Sticky Fingers in Siegburg "Zwischen Engel und Dämon"

Siegburg · Er ist der "Mick" der Sticky Fingers, der wohl besten deutschen Tribute-Band der Rolling Stones. Am Freitag spielt Günther Grothaus mit seiner Band im Club Kubana in Siegburg.

 Günther "Mick" Grothaus, der Sänger der Sticky Fingers, tritt am Freitag mit seiner Band in Siegburg auf.

Günther "Mick" Grothaus, der Sänger der Sticky Fingers, tritt am Freitag mit seiner Band in Siegburg auf.

Foto: Axel Vogel

Mit dem Sänger aus Bonn sprach Hans-Peter Fuß.

Was bekommen die Fans in Siegburg zu hören?
Günther Grothaus: Wir spielen viele Stücke aus dem "Love-you-live-Album" von 1977, aufgenommen in Paris und Toronto.

Wann haben Sie die Stones für sich entdeckt?
Grothaus: Musikalisch faszinierte mich das Zusammenspiel der Gitarren in "The Last Time" mit den gegenläufigen Betonungswellen. Auch ihrem sakralen Sound mit viel tiefem Raum auf den Aufnahmen der frühen Jahre konnte ich mich nicht entziehen.

Was hat Sie besonders berührt?
Grothaus: Alles, was das Urwüchsige, Ungehobelte, Archaische, auch Diabolische und Kultartige dieser Musik ausmachte, nämlich die häufig hervorgehobene Verwendung von Tambourins ("Heart of Stone"), Schellenkranz ("The Last Time"), Rasseln ("I'm alright", "Jumpin' Jack Flash", "Gimme Shelter", "2000 Lightyears from Home", "Brown Sugar").

Und beim Gesang?
Grothaus: Mir gefielen die ausgerufenen, nicht gesungenen "no no nos", "yeahs" und "hu hus" in "Satisfaction", "The Last Time", "Under my Thumb" und "Sympathy for the Devil".

Wie wirkte Jagger auf Sie?
Grothaus: Ich nahm schnell seine Ambivalenz im musikalischen Ausdruck für mich in Anspruch, wenn er zwischen weichem Flüsterton und aggressivem Schreiimpuls wechselt. Auf gleiche Weise wie mit der Stimme changiert er im Image auf vielerlei Art zwischen sanftem Engel und gefährlichem Dämon, als Wolf im Schafspelz, als schwarze Seele in unschuldigem Weiß. Seine Mitspieler taten es ihm mehr oder weniger gleich, allen voran damals Brian Jones.

Welche Stones-Songs hören Sie am liebsten?
Grothaus: "Jumpin' Jack Flash" in der Rock'n'Roll-Circus-Version, wegen der Dichtheit des Zusammenspiels. "Jiving Sister Fanny", ein Stück mit einem phantastischen Mick-Taylor-Solo, Blues pur. "Blood Red Wine", wie der vorige Titel von "Metamorphosis". Die Stones psychedelisch-sentimental. "Family", schaurig-schön, satanisch gut, zynisch.

Und welche Titel singen Sie am liebsten?
Grothaus: "Midnight Rambler", "Satisfaction", "Respectable", "Anybody seen my Baby" und "Miss you".

Ihr Lieblingsalbum?
Grothaus: Trotz einiger bevorzugter Metamorphosis-Songs "Sticky Fingers", das ich in kompositorischer und spielerischer Hinsicht für das vielfältigste halte.

Wann haben Sie den Mick in sich entdeckt?
Grothaus: Den Mick haben eher andere in mir entdeckt, als ich mich auffallend so kleidete und aufführte wie er. Ich habe die Rolle nicht planmäßig einstudiert. Vielmehr ist das Geheimnis für die Ähnlichkeit, dass ich seine Musik unabhängig von ihm so empfinde wie er. Ich weiß, welche Besonderheiten er in Theatralik, Gesang, Kleidung verwendet, welcher Art seine Bewegungen zu welcher Zeit waren, welche Ausformung er den Tönen gab, was seine Lieblingsfarben sind und waren.

Den gleichen Effekt wie er erziele ich mit meinem eigenen, sehr ähnlichen Stil. Die reine technische Nachahmung, sei es auf den Instrumenten oder in der Performance, ist nur eine seelenlose Kopie des Originals, das Übernehmen der Töne und Überstülpen des Gebärden eines anderen. Das ist Clownerie, schnell auch Parodie, schlechtes Theater.

Wie füllen Sie die Jagger-Rolle mit eigenem Leben?
Grothaus: Ich habe zahlreiche Bücher gelesen, Filme gesehen und habe all das ähnlich aufgefasst wie Jagger. Daher komme ich ihm sehr nahe und befinde mich doch parallel zu ihm. Was ich so auf der Bühne mache, könnte er ebenfalls tun. Das gilt für Outfit, Performance und Stimme. Deren Ähnlichkeit in der Klangfarbe ist gegeben und bildet damit diesen häufig von Zuhörern bei uns beschriebenen Effekt, dass selbst bei geschlossenen Augen alles wie im Original klingt.

Die Sticky Fingers sehen sich als Tribute-Band. Wo ist der Unterschied zur Cover-Band?
Grothaus: Wir repräsentieren eine bestimmte Ursprungsgruppe. Eine gute Tribute-Band kommt möglichst nahe an das Vorbild. Damit erfüllt sie eine Erwartung der Zuhörer, beinahe die Ursprungsband vor sich zu haben, die allerdings schwieriger erreichbar wäre, da teurer, weit entfernt, seltener oder nicht mehr aktiv.

Wie erreichen Sie die Nähe zum Vorbild?
Grothaus: Man muss die technischen Voraussetzungen im Sinne des Vorbilds mitbringen. Und man muss diese mit Leben füllen. Dazu bedarf es Erfahrung in der Zeitgeschichte und im Umfeld des Originals und Übereinstimmung und Miteinander im Zusammenspiel im Geist des Originals, so als wäre man das Original.

Üben Sie die Jagger-Posen noch?
Grothaus: Ich habe sie nie trainiert. Ich betreibe Gunterro-Casagrande-Posen zur Musik, die an Jagger angelehnt sind oder ähnlich ausfallen.

Wie viele Stones-Nummern haben Sie im Repertoire?
Grothaus: Ich komme allein auf 39 Titel aus den ersten drei Jahren der Stones. Da wir ebenso ganze Platten oder Konzerte nachspielen, haben wir ein entsprechendes Programm aus allen Epochen der Stones-Geschichte.

Können Sie die Stones privat überhaupt noch hören oder sind Sie übersättigt?
Grothaus: Privaten Hörgenuss bieten mir die Stones mit einem der genannten "all time favourites" oder mit einer Neuentdeckung in Form irgendeines Konzertmitschnitts. Ansonsten ist die eher nüchterne, aber auch spannende Beschäftigung mit dieser Musik an die Stelle des Zeitvertreibs getreten. Da dieses Hören, Vergleichen und Üben sowie die Planung für die Band meine meiste Zeit in Anspruch nehmen, steht privates Musikhören weiter hinten an.

Zur Person

Günther Grothaus, Mitte 50, genaues Alter verrät er nicht, hat einen naturwissenschaftlichen und einen medizinischen Uni-Abschluss.

2008 tauschte er seine Position im Marketing eines großen Arzneimittelherstellers aus moralischen, ethischen und politischen Gründen, wie er sagt, gegen eine Tätigkeit als Sozialarbeiter in der psychologisch-pädagogischen Betreuung.

Er ist der "Mick" der Sticky Fingers und singt psychedelisch-rockige Songs der 60er Jahre bei Sixties United. Eigene Titel schräger Art mit Gesang, Gitarre, Mandoline und 5 CDs bei UndergrounD comics.

Das Konzert in Siegburg

Die Sticky Fingers spielen am Freitag, 18. September, 21 Uhr, im Club Kubana in Siegburg, Zeithstraße 100. Einlass ist um 19 Uhr. Eintrittskarten gibt es unter anderem in den Bonn-Ticketshops der GA-Zweigstellen (für 16,25 Euro inklusive Vorverkaufsgebühr) sowie direkt beim Kubana in Siegburg.

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