traditionelles mit Experimentierfreude verbindet. Da treffen Ansätze von Trompetern wie Chet Baker, Kenny Dorham oder Clifford Brown auf elektronische Abenteuer. Zusammen mit Contantin Krahmer (Piano), Oliver Lutz (Bass) und Leif Berger (Drums) tritt er am Sonntag, 9. Februar, ab 18 Uhr auf. Das sollte sich keiner entgehen lassen, der sich für gute moderne improvisierte Musik interessiert. Der Eintritt ist frei, die Musiker freuen sich aber über eine Spende.

Baquet steckt viel Herzblut in das Kunsthaus – so viel, dass manchmal sogar seine eigene Kunst etwas darunter leidet, wie er bekennt. Aber das Kunsthaus ist eben das Ergebnis eines „langen Kampfes gegen Windmühlen“, so der 55-Jährige. „Wir haben ja damals lange Jahre nach einem geeigneten Haus in Troisdorf und Umgebung gesucht, wo bildende Kunst und Musik unter einem gemeinsamen Dach arbeiten, sich austauschen und ihre Ergebnisse präsentieren können.“ Die treibenden Kräfte waren neben ihm noch die Künstler Masoud Sadedin, Rolf Mallat, Tor Michael Sönksen und der Musiker Sven Axer, der heute vor allem die Open Scene betreut.

Eine Weile sah es gut aus, dass die Künstler in die ehemaligen Nassheuer-Hallen in Oberlar ziehen könnten, wo sie mit der „Art-Factory“ die Troisdorfer Kulturszene beleben wollten. Die rund 1500 Quadratmetern schienen geradezu ideal, um dort Ateliers, Ausstellungsflächen, Probenräume für Bands und Theatergruppen, Arbeitsräume für Workshops und Gruppentreffen einzurichten. Doch das Projekt verlief, wie so oft, im Sande.

„Und dann erfuhren wir, dass dieses Gebäude frei ist, das mal zum Gelände der Dynamit Nobel GmbH gehörte“, erzählt Baquet, während wir die von großformatigen Bildern gesäumte Treppe zu den Ateliers hochlaufen. In der Politik stieß das Projekt vor allem bei einem auf offene Ohren: Klaus-Werner Jablonski, der gerade mitten im Bürgermeister-Wahlkampf war. Und die Gruppe hatte diesmal Erfolg. Im Oktober 2012 war dann endlich Eröffnung.

Baquet ist mit einer halben Stelle sowas wie der Geschäftsführer des Hauses, das die Stadt Troisdorf damals von den Stadtwerken kaufte, sanierte und ausbaute. Die Musiker im Erdgeschoss und die Künstler zahlen für ihre Ateliers eine Miete, außerdem organisieren sie die Ausstellungen, Konzerte, sorgen für Auf- und Abbau, Getränkeservice und die Beaufsichtigung während der Öffnungszeiten.

Wir treffen Masoud Sadedin in seinem weiträumigen und erstaunlich aufgeräumten Atelier, wo er uns seine fast fotorealistischen Bilder zeigt. Ein paar Türen weiter ist Baquets Atelier, vollgestopft mit Leinwänden, Büchern und Requisiten. Baquet ist ein Fotokünstler, der mit Unschärfen, Mehrfachbelichtungen und farblichen Überarbeitungen meistens sehr abstrakte Arbeiten schafft, in denen das Licht die Schattierungen und Kolorierungen zu zerfließen, zerreißen und verformen scheint.

Kein Wunder, dass die Bilder so manche Musiker inspirierten. Bei einer seiner Einzelausstellungen nutzten die SUBunternehmer Rainer Weber (Bassklarinette) und Detlev Brenken (Querflöte) die Bilder praktisch als Partitur und spielten zu den Kompositionen. Baquet gewann 1995 den Kunstpreis des Rhein-Sieg-Kreises, 2001 den Kunstpreis für Fotografie der Stadt Brandenburg und 2009 den zweiten Preis des Kunstpreises Wesseling.

Baquet gibt zu, dass das keine massenkompatible Musik ist, die er etwa zum Festival für Experimentelle Musik holt, das er seit 2018 im Kunsthaus organisiert. „Zur ersten Veranstaltung dieser Art kam kein Mensch“, erzählt er lachend. „Die Band hat damals exklusiv für mich gespielt.“ Das hat sich mittlerweile geändert. Immerhin: Das israelische Trio Shalosh, das mittlerweile sehr erfolgreich unterwegs ist, spielte auch schon im Kunsthaus Troisdorf.

Sehr unterschiedliche und – der Name „Piccolo 2020“ sagt es schon – vor allem kleine Bilder sind noch bis zum 16. Februar in der Ausstellungshalle zu sehen, etwa sehr vereinnahmende Farbkompositionen von der Kölnerin Hannah A. Hovermann, die die Aquarellschichten mit Druckluft aufbringt, wodurch zarte verschwommene Formen entstehen, die fast ein wenig zu leben scheinen. Baquet selbst zeigt zwei kreisrunde C-Prints hinter Glas – wie blaue rätselhafte Röntgenbilder. Sie alle sind in diesem Raum hervorragend in Szene gestellt.

Öffnungszeiten der aktuellen Ausstellung: Samstag 15 Uhr bis 18 Uhr, Sonntag 11 Uhr bis 14 Uhr und nach Vereinbarung. Infos: www.kunsthaus-troisdorf.de

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