Kurz vor der Marktreife Tüftler testen erstmals neuen Diesel-Kraftstoff

Siegburg · Anton Ledwon und Waldemar Lewtschenko arbeiten in einer Siegburger Halle an ihrem neuen Diesel-Kraftstoff. Erste Tests verliefen aus ihrer Sicht positiv.

 Die Tüftler Waldemar Lewtschenko (l.) und Anton Ledwon an ihrem neuen Reaktor in ihrer Halle im Siegburger Gewerbegebiet.

Die Tüftler Waldemar Lewtschenko (l.) und Anton Ledwon an ihrem neuen Reaktor in ihrer Halle im Siegburger Gewerbegebiet.

Foto: Ingo Eisner

Der Empfangsbereich in der Siegburger Halle wirkt mit seinen roten Ledersofas eher wie ein Großraumbüro. Nebenan schweißt Alexander Braun an einem Filter für den neuen Reaktor, während Waldemar Lewtschenko in seiner „Chemie-Ecke“ gemeinsam mit Anton Ledwon tüftelt. Neben Reaktoren, in denen sauberer Diesel entsteht, verfügt die Halle über etliche Werkbänke und Werkzeug, denn das Team baut alles, was es zur Kraftstofferzeugung benötigt, selbst.

Seit fünf Jahren tüfteln der in Troisdorf lebende Ingenieur Anton Ledwon (60) und der Hennefer Juwelier, Kunstmaler und Hobbyphysiker Lewtschenko (55) an Möglichkeiten, den Dieselkraftstoff sauberer zu machen. Nachdem kürzlich ein Motoren-Test mit dem Kraftstoff unter extremen Bedingungen äußerst positiv verlief, steht ihr Diesel nun kurz vor der Marktreife.

„Wir haben etliche Interessenten. Im Sommer wird eine Anlage bei einem Hamburger Mineralölhändler aufgebaut, die rund 1000 Liter sauberen Heion-Diesel pro Tag produzieren kann. Der Kraftstoff wird dort dann mit Nutzfahrzeugen getestet“, sagt Ledwon. Eigentlich hört sich alles wie eine Romanvorlage an. Ein Ingenieur, ein Juwelier mit einer Passion für Naturwissenschaften sowie ein Unternehmer entwickelten nach dem Diesel-Skandal vor fünf Jahren die Idee, den Diesel sauberer zu machen. Ledwon, Lewtschenko und Andreas Heine nahmen sich vor, die Mineralölbranche zu revolutionieren und einen Diesel zu entwickeln, der nachweislich weniger Rußpartikel und Stickoxide bei der Verbrennung freisetzt.

Verfahren frühzeitig als Patent angemeldet

Den aus der Ukraine stammende Tüftler Lewtschenko, der seit 16 Jahren mit seiner Familie in Hennef lebt, hat in seiner Jugend ein Physikbuch, das er bei den Großeltern fand, mehr interessiert als eine Märchensammlung. „Nach einem schweren Autounfall vor einigen Jahren, den ich gerade mal überlebt habe, stellte ich mir viele Fragen und beschäftigte mich zunehmend mit Naturwissenschaften“, sagt Lewtschenko. Vor fünf Jahren fand er mit dem Ingenieur Anton Ledwon einen kongenialen Partner und begab sich mit ihm auf die Suche nach Möglichkeiten, den Diesel sauberer zu machen.

Nach einiger Zeit entdeckten sie ein Verfahren, wie sich mittels prozessgesteuerter Modulation von molekularen Verbindungen aus Alt-, Schwer- oder Heizöl und Wasser synthetischer Kraftstoff herstellen lässt. Gemeinsam mit dem im amerikanischen South Carolina lebenden und aus Schleswig-Holstein stammenden Unternehmer Andreas Heine gründeten Lewtschenko und Ledwon unter dem Namen „Heion GmbH“ ein Unternehmen und fanden bereits zahlreiche private Investoren. „Eine Zulassung beim Kraftfahrtbundesamt benötigen wir für den Kraftstoff nicht, aber wir haben bereits frühzeitig das gesamte Verfahren zum Patent angemeldet“, sagt Ledwon.

Nachdem sie lange in Lewtschenkos gerade mal zwölf Quadratmeter großem Hennefer Reihenhauskeller geforscht haben, verfügen sie seit einem Jahr über eine 100 Quadratmeter große Halle im Siegburger Gewerbegebiet Am Turm, die sie als Forschungslabor nutzen. Mit dem Maschinenschlosser und technischen Zeichner Alexander Braun (47) gehört seit einiger Zeit auch ein handwerkliches Allround-Genie zum festen Team, das den beiden Tüftlern spezielle Filter und Zentrifugen fertigt. Zudem haben sie ein nagelneues Euro-6-Testfahrzeug, nachdem sie den Diesel vorher ausschließlich mit Lewtschenkos altem Diesel-Benz getestet hatten.

In dem neuen Reaktor, der über ein Steuerungsgerät verfügt, gelingt es Ledwon und Lewtschenko, durch einen Synthese-Prozess die Struktur des Diesels zu verändern. Die Anlage spaltet dazu das Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff für die Bildung von neuen Strukturen im Diesel. Das restliche Wasser wird laut Ledwon nach dem Prozess vom neuen Diesel mit einer Zentrifuge getrennt. Der nun entstandene Kraftstoff ist wasserfrei. Hunderte Liter dieses Kraftstoffs haben die beiden Tüfteler bereits hergestellt, tausende Testkilometer sind sie mit dem Heion-Diesel gefahren und haben auch einen Motorentest bei einem Lohmarer Unternehmen positiv bewältigt.

Kraftstoff wurde 50 Stunden lang an Motor getestet

Der Kraftstoff wurde 50 Stunden unter extremen Bedingungen an einem Motor getestet. „Das Ergebnis war großartig“, sagte Ledwon. Kolben ,Ventile, und Zylinder nahmen keinen Schaden. Im Gegenteil. Es befanden sich kaum Rußpartikel an den Motorenteilen. Ledwons und Lewtschenkos Fazit: „Weniger Ruß, weniger Stickoxide, kein Wasser, und die Motoren halten auch.“

Während bei der deutschen Automobilindustrie weiterhin Skepsis herrscht, haben US-amerikanische Universitäten bereits Forschungskooperationen mit den Tüftlern vereinbart. „VW glaubt nach wie vor, dass es sich um eine Diesel-Wasser-Emulsion, also ein Gemisch, handelt, aber es ist ein Synthese-Verfahren“, sagen Ledwon und Lewtschenko, die auch ein Verfahren entwickelten, bei dem sie Mischabfälle säubern, daraus sauberen Diesel gewinnen und die Reststoffe für Batterien und Solarzellen nutzen. „Das ist ebenfalls ein umweltschonender Beitrag“, so die beiden Tüftler.

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