Integration im Rhein-Sieg-Kreis „Sprache ist das A und O“

Rhein-Sieg-Kreis · Wie Flüchtlinge schnell in den Arbeitsmarkt einsteigen können, darüber informierten in Niederkassel Unternehmen und Ehrenamtliche. Auch in Hennef gibt es bereits Initiativen, die Flüchtlingen helfen.

 Während ihrer Zeit bei Evonik in Lülsdorf haben Mohammad und Mohammad auch den Staplerführerschein gemacht.

Während ihrer Zeit bei Evonik in Lülsdorf haben Mohammad und Mohammad auch den Staplerführerschein gemacht.

Foto: Evonik

Mohammad (25) und Mohammad (22) haben geschafft, wovon viele Flüchtlinge träumen: Seit sechs Monaten arbeiten die Syrer in Deutschland und absolvieren bei Evonik in Lülsdorf eine Einstiegsqualifizierung. Der 25-Jährige als Koch, der 22-Jährige als Fachkraft für Lagerlogistik. Die zwei Plätze sind extra für Flüchtlinge eingerichtet worden.

Zehn Monate stehen dabei Deutschkurse und Praxis zur beruflichen Orientierung an, um sie für eine Ausbildung zu qualifizieren. „Wir haben uns anfangs schon gefragt, wie funktioniert das? Es ist ja eine andere Mentalität“, sagt Vera Strunck, Ausbilderin am Standort Lülsdorf. Aber es laufe gut und harmonisch.

Gemeinsam mit dem Lülsdorfer Betriebsratsvorsitzenden der Evonik Michele Agusta berichtet Strunck am Mittwoch in Niederkassel rund 50 Zuhörern von ihren Erfahrungen. Die Stadtentwicklungsgesellschaft hatte zusammen mit der Flüchtlingshilfe Niederkassel einen Infoabend zum Thema „Flüchtlinge beschäftigen und ausbilden“ organisiert. Verwaltungsaufwand, kaum Deutschkenntnisse, Termine beim Jobcenter – als Arbeitgeber müsse man flexibel sein, wenn man Flüchtlinge beschäftige, sagt Strunck. „Das ist als Unternehmen alleine nicht zu schaffen. Aber wir hatten gute Unterstützung von den Ehrenamtlichen und der Stadt.“

Die Ehrenamtlichen der Flüchtlingshilfe Niederkassel haben erst vor wenigen Wochen eine eigene Gruppe eingerichtet, die sich mit dem Thema Arbeit beschäftigt. „Wir versuchen Kontakte aufzubauen, Informationen zu beschaffen“, sagt Manfred Höfer beim Infoabend. „Die Stadt selbst hat nicht die Ressourcen, um jeden einzelnen Flüchtling zu betreuen.“

Diese Lücke wollen die Ehrenamtlichen nun schließen. Höfer hat dazu zwei Fragebögen entwickelt. In einem fragt er etwa Ausbildungsstand, Berufswunsch und Sprachkenntnisse der Flüchtlinge ab, im anderen können Unternehmen potenzielle Jobs angeben. 38 Niederkasseler Flüchtlinge sind bereits erfasst. „Ich habe vor, auf unserer Internetseite eine Art Jobbörse daraus zu machen“, sagt Höfer.

Sie beraten, sprechen mit Behörden und helfen bei Bewerbungen

Mit ihrer Initiative ist die Flüchtlingshilfe nicht alleine. In der interkulturellen Beratungs- und Begegnungsstätte der Stadt Hennef, dem Interkult, haben sich im September sieben Männer und Frauen zusammengetan, um Flüchtlinge auf ihrem Weg in die Arbeitswelt zu begleiten. Sie beraten, sprechen mit Behörden und helfen bei Bewerbungen.

Der erste große Erfolg: Seit Samstag hat ein 22-Jähriger Pakistaner einen Ausbildungsvertrag, ab August geht er bei der Bäckerei Gilgens in die Lehre. „Pakistani haben nicht die beste Bleibeperspektive“, sagt Koordinatorin Ina Schloß beim Gespräch in Hennef. Er sei noch nicht anerkannt, deshalb sei eine Arbeit für ihn wichtig.

„Wir sind auf Bäcker gekommen, weil viele Betriebe Probleme haben, Auszubildende zu finden“, erklärt sie. In seiner Heimat ging der 22-Jährige sechs Jahre in die Grundschule, zwei weitere auf eine englische Schule – bis sie zu teuer wurde. „Danach hat er alles gemacht: Kleider verkauft, Fußbälle genäht“, sagt Peter Stahn, der seit September im Interkult hilft und den 22-Jährigen im Februar bei sich aufnahm.

"Die beiden sind hochmotiviert"

„Wenn man den Menschen nicht begleitet, geht er verloren“, betont Schloß. „Man kann niemandem vorwerfen, dass er sich in den Papieren nicht zurecht findet.“ Dass es für alles ein Papier braucht, sei eines der größten Probleme für die Flüchtlinge – nach der Sprache. „Sprache ist das A und O. Wer kein Deutsch kann, ist erst einmal nicht geeignet für den Arbeitsmarkt“, sagt Stahn. Auch der 22-jährige Pakistaner müsse bis zur Ausbildung noch intensiv Deutsch lernen.

Einen Ausbildungsplatz haben Mohammad und Mohammad in Lülsdorf noch nicht, Evonik will sie aber weiter unterstützen. „Die beiden sind hochmotiviert. Wir mussten ihnen erst einmal erklären, dass sie Weihnachten nicht arbeiten dürfen“, sagt Strunck. Beide sollen nun einen Zwölf-Monatsvertrag bekommen und dabei ihr Deutsch weiter verbessern – damit einer Ausbildung 2017 nichts im Wege steht.

Die Ehrenamtler suchen Mitstreiter und hoffen auf Angebote von Arbeitgebern. Weitere Informationen: www.interkult.stadt-hennef.de und www.flüchtlingshilfe-niederkassel.de

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