30 Jahre Nachbarschaftshilfe Rhein-Sieg in Sankt Augustin Von der Garage zum gefragten Kaufhaus

SANKT AUGUSTIN · Der Anfang der Erfolgsgeschichte war ein ganz bescheidener. In seiner privaten Garage verkaufte Alfred Klinge zu Beginn der 1980er Jahre gespendete Kleidung an Menschen, die nicht so viel Geld hatten, um sich neue Kleidung zu kaufen.

 Der Chef und sein Spielzeug: Heinz-Peter Schumacher, Geschäftsführer der Nachbarschaftshilfe mit einem schicken "Barbie-Flieger".

Der Chef und sein Spielzeug: Heinz-Peter Schumacher, Geschäftsführer der Nachbarschaftshilfe mit einem schicken "Barbie-Flieger".

Foto: Michael Lehnberg

Heute hat die Nachbarschaftshilfe Rhein-Sieg in Sankt Augustin 2700 Quadratmeter Verkaufsfläche in Mülldorf und eine Investition von rund einer Million Euro für ein Möbellager mit Verwaltungstrakt vor der Brust.

Was auf 25 Quadratmetern begann, platzt heute aus den Nähten. "Wir sind an unsere räumlichen Grenzen gestoßen", sagte Heinz-Peter Schumacher, Geschäftsführer der sozialen Einrichtung, die in diesem Jahr ihren 30. Geburtstag feiert und mittlerweile auf vier Standorte im Kreis verteilt ist.

Was auf der einen Seite freut, stimmt auf der anderen Seite nachdenklich. Die immer größer werdende Nachfrage bedeutet auch, dass immer mehr Menschen bedürftig geworden sind. "Die Bedürftigkeit ist in den vergangenen Jahren stark angestiegen", sagt Schumacher. Rund 150.000 Mal kommen die Bons pro Jahr aus der Kasse. "Mit so einer Entwicklung hat am Anfang natürlich keiner gerechnet."

Die Kasse soll natürlich klingeln, sind doch immerhin 70 Mitarbeiter zu entlohnen. "Alle bekommen Mindestlohn", sagt Schumacher. Ein anderer Teil der Einnahmen fließt in eine Stiftung, die vor zwei Jahren gegründet worden ist.

"Mit den Erträgen unterstützen wir etwa Kitas und Schulen und sponsern das Mittagessen", so Schumacher. Nicht nur das: Auch die Förderschüler der Gutenbergschule bekommen finanzielle Hilfe beim Übergang von der Schule in den Beruf. "Da hakt es meistens." Und der Kinderschutzbund erhält Spenden.

Gut ein halbes Jahr ist Schumacher jetzt Geschäftsführer der Einrichtung, und es macht ihm sichtlich Freude, den Gast durch die Räumlichkeiten zu führen. Emsiges Treiben überall. Sabine Bruns sucht die Kleidung für die Kleiderstube aus und hängt sie auf. Mitarbeiter transportieren eine Couch über den Platz vor dem Möbelhaus, und in der oberen Etage wird nicht gebrauchte Kleidung fein säuberlich in Kartons gepackt und gelagert.

Haufenweise blaue Säcke mit Kleiderspenden warten auf ihre Weiterverwendung. Was verkauft werden kann, landet in der Kleiderstube, was sich nicht zum Verkauf eignet, aber noch gebrauchsfähig ist, wird etwa nach Russland gespendet. "Der Rest geht wieder in die Industrie", so Schumacher.

Im Möbellager, das 2002 gebaut worden ist, kommt ein Mitarbeiter auf Schumacher zu, nimmt dessen beide Hände und bedankt sich. Der Chef ist gerührt, der Mitarbeiter glücklich, weil Schumacher ihm aus einer Notlage geholfen hat.

Melanie Schneider und Zabit Sahin halten drei komische geformte Vögel aus Hartgras hoch. "Was ist das?", fragen sie Schumacher, der passen muss. Sie sehen irgendwie wie Störche aus, typische "Stehrümchen".

Auch so etwas kann man bei der Nachbarschaftshilfe erstehen, dazu Möbel, Küchen und anderen Hausrat, etwa Kinderwagen, Koffer, Büromaterial oder Elektroartikel sowie Bücher, CDs, Spielzeug und Schallplatten. "Aber wir sind kein Müllentsorger", betont Schumacher.

Will jemand Möbel spenden, werden die erst in Augenschein genommen, bevor sie die Mitarbeiter abholen. "Die Sachen müssen in Ordnung und funktionstüchtig sein." Die Spendenbereitschaft ist hoch, worüber sich Schumacher natürlich freut. So hoch, dass der Betrieb wie in den vergangenen 30 Jahren immer wieder mal erweitert werden muss.

So soll ein neues Möbellager gebaut werden, zugleich mit einem neuen Verwaltungstrakt. Ob und wie das alles realisiert werden kann am Standort Bonner Straße, soll die Politik nach den Sommerferien beraten und entscheiden.

Das noch fehlende Verkehrsgutachten liegt der Stadtverwaltung inzwischen vor und wird derzeit geprüft. "Es muss auch bald losgehen", sagt Schumacher, der froh ist, dass er wenigstens ein Lager in Menden mit 600 Quadratmetern als Zwischenlager anmieten konnte. Vor zwei Jahren wurden auch Räume in Buisdorf im ehemaligen Coca-Cola-Gebäude gemietet. "Dort haben wir vorwiegend Küchen", sagt Schumacher.

Der Mülldorfer fühlt sich wohl in seinem neuen Job und freut sich auf die Herausforderungen. "Ich bin hier super angekommen und hochzufrieden. Hier arbeiten tolle Menschen, die einen guten Job machen."

So wie Edeltraut Müller etwa, die die Verwaltung macht und von Anfang an bei der Nachbarschaftshilfe arbeitet. "Sie ist die gute Seele hier und hat alles im Griff", sagt Schumacher. Mehr Lob vom Chef geht nicht.

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