Bundestagswahl Zehn Fragen an die Bundestagskandidaten im Rhein-Sieg-Kreis

Rhein-Sieg-Kreis · Der General-Anzeiger bat die Bundestagskandidaten aus dem Rhein-Sieg-Kreis vor die Kamera: Sie sollten zehn vorher nicht bekannte Fragen zu aktuellen Themen beantworten. Nicht alle nahmen teil.

Zehn Fragen. Zehn Antworten – keine darf länger als 30 Sekunden dauern. Nichts ist vorab bekannt, nichts wiederholbar. Und das alles vor laufender Kamera. Kein Netz, kein doppelter Boden: Das sind die Spielregeln bei der Aktion „Der heiße Stuhl“, zu dem der General-Anzeiger die Direktkandidaten zur Bundestagswahl aus dem Rhein-Sieg-Kreis eingeladen haben. Genauer gesagt: die Kandidaten jener Parteien, die sehr wahrscheinlich im nächsten Bundestag sitzen werden. Es ging dabei hauptsächlich um die aktuelle Bundespolitik, aber auch um Themen, die die Bürger vor Ort bewegen.

Die Fragen waren so formuliert, dass sie Kandidaten beider Wahlkreise im Rhein-Sieg-Kreis beantworten konnten. Wahlkreis (WK) 97 umfasst das rechtsrheinische Gebiet des Rhein-Sieg-Kreises ohne Sankt Augustin, Bad Honnef und Königwinter. Diese Kommunen liegen wie das linksrheinische Gebiet im WK 98. Doch nicht jeder der elf eingeladenen Politiker machte mit. Teilweise erhielt die Redaktion keine Rückmeldung, teilweise bekam sie Absagen.

So lehnten die Bundestagsabgeordneten Norbert Röttgen, seit 1994 für die CDU im Bundestag, Elisabeth Winkelmeier-Becker, seit 2005 für die CDU im Bundestag, und Bettina Bähr-Losse, seit 2016 für die SPD im Bundestag, ihre Teilnahme letztlich ab. Sie wollten vorab die Fragen wissen beziehungsweise die Möglichkeit einer Autorisierung erhalten. Da die GA-Redaktion an den Spielregeln festhalten und keine Ausnahmen zulassen wollte, blieben die drei Abgeordneten außen vor.

Am Ende waren es sechs Politiker, die sich den Fragen stellten: Die Bundestagsabgeordneten Sebastian Hartmann (SPD), Alexander Neu (Linke) sowie Martin Metz (Grüne) Nicole Westig (FDP), Ralph Lorenz (FDP) und Michael Droste (Linke). Sie kamen zwischen Wahlkampfterminen oder direkt nach der Arbeit ins GA-Studio nach Bonn. Wie sich die Kandidaten vor der Kamera geschlagen haben? Wacker – mindestens! Zwar spürte man gelegentlich die Nervosität, doch dann kamen alle konzentriert auf den Punkt. Nur selten ertönte die Klingel, die den Ablauf der 30 Sekunden für die Antwort signalisierte. Hier vier ausgewählte Themen und eine Zusammenfassung der Positionen:

Südtangente:Ist die Verbindung zwischen den Autobahnen A 565 und A 3 der richtige Ansatz zur Lösung der Verkehrsprobleme? Von SPD-Mann Sebastian Hartmann (Wahlkreis 97) kommt ein klares Nein dazu. Es sei unrealistisch, viel Geld in dieses Projekt zu investieren. Vielmehr sollte man sich auf die „vielen guten Projekte“ konzentrieren, die auf den Weg gebracht worden seien, meint und er nennt die geplante neue Rheinbrücke zwischen Wesseling beziehungsweise dem Kölner Süden und Niederkassel sowie den Ausbau der Autobahnen.

Auch Nicole Westig (FDP, Wahlkreis 98) hält die Südtangente für unrealistisch. Das liege daran, dass in Bonn und der Region eine Uneinigkeit darüber bestehe. Sie setzt daher ebenso auf den Bau der neuen Rheinbrücke, den Ausbau von A 59 und A 565 sowie auf die Sanierung von Tausendfüßler und Nordbrücke.

Für Grünen-Politiker Martin Metz aus dem Wahlkreis 98 ist die Südtangente „nicht der geeignete Ansatz“ zur Lösung der Verkehrsprobleme. Die Folgen des Baus für Mensch und Umwelt seien sehr negativ. Es gelte, das Angebot von Bus und Bahn auszubauen. Das sieht auch Alexander Neu von den Linken (Wahlkreis 97) so. Die Region brauche ein verstärktes Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), etwa eine Verdichtung der Fahrtzeiten sowie ein aus Steuermitteln finanziertes Freiticket. „Dann würden viele Menschen umsteigen.“

Ralph Lorenz, FDP-Kandidat im Wahlkreis 97, meint zur Südtangente, dass sich die Beteiligten einigen könnten. Generell sollte das Projekt mit den Menschen vor Ort abgewogen werden. Bei Michael Droste (Linke, Wahlkreis 98) schlägt die Nervosität zu. Er verwechselt im Interview die Südtangente mit der geplanten Rheinbrücke. Dieses Projekt sehe die Linke indes als richtigen Ansatz an – allerdings nur mit einer ÖPNV-Anbindung.

Eisenbahnlärm:Der Bahnlärm hat die Region im Griff, vor allem der von Güterzügen. Frage an die Kandidaten: Wie wollen Sie erreichen, dass es leiser wird? Hartmann verweist auf die Erfolge der Bundesregierung und sein Wirken im Verkehrsausschuss des Bundestags. Man habe erreicht, dass durch das Schienenlärmschutzgesetz laute Güterzüge bis 2020 verboten werden, sagt er. Zudem sei genug Geld für passiven Lärmschutz in Rhein- und Siegtal vorhanden. Westig fordert die Ausstattung der Züge mit Flüsterbremsen. Weiter lobt sie die Arbeit des „Bürger Initiativen Netzwerk (BIN) gegen Bahnlärm“ aus dem Siebengebirge. Man müsse schauen, welche Ideen der Initiative man in Berlin aufnehmen könne, führt sie aus.

Auch Metz kommt auf das Gesetz zu sprechen. Weiter wolle er sich dafür einsetzen, dass der Bund Lärmschutzmaßnahmen finanziert. „Wir brauchen mehr Lärmschutzwälle“, fordert Neu unmissverständlich. Für Lorenz ist der zweigleisige Ausbau der Siegtalstrecke der falsche Weg. Er präferiert eine Bahnstrecke für den Güterverkehr von Troisdorf über Mainz-Bischofsheim, die weitgehend durch Tunnel verliefe. Das sorge für eine Entlastung und effektiven Lärmschutz. Droste betont, seine Partei wolle den Schienenverkehr ausbauen. Lärmschutz lasse sich über neue Technik an den Waggons erreichen.

Wohnraum:In weiten Teilen der Region fehlt bezahlbarer Wohnraum – wie lässt sich das Problem in den Griff bekommen? Die Kommunen beziehungsweise die kommunalen Wohnbaugesellschaften müssten mehr tun, fordert Hartmann. Der Wohnbau aus öffentlicher Hand stagniere. Dazu komme die Mietpreisbremse, die dafür sorge, „dass Mieter den Vermietern nicht hilflos ausgeliefert sind“. Westig sieht das anders: „Die Mitpreisbremse bremst die Mietpreise nicht“, meint sie. Bremsen könne sie nur ein Ausbau des Angebots. Es müssten Investitionsanreize und eine Entbürokratisierung des Bauens geben.

Der Bund müsse mehr für soziale Wohnraumförderung tun, betont Metz. Ebenso müssten die Kommunen eine durchdachte Siedlungsentwicklung betreiben – mit guter ÖPNV-Anbindung und möglichst flächenschonend. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum sei ein bundesweites Problem, erläutert Neu. Um die mindestens eine Million notwendigen Wohnungen zu schaffen, brauche es dringend ein Programm.

Für Lorenz kann das Wohnraumproblem nur marktwirtschaftlich gelöst werden: „Wir brauchen mehr Wohnraumangebot.“ Wie seine Parteikollegin spricht auch er sich für ein einfacheres Baurecht aus. Droste sieht den Staat in der Pflicht. Dieser müsse aus Eigeninitiative im Wohnbau tätig werden.

Donald Trump:Nur ein Gedankenspiel: Was würden man dem US-Präsidenten sagen, wenn man ihn zum Gespräch trifft? Sebastian Hartmann gibt sich staatsmännisch. Träfe er den US-Präsidenten, würde er ihn daran erinnern, was Amerika in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg geschafft habe, in dem es sich an Werten orientiert habe. Gewalt und Krieg seien keine Mittel. Nicole Westig würde Trump „jede Menge“ sagen. Zum Beispiel, dass er sich besser beraten lassen sollte.

„Was ich ihm gerne sagen wollte, das sage ich jetzt nicht“, meint Martin Metz. Er würde Trump aber auch an das historische Versprechen der USA als Hort der Demokratie und Chancengleichheit erinnern. Alexander Neu meint, dass es für ihn sehr schwierig wäre, mit Trump zu reden, da dieser zu erratisch, zu emotional und zu einfach von seinen Denkstrukturen her sei. Ralph Lorenz meint, dass er Trump doch gerne einmal kennenlernen würde. Alles Weitere würde sich dann im Gespräch ergeben. Es sei wohl sehr schwierig, mit dem US-Präsidenten zu reden, meint Michael Droste. Seiner Ansicht wird die Trump-Hysterie allerdings viel zu hoch gehängt.

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