Kreisverwaltung Unklarheiten bei Sozialberichten für Suchtkranke

RHEIN-SIEG-KREIS · Eine Therapie für Suchtkranke zu ermöglichen ist nicht nur im Rhein-Sieg-Kreis ein bürokratischer Akt. Das Hauptproblem hier in der Region: Ist der Rhein-Sieg-Kreis oder die Deutsche Rentenversicherung (DRV) für die Kosten der notwendigen Sozialberichte zuständig?

 Etwa 170 Suchtkranke bei Diakonie und Caritas sind vom derzeitigen Problem betroffen.

Etwa 170 Suchtkranke bei Diakonie und Caritas sind vom derzeitigen Problem betroffen.

Foto: dpa

Sah es im März dieses Jahres noch nach einer endgültigen Lösung aus, sind beide Kontrahenten nun wieder am Anfang angelangt. "Wir brauchen endlich eine klare Entscheidung", fordert Hartmut Pöplau, Bereichsleiter Familie und Gesundheit im Caritasverbund Rhein-Sieg.

Die Sozialberichte enthalten ein Persönlichkeitsbild des Suchtkranken. Adressat des Berichtes ist die DRV, denn ohne Sozialbericht bewilligt sie keine Therapie. "Die Sozialberichte waren früher das Ergebnis mehrerer vertraulicher Gespräche", erklärt Pöplau. Außerdem sei es eine gute Vorbereitung für den Therapeuten.

Bis Mitte 2012 hat der Rhein-Sieg-Kreis die Kosten für die Erstellung dieser Berichte übernommen. "Dann hat der Kreis uns diesen Leistungsteil entzogen und behauptet, die DRV sei für die Kosten zuständig", so Christoph Wolf, Leiter der Diakonie Suchthilfe. Was folgte, waren lange Diskussionen auf dem Rücken der Suchtkranken. Betroffen sind pro Jahr rund 70 Patienten bei der Diakonie und etwa 100 Patienten bei der Caritas.

"Der Sozialbericht kostet rund 200 Euro", erklärt Wolf. Im März dann gute Nachrichten vom Kreis: Man habe sich geeinigt, die Rentenversicherung übernimmt nun die Kosten. "Nach zwei Wochen ging aber alles wieder von vorne los", sagt Wolf. Die Gespräche zwischen Kreis und DRV seien nicht protokolliert worden, somit gebe es auch keine verbindlichen Ergebnisse.

Fakt ist: Seit März verzichtet die Rentenversicherung auf die Sozialberichte, verlangt stattdessen von den Mitarbeitern der Suchthilfe nur noch eine kurze Stellungnahme - unbezahlt. 47 Patienten warteten aufgrund fehlender Sozialberichte im vergangenen Jahr auf ihre Vermittlung. "Da mussten wir uns auf diesen faulen Kompromiss einlassen, auch wenn durch die Kurzberichte dem Patienten nicht geholfen ist", so Wolf.

Leidtragende sind die Suchtkranken, die sich in eine Therapie begeben wollen. "Patienten, die verunsicherbar sind, werden hier unnötig stark verunsichert. Wenn dies so weitergeht, bekommen wir ein riesiges Versorgungsproblem", erklärt Markus Banger, Ärztlicher Direktor der LVR-Klinik Bonn.

Vom Kreis gab es am Mittwoch eine allgemeine Stellungnahme: "Nach unseren Informationen werden die beantragten Rehamaßnahmen von der Rentenversicherung bewilligt und somit die Interessen der Betroffenen berücksichtigt", sagt Sprecher Dirk Kassel.

Deutliche Worte gab es dagegen von der Deutschen Rentenversicherung: "Wir sind weiterhin der Auffassung, dass die Erstellung von Sozialberichten und die Übernahme der damit verbundenen Kosten zu den gesetzlichen Aufgaben des Rhein-Sieg Kreises gehören", erklärte Sprecher Andreas Feuser. Bis die Frage gerichtlich geklärt ist, stelle man sicher, dass die betroffenen Personen durch die neue Praxis des Rhein-Sieg-Kreises keine Nachteile erleiden.

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