Evangelische Kirche in Siegburg Verrinnende Zeit hinterlässt ihre Spuren

Siegburg · Eine riesige Sanduhr regt in der Siegburger Auferstehungskirche zum Nachdenken an. Bis zu 1,5 Tonnen Sand lassen Pfarrer Joachim Knitter und sein Team bis Ende April symbolträchtig durch die Uhr rinnen.

Die Zeit verrinnt. Stunde für Stunde, Tag für Tag, Jahr für Jahr. Unaufhaltsam läuft sie weiter, gleitet dabei förmlich wie Sand durch die Finger. In der Auferstehungskirche ist sie ab Sonntag gewissermaßen greifbar. In Form einer überdimensionalen Sanduhr, die vor dem Altar an drei Stahlseilen hängt – und mit dem Kirchenfenster korrespondiert, das an der Stelle Jesus Grablegung zeigt. Während des Gottesdienstes rieselt der erste Sand durch den großen Trichter auf den Boden. Bis Ende April folgen bis zu 1,5 Tonnen – und wachsen zu einem Sandkegel an.

„Die Zeit verrinnt“ ist in den kommenden Wochen das zentrale Thema der evangelischen Kirchengemeinde. Zum Reformationsjubiläum soll die Installation anregen zu Gedanken über Raum und Zeit, Werden und Vergehen, Zeitlichkeit und Ewigkeit. „500 Jahre Reformation ist Erinnerung, aber auch Aufgabe für die Zukunft“, sagt Pfarrer Joachim Knitter. Der rieselnde Sand mache die beständige Veränderung und Erneuerung plastisch.

2002 hat die symbolträchtige Sanduhr schon einmal in der Auferstehungskirche gehangen. „Alles hat seine Zeit“, war die Installation damals überschrieben. Wie jetzt rann ein feiner Sandstrahl während der Gottesdienste und zu den Öffnungszeiten der Auferstehungskirche durch die trichterförmige Holzkonstruktion. Und wie damals soll der rinnende Sand auch jetzt in der Dämmerung angestrahlt werden und so seine ganz besondere Faszination entfalten.

„Die Zeit, die kommt, liegt noch im Inneren der Sanduhr verborgen“, sagt Knitter. In Form von 50 bis 60 Kilogramm feinem Quarzsand, die der Trichter fasst. „Sie ist unsichtbar im wahrsten Sinne des Wortes, und doch schon als nahe Gegenwart präsent“, erläutert er die Symbolik der Sanduhr. Ein kleiner Ruck reicht aus, um den Schieber des Trichters zu öffnen – und der Sand beginnt zu rinnen. Rund sieben Stunden brauchen die 60 Kilogramm Sand für ihren Weg aus dem Trichter auf den Boden. So lange sind die Kirchentüren von dienstags bis samstags für jeden geöffnet.

„Die Zeit, die vergangen ist, hinterlässt Spuren in Raum und Zeit“, sagt Knitter. Spuren, die in der Auferstehungskirche zu einem unübersehbaren Sandkegel wachsen. „Wir legen in den nächsten Wochen Münzen, Scherben und immer wieder auch Fotos in den Sandkegel“, erklärt Knitter. Bilder von Menschen, die die Gemeinde geprägt haben, aber auch historische Aufnahmen aus der Gemeinde und Stadtgeschichte. Nach und nach rieseln die Bilder zu, verändern sich, können immer wieder neu entdeckt werden.

„Die Auferstehungskirche wird an Ostern 60 Jahre alt“, sagt Knitter. 60 Jahre, in denen sich vieles verändert und so manches die Gemeinde bewegt hat. Allein der Innenraum hat sich im Vergleich zum letzten Besuch der Sanduhr verändert. Aktuell erhält das Gotteshaus ein neues Dach. Um Zeit geht es auch in der Osternacht, und eine weitere Station soll den Zeitfaktor aufgreifen: In einem Zeitstrahl von hundert Jahren können Kirchenbesucher für sie wichtige Daten einpflegen.

Der Gottesdienst „Die Zeit verrinnt“ mit Pfarrerin Ruth Wirts beginnt am Sonntag um 9.45 Uhr in der Auferstehungskirche, Annostraße

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