Sie gab Astrid Lindgrens Figuren ein Gesicht Ausstellung im Bilderbuchmuseum in Troisdorf

TROIDSORF · Die einzigartige Bilderwelt der Ilon Wikland: „Über Tisch und Bänke“ heißt die Ausstellung im Bilderbuchmuseum auf Burg Wissem, in der Karlsson vom Dach und Lotta aus der Krachmacherstraße lebendig werden.

 Ilon Wiklands Orginalzeichnung zu "Lotta zieht um".

Ilon Wiklands Orginalzeichnung zu "Lotta zieht um".

Foto: Nadine Quadt

Tische sind das zentrale Element. Ob in ihrer ureigenen Bedeutung als Ort des gemeinsamen Mahls oder als Ausgangspunkt kindlicher Spiele. Gleich vier Tische warten im Bilderbuchmuseum darauf, erobert zu werden: Um darunter eine Höhle zu bauen, wie die Kinder aus der Krachmacherstraße, oder darauf mit Bauklötzen zu spielen, wie der weltbeste Turmbauer Karlsson vom Dach, um mit Leckereien gedeckt oder von wilden Piraten geentert zu werden.

Ausprobieren, spielen, sich austoben ist in den nächsten Wochen ausdrücklich erwünscht im Bilderbuchmuseum. „Über Tisch und Bänke“ heißt die Ausstellung, die ab Sonntag auf Burg Wissem in die „einzigartige Bilderwelt von Ilon Wikland“ entführt.

„Das ist eine Ausstellung, die einfach ins Bilderbuchmuseum passt“, schwärmt Museumsleiterin Pauline Liesen. Das Berliner Zentrum für Kinder- und Jugendliteratur Lesart hat sie 2015 zum 85. Geburtstag der estnischen Illustratorin konzipiert. Seither sind die Originalillustrationen durch Deutschland getourt.

Troisdorf ist letzte Station

Mit der Station in Troisdorf endet ihre Reise nun. „Ilon Wikland hat dazu beigetragen, dass man viele der literarischen Figuren von Astrid Lindgren auch bildlich vor Augen hat“, sagt Liesen. Zwar war Pippi Langstrumpf nicht darunter, aber viele andere der Helden Lindgrens: Mio mein Mio, Karlsson vom Dach, Lotta aus der Krachmacherstraße, Ronja Räubertochter oder die Kinder von Bullerbü – sie alle sind zu Besuch in Troisdorf. Zusammen mit anderen von Wikland geschaffenen Bilderbuchhelden.

Schöne Erinnerungen für Kinder

Mit ihren Bildern schenkt die estnische Illustratorin Kindern schöne Erinnerungen, die ein Leben lang bleiben. Dass ihre eigene Kindheit weniger schön war, ist den lebensfrohen Illustrationen nicht zu entnehmen. Und doch lässt sich das Leben von Ilon Wikland an einem Bilderbuch ablesen, sagt Pauline Liesen. „Lange, lange Reise“ heißt das autobiografische Werk – das einzige von ihr illustrierte Buch, bei dem es erst die Bilder und dann den Text gab.

Es erzählt von ihrer Kindheit im estnischen Haapsalu. Von den Eltern allein gelassen, wächst sie bei ihren Großeltern auf, die sie selbst als die wichtigsten Menschen in ihrem Leben bezeichnet. Die finden sich in vielen ihrer Arbeiten wieder, wie auch die Häuser von Haapsalu. Wiklands Kindheit ist gezeichnet von Brüchen. Krieg, Flucht nach Schweden und die daran anschließende schwere Erkrankung verarbeitet sie in dem 1996 erschienenen Werk.

Die Tante, selbst eine Künstlerin, bringt die Farbe zurück in ihr Leben – und weckt in Wikland die Faszination für Malerei. Sie macht eine grafische Ausbildung, studiert, heiratet, bekommt vier Kinder und arbeitet als freie Illustratorin. Auf der Suche nach einem Verlag trifft sie 1954 auf die Lektorin Astrid Lindgren. Sie zeichnet ihr die Figuren für „Mio mein Mio“ – der Beginn einer langjährigen, engen und freundschaftlichen Zusammenarbeit.

„Nur Du gibst meinen Figuren das richtige Gesicht“, hat Lindgren stets betont. Nur zwei Mal waren die zwei Frauen sich uneins, weiß Liesen zu berichten. Wikland hatte sich Karlsson vom Dach zunächst als altes Männlein mit Augenkneifer vorgestellt – und erst im zweiten Anlauf den vertrauten Jungen mit dem Propeller auf dem Kopf geschaffen. Auch bei Ronja Räubertochter musste sie nachbessern – ein Prozess, den die Ausstellung dokumentiert.

Kultur spielt durchgehend eine Rolle

Diese umfasst Originale von den 50er Jahren bis heute. Sie zeigen Konstanten, aber auch die Veränderung in Wiklands Bildsprache auf. Die Kontur spielt durchgängig eine große Rolle, lässt die Grafikerin erkennen. Allerdings veränderte Wikland die Perspektive. Während ihre frühen Arbeiten eine frontale Aufsicht in Augenhöhe der Kinder bieten, blickt sie in jüngeren Werken aus der Vogelperspektive auf immer wilder werdende Szenerien.

Wild soll es auch in der Ausstellung zugehen. Dafür hat Jennifer Walther-Hammel, Koordinatorin der Museumspädagogik, die vier Tische bauen lassen. Denn nicht nur auf den Bildern, sondern auch davor soll es über Tisch und Bänke gehen.

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