Bonner Landgericht 75 Schüsse aufs Haus: Prozess wird neu aufgerollt

TROISDORF · Den Platz auf der Anklagebank des Bonner Landgerichts, zu dem der 54-Jährige Troisdorfer am Montag von den Wachtmeistern geführt wurde, kennt der Optikermeister bestens: Im vergangenen Jahr wurde er von den Richtern der Schwurgerichtskammer zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe sowie der Unterbringung in einer Psychiatrie verurteilt

Der Angeklagte wurde verurteilt, aus Rache 75 Mal auf sein ehemaliges Haus am Niedersachsenring geschossen zu haben - obwohl er wusste, dass die Tochter seiner ehemaligen Lebensgefährtin und deren Freund in dem Haus waren.

Schuldig gesprochen wurde der ursprünglich wegen versuchten Mordes angeklagte Mann damals letztlich wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung und Verstoßes gegen das Waffengesetz. Aufgrund einer von den Richtern angenommenen eingeschränkten Schuldfähigkeit wurde die Unterbringung angeordnet. Doch der Fall muss nun vor der 1. Großen Strafkammer komplett neu aufgerollt werden.

Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe gab der vom Angeklagten eingelegten Revision statt und hob das Urteil auf. Ob der 54-Jährige seinem Wunsch, nicht dauerhaft in eine Psychiatrie zu müssen, ein Stückchen näher gekommen ist, bleibt abzuwarten. Denn die Bundesrichter haben nicht die Unterbringung moniert. Sie kamen vielmehr zu dem Schluss, dass eine mögliche vollständige Schuldunfähigkeit nicht ausreichend geprüft wurde. Der BGH warf den Bonner Richtern vor, dass "eine mögliche Schuldunfähigkeit des Angeklagten nicht rechtsfehlerfrei ausgeschlossen" wurde.

Das heißt: Sollten die neuen Richter nun zu dem Schluss kommen, dass wirklich eine komplette Schuldunfähigkeit zur Tatzeit vorlag, erhielte der Angeklagte zwar keine Freiheitsstrafe, er müsste aber ebenfalls dauerhaft in ein forensisches Krankenhaus. Am gestrigen ersten Verhandlungstag wurde lediglich die Anklageschrift verlesen. Der Optikermeister teilte mit, dass er aufgrund seiner "negativen Erfahrungen in der ersten Verhandlung" diesmal eigentlich schweigen wollte. Er habe sich damals "ziemlich missverstanden" gefühlt. Nun sei er aber doch bereit, einzelne Fragen der Gerichts zu beantworten. Für den Prozess sind weitere sechs Verhandlungstage vorgesehen.

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