Weitere Blühwiesen Neues Grünflächenkonzept für Sankt Augustin

Sankt Augustin · Die Strategie der Stadt Sankt Augustin für die künftige Pflege und Gestaltung ihrer Grünflächen ist fertig. Die Bürger sollen beim Einsatz für biologische Vielfalt mitmachen.

 Die Stadt Sankt Augustin möchte Blühwiesen für Insekten anlegen. Nicht nur der Rand von Feldern eignet sich dafür, sondern auch städtische Rabatten und Friedhöfe.

Die Stadt Sankt Augustin möchte Blühwiesen für Insekten anlegen. Nicht nur der Rand von Feldern eignet sich dafür, sondern auch städtische Rabatten und Friedhöfe.

Foto: dpa

Die Stadt Sankt Augustin bereitet sich auf die nächste Stufe ihres Engagements für biologische Vielfalt vor. Nachdem sie vor einem Jahr als eine von bundesweit 15 Kommunen für die Kampagne „StadtGrün naturnah“ ausgewählt wurde, die vom Bündnis Kommunen für biologische Vielfalt initiiert und vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums gefördert wird, hat die Stadt nicht nur eine umfassende Bestandsaufnahme aller Aktivitäten für naturnahes Stadtgrün erstellt, sondern auch schon eine entsprechende Grünflächenstrategie ausgearbeitet. Diese wird an diesem Mittwoch, den 30. Januar, ab 18 Uhr im Umwelt-, Planungs- und Verkehrsausschuss vorgestellt.

Wanderausstellung des Projekts in der Stadtbücherei

Eine geänderte Strategie bei Pflege und Gestaltung von Grünflächen sei schon aufgrund der Veränderungen des Klimas notwendig, heißt es in dem 22-seitigen Papier, für das der Erste Beigeordnete Rainer Gleß und Sandra Paul vom Büro für Natur- und Umweltschutz verantwortlich zeichnen. Kommunen brauchen Retentionsflächen für Starkregen und eine stärkere Dichte an Bäumen und Sträuchern als kühlende Elemente in Hitzesommern. Gleichzeitig soll sattes Stadtgrün aber auch Lebensraum für Tiere und Pflanzen bieten, deren Artenvielfalt immer weiter schrumpft. Das Insektensterben, insbesondere der Rückgang von Bienenvölkern, ist als alarmierendes Phänomen ja weitgehend bekannt.

Eine finanzielle Förderung über das Label ist zwar nicht verbunden, aber „es besteht die Möglichkeit etwa im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt Fördermittel zu beantragen“, sagt Gleß. Außerdem sei das Projektbüro beratend für die beteiligten Kommunen tätig und stelle Materialien für die Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung. So wird ab kommender Woche eine Wanderausstellung des Projekts in der Stadtbücherei gezeigt.

Rainer Gleß betonte, dass die Stadt Sankt Augustin bereits seit Jahren eine erfolgreiche Arbeit zur Verbesserung der biologischen Vielfalt im Stadtgebiet leiste. „Die aktuellen Herausforderungen Insektensterben und Klimawandel und die Möglichkeit, im Rahmen einer fachlich begleiteten Struktur an einer nachhaltigen Freiflächenentwicklung zu arbeiten, gaben den Ausschlag für die Teilnahme am Labelverfahren. Bestandserfassung und Maßnahmenplan erfolgten anhand einer vom Projektbüro entwickelten Tabelle, was die Arbeit enorm erleichterte.“ Das Verfahren wurde außerdem unterstützt durch eine lokale Arbeitsgruppe, die sich aus Mitarbeitern der Verwaltung, den Umweltverbänden, der Biologischen Station Rhein-Sieg, der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, verschiedenen Initiativen zusammensetzte und die sich im Prozess dreimal traf. „Aus der Arbeitsgruppe kamen wertvolle Hinweise und Anregungen, die in die Arbeit einflossen“, sagte Gleß.

 Ein großes Augenmerk legt die Verwaltung auch auf die öffentliche Akzeptanz, denn so manche Schritte würden in der Bürgerschaft sicher zu Stirnrunzeln führen – vor allem wenn es um extensive Grünpflege gehe. Akkurat geschnittene Rasenflächen waren gestern, heute setzt man auf blühende Landschaften, Totholz und Laubhaufen. Nicht zuletzt haben die Stadt Sankt Augustin und die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg einen Antrag für ein gemeinsames Forschungsprojekt über Motivations- und Anreizmechanismen gestellt. Idealerweise folgen die Bürger dem Konzept der Stadt zur Sicherung von Biodiversität, indem sie selbst ihre Gärten entsprechend mit heimischen Sträuchern, Blumen und Bäumen bereichern. Ein Anreizsystem könnte Bürger belohnen, wenn diese zum Beispiel einen Schottervorgarten zu einer Blühwiese machten – etwa mit dem Erlass der Niederschlagswassergebühr.

Folgende Projekte hat die Arbeitsgruppe unter anderem auf der Agenda:

Rathausallee: Die Platanen bleiben natürlich erhalten, die Bodendecker sollen indes weg und durch eine artenreiche Ansaat einer regionalen Blühwiesenmischung mit Geophyten – also mehrjährige krautige Pflanzen, die ungünstige Lebensbedingungen mit Hilfe unterirdischer Organe überdauern, – ersetzt werden. Staudenmischpflanzen sind auch auf den Kreiseln und der neu gestalteten Marktplatte vorgesehen.

Großenbuschstraße: Wie an vielen anderen Straßen auch, sind die Baumbeete zu klein, sodass sich die Bäume nicht entwickeln konnten und massive Schäden aufweisen. Die Kastanien werden gefällt und durch „klimaangepasste“ Baumarten wie Hopfenbuchen ersetzt. Die Baumbeete werden vergrößert und mit Blühmischungen besät.

Zedernweg, Niederpleis: 20 Robinien sind nicht mehr standsicher, auch wegen zu kleiner Baumscheiben. Auch diese werden ersetzt.

■ Ähnlich wie etwa auf den Erweiterungsflächen am Friedhof Menden, am Siegdeich oder im Grünen C werden weitere Grünflächen zu artenreichen Blühwiesen: die Ränder an der B 56 in Hangelar, der Streifen Grüne Mitte/Zentrum West oder der Siegdeich bei Buisdorf. Naturnahe Gestaltungen sind auch auf den Friedhöfen in Niederpleis-Nord, Hangelar und Mülldorf vorgesehen.

■ Mähintervalle, etwa in der Grünen Mitte oder rund um die Hochschule, werden zur Förderung von Feld- und Singvögeln angepasst, also seltener.

■ Wo es die Verkehrssicherheit erlaubt, soll Totholz liegenbleiben. Sogenannte Trittsteinbiotope sollen Lebensräume für Insekten, Vögel, Reptilien und kleine Säugetiere bieten.

Auch eine ganze Reihe von Beratungs- und Informationsmöglichkeiten für Bürger soll es geben. Allerdings, so Gleß, sind all diese Maßnahmen nicht ohne personelle Verstärkung möglich. Er schlägt daher vor, einen Biodiversitätsmanager einzustellen, der sich um die Vermittlung der Inhalte kümmert, aber auch Vernetzungskonzepte erstellt und Blühstreifenprojekte begleitet.

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