Siegburger Stadtmuseum Wibke Bruhns präsentierte ihre Autobiografie

Siegburg · Sie gilt als Leitfigur des deutschen Journalismus. Uneitel, pragmatisch und zudem Zeitzeugin vieler geschichtlicher Ereignisse. Die Rede ist von Wibke Bruhns. In einer Zeit, als der Journalismus eine reine Männerdomäne war, wurde Bruhns Anfang der 70er Jahre die erste Nachrichtensprecherin im westdeutschen Fernsehen. Später arbeitete sie während der Ära Willy Brandt als politische Korrespondentin in Bonn

 Leitfigur im deutschen Journalismus: Wibke Bruhns.

Leitfigur im deutschen Journalismus: Wibke Bruhns.

Foto: Ingo Eisner

Als Auslandskorrespondentin des Sterns berichtete sie von 1979 bis 1983 aus Israel und von 1984 bis 1988 aus Washington. Am Donnerstagabend präsentierte Bruhns im Stadtmuseum als Teil der Siegburger Literaturwochen ihre Autobiografie "Nachrichtenzeit - Meine unfertigen Erinnerungen".

Bruhns, die heute als freie Autorin in Berlin lebt, ließ vor den Siegburgern noch einmal ihr Leben Revue passieren. Sie erblickte als eines von fünf Kindern von Hans-Georg und Else Klamroth am 8. September 1938 das Licht der Welt. Ihr Vater, während des Zweiten Weltkriegs Abwehroffizier, wurde wegen "Mitwisserschaft" des Hitler-Attentates vom 20. Juli 1944 zum Tode verurteilt. Mutter Else trat nach dem Krieg in den diplomatischen Dienst der neuen Bundesrepublik ein, so dass Tochter Wibke in Stockholm und London aufwuchs. Sie studierte Geschichte und Politikwissenschaften, begann nach ihrem Abschluss ein Volontariat bei der Bild-Zeitung, dass sie aus "politischen Gründen" vorzeitig abbrach. 1962 wurde sie Redakteurin beim ZDF. Als politische Fernsehjournalistin war sie die erste Frau, die im westdeutschen Fernsehen Nachrichten präsentierte. Sie moderierte ab 1971 "heute". Das führte zu einem Eklat.

"In Leserbriefspalten tönte es, warum ich über Dinge rede, von denen ich nichts, aber auch rein gar nichts verstünde. Damen machten sich Gedanken über die Farbe meines Nagellacks, Modeblätter über meine Frisur", erinnert sich Bruhns, die als Journalistin immer nah dran war an den Ereignissen und Personen. Manchmal so nah, dass die Medien aus einem nächtlichen exklusiven Gespräch im Juni 1973 im King David Hotel in Jerusalem mit Willy Brandt eine Affäre zwischen ihr und dem damaligen Bundeskanzler konstruierten.

"Wir haben Whiskey getrunken. Er brauchte eine lebendige Wand, an die er hinreden konnte." Alles andere sei laut Bruhns nur die Fantasie der "Sicherheitslümmel" vor der Tür gewesen. Leider ist es genau diese angedichtete Liaison mit Brandt und die Tatsache, dass sie als erste Nachrichtensprecherin vor allem bei Frauen für Entrüstung sorgte, die vielen im Gedächtnis geblieben ist.

Dabei hat Bruhns, Mutter zweier Töchter, eine außerordentliche journalistische Karriere hingelegt. Bruhns ist eine Ikone des deutschen Nachkriegsjournalismus und ein Symbol für Geradlinigkeit und Unbeugsamkeit. Als sie ihr Volontariat bei der Bild-Zeitung abbrach, attestierte ihr der damalige Chefredakteur einen "Mangel an Konformismus". Auf den ist sie stolz, den hat sie sich bewahrt.

Die Siegburger erlebten eine Frau, die sich bis heute nicht verbiegen lässt, sich für mehr Chefradakteurinnen einsetzt und ein wacher, uneitler aber auch streitbarer Geist geblieben ist. Einzig bei ihrem Privatleben bleiben ihre Erinnerungen tatsächlich etwas unfertig. Zu ihrer Ehe mit dem Schauspieler Werner Bruhns, der 1977 Selbstmord beging, gibt es in ihrem Buch nur den Halbsatz "Mein Mann war gestorben".

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