Grundsteuer B in Siegburg "Was machbar ist, das machen wir auch"

SIEGBURG · So gewaltig zuvor der Protest war, so kurz und knapp ist am Montag der Beschwerdeausschuss im Siegburger Rathaus über die Bühne gegangen. Dicht gedrängt saßen Ausschussmitglieder und Bürger im Ratssaal, der mit vielen zusätzlichen Stühlen versehen worden war.

Vor der Tür standen weitere rund 120 Menschen und wurden per Lautsprecher über das Geschehen im Saal auf dem Laufenden gehalten. So eng wird es beim Stadtrat am Donnerstag, 19. März, (ab 18 Uhr) wohl nicht: Im Laufe der Sitzung kündigte Bürgermeister Franz Huhn an, dass diese Sitzung in der Rhein-Sieg-Halle stattfinden wird.

Einstimmig wurden sämtliche Beschwerden und Anregungen an den Stadtrat beziehungsweise die zuständigen Fachgremien verwiesen. Die Vorsitzende des Ausschusses, Petra Schonlau (CDU), gab allen Beschwerdeführern die Möglichkeit, sich zu äußern, und die Petenten selbst beschränkten sich auf kurze, aber knackige Beiträge. So sprachen für die neue Bürgerinitiative "Bürgerforum Siegburg", die sich vor allem gegen die Erhöhung der Grundsteuer B einsetzt, Claudia Bulau und Thomas Leisen. Sie appellierten an die Siegburger Politiker, den bisherigen Haushaltsentwurf nochmals zu überdenken, und forderten einen Wechsel "von der Machtpolitik hin zur Sachpolitik", so Bulau. Leisen ging noch weiter und sagte, er wisse "aus sicherer Quelle, dass auch in der CDU nicht alle hinter dieser Entscheidung stehen".

"Wir werden die Bedenken, die Sie haben, analysieren und noch mal mit in die Fraktionsberatung nehmen", versprach Lars Nottelmann (CDU). Hans-Werner Müller (Grüne) sagte, die Erhöhung sei "völlig inakzeptabel": "Der Rat muss das in Gänze oder zumindest teilweise zurücknehmen." Das bekräftigte auch SPD-Fraktionschef Frank Sauerzweig, dessen Fraktion die Rücknahme bereits öffentlich gefordert und nun auch einen entsprechenden Antrag für den Rat gestellt hat: "Wir haben das Vertrauen in die Mehrheitskoalition verloren", sagte er. Den Forderungen schlossen sich auch Linke und AfD an, worauf Hans-Werner Müller anmerkte, dass die AfD keinerlei Alternativvorschläge gemacht und die Linke selbst die Grundsteuer deutlich hatte erhöhen wollen.

Während es zu den Beschwerden gegen die Erhöhung der Straßen- und Winterdienstgebühren sowie die Gebührenpflicht am Parkplatz Wolsdorfer Straße/Auf der Papagei keine Wortmeldungen gab, erntete bei Tagesordnungspunkt 7 der vierfache Vater Farid Langshausen mehrfach Applaus für seinen Vortrag gegen die Neufestsetzung der Elternbeiträge für die Kitas. "Sie betreiben Haushaltssanierung auf Kosten der Kinder dieser Stadt", sagte er, "manche Eltern denken darüber nach, ob sie sich Siegburg überhaupt noch leisten können oder ob sie ihr Kind in Troisdorf in der Kita anmelden sollen." Langshausen nutzte seine Redezeit außerdem unter anderem dazu, der Stadt Einsparvorschläge zu machen: Wenn Siegburg nicht länger das Callcenter der Stadt Köln nutzen, sondern den Service umstellen würde, könnten 55 000 Euro jährlich gespart werden. Huhn versicherte, die Verwaltung nehme jeden Vorschlag ernst: "Und was machbar ist, das machen wir auch." Die Beschwerde gegen die Kitagebühren wird Thema im Jugendhilfeausschuss am Mittwoch, 11. März, 18 Uhr.

Erfolg konnte Franz Huhn bei einem weiteren Tagesordnungspunkt verkünden. Die Blindenampel, für die sich der Siegburger Günter Wingender bereits seit Jahren einsetzt, werde eingerichtet: "Die 20 000 Euro dafür werden in die Ergänzungsliste zum Haushalt aufgenommen."

Grundsteuer in der Praxis

In Siegburg wird gegen die Erhöhung der Grundsteuer B protestiert. Doch was ist die Grundsteuer genau, und wie wird sie ermittelt? Ein Überblick.

Definition: Die Grundsteuer ist nicht zu verwechseln mit der Grunderwerbssteuer, die nur einmalig beim Kauf einer Immobilie anfällt. Die Grundsteuer muss jedes Jahr neu entrichtet werden. Im Gegensatz zur Gewerbesteuer, die Schwankungen unterliegt, ist sie für die Kommune planbar und verlässlich. Es wird unterschieden zwischen der Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitz und der Grundsteuer B für sonstige unbebaute und bebaute Grundstücke.

Grundsteuer B: Die Grundsteuer B richtet sich nach dem Wert eines Grundstücks, unabhängig von den persönlichen und Einkommensverhältnissen des Besitzers. Ermittelt wird sie in drei Stufen: Das Finanzamt stellt den Einheitswert fest. Bei unbebauten Grundstücken orientiert er sich am Verkehrswert, bei bebauten am Ertragswert anhand der erzielbaren Jahresmiete. Der Einheitswert kann sich ändern, etwa wenn angebaut oder energetisch saniert wird. Maßgeblich sind die Wertverhältnisse zum 1. Januar 1964. Aufgrund der gesetzlich festgelegten Steuermesszahl auf den Einheitswert wird der Grundsteuermessbetrag festgestellt. Die Kommune legt die Steuer fest, indem sie den Messbetrag mit dem von ihr festgelegten Hebesatz multipliziert. Der Besitzer eines Einfamilienhauses mit einem angenommenen Steuermessbetrag von 100 Euro müsste in Siegburg (Hebesatz 790 Prozent) 790 Euro pro Jahr zahlen.

Reform: Es gibt drei Modelle für eine Grundsteuerreform. Das "Südmodell" orientiert sich an der Fläche von Grundstück und Gebäude. Beim "Nordmodell" wird der Verkehrswert zugrunde gelegt - er müsste dazu laufend ermittelt werden. Das "Thüringer Modell" ist ein Kompromiss: Der Bodenwert wird nach Verkehrswerten angesetzt und die Gebäude pauschal mittels Äquivalenzziffern nach Größe und Nutzungsart.

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