Maßnahmen von Straßen.NRW entlang der A3 Anwohner in Siegburg sind geschockt über Zahl der Baum-Fällungen

Siegburg · Angekündigt hatte Straßen.NRW das Entfernen von Gefahrenbäumen entlang der A3. Anwohner und BUND-Kreisgruppe kritisieren vor allem das Ausmaß der Fällungen in der Seidenbergstraße.

 Straßen.NRW entfernte Bäume und Buschwerk auf einer Länge von rund 150 Metern angrenzend an Gärten in der Seidenbergstraße.

Straßen.NRW entfernte Bäume und Buschwerk auf einer Länge von rund 150 Metern angrenzend an Gärten in der Seidenbergstraße.

Foto: Fatma Ruf

In einer Pressemitteilung im Internet verkündete der Landesbetrieb Straßen.NRW am 14. Mai: „Auf der A3 zwischen der Anschlussstelle Lohmar und dem Autobahnkreuz Bonn/Siegburg führt die Straßen.NRW-Regionalniederlassung Rhein-Berg im Rahmen einer Notmaßnahme Gehölzarbeiten aus.“ Der Hinweis galt Autofahrern, die mit Beeinträchtigungen rechnen mussten. Die Maßnahme war für vergangenen Sonntag angekündigt: „Gefahrenbäume entlang der Strecke“ sollten beseitigt werden.

Als am Sonntagmorgen um 8 Uhr ein Baumfällertrupp nicht „auf“ der A3 sondern jenseits der Schallschutzmauer in der Seidenbergstraße mit schwerem Gerät anrückte, waren die Anwohner geschockt. „Wir haben geweint“, sagte Anwohnerin Fatma Ruf angesicht des unmittelbar an ihren Garten angrenzenden Kahlschlags. Auf die nackte Schallschutzmauer zu blicken, vermittelt den Eheleuten Ruf jetzt den Eindruck, in einer Festung zu sitzen. „Da waren so viele Bäume! Ahorn, Buchen, Linden, Eichen“, zählt Erwin Ruf auf. Fatma Ruf hatte die Holzfäller ihrer Aussage nach angefleht, die Arbeiten einzustellen.

Mit ihrem Handy hatte sie wenige Tage zuvor ein Reh in ihrem Garten, der an die A3-Böschung angrenzt, gefilmt. Auf die Frage, warum die Aktion an einem Sonntag durchgeführt wurde, antwortet Erwin Ruf erbost: „Dreimal dürfen Sie raten. Die Anwohner können dann das Ordnungsamt nicht erreichen. Das war eine Nacht- und Nebelaktion!“ Und fügt hinzu: „Wir haben den Bussard schreien gehört.“ Die Rufs informieren sich regelmäßig über den Fortgang der Bauarbeiten an der A3 auf der Internetseite von Straßen.NRW. „Gehölzarbeiten heißt für mich, wir gehen hin und schneiden kranke Bäume raus. Das können die ja auch machen“, sagt Erwin Ruf. Es hätten drei bereits umgefallene Bäume an der Böschung gelegen. Eine Gefahr für die Autos an der A 3 kann es nach Rufs Meinung nicht gegeben haben. „Die Bäume können doch nicht bergauf über die Mauer stürzen!“

BUND: „Aus ökologischer Sicht unverständlich

Für Achim Baumgartner von der BUND-Kreisgruppe Rhein-Sieg-Kreis ist die Sache ein Rätsel: „Die Baumaßnahmen werden aus ökologischer Sicht zunehmend unverständlich. Weil es sich bei der A 3-Sanierung um eine Bestandsmaßnahme handelt, gab es kein Planfeststellungsverfahren.“ Baumgartner hätte sich eine Bürgerbeteiligung gewünscht. „Beim Biotopverbund macht Straßen.NRW eigentlich gar nichts. Das wird verweigert“, ärgert sich Baumgartner.

Das Bundesnaturschutzgesetz sieht in Paragraf 19 eine Schonzeit für Fällarbeiten von Anfang März bis Ende September vor. Bei genehmigten Maßnahmen gilt diese Auflage jedoch nicht, so der BUND-Sprecher: „Doch als Pflegemaßnahme ist das nicht zulässig.“ Dass Straßen.NRW die Maßnahme jedoch als Notmaßnahme etikettiert hatte, macht die Betroffenen wütend.
Für Baumgartner ist es unerklärlich: „Kein Mensch weiß, warum Straßen.NRW überall den Gehölzbestand entnimmt.“ Der Fachmann sagt, das führe zu massiven Trockenschäden, weil dem verbleibenden Gehölz der Feuchtluftraum genommen würde.

Die Folge sind Trockenschäden durch Auslichtung. Freigestellte Bäume kranken am Sonnenbrand. Der Naturschützer prangert an: „Das ist ein echter Fehler des Straßenbaubetriebs.“ Die Maßnahme bezeichnet Baumgartner als absurd. An der A3-Böschung in der Seidenbergstraße wird es auf Jahre hin keinen „Sonnenbrand“ mehr geben. Auf einem Streifen von etwa 150 Metern ab der Autobahnüberführung der Zeithstraße gibt es jetzt keine Bäume mehr.

Anwohnerin zeigt sich erschüttert über die Maßnahme

Die Bonnerin Katja Krahé kennt die idyllischen Gärten der Anwohner an der Autobahnböschung: „Unter der Überschrift Gefahren-Baum-Entfernung wurde hier während der Vogelschutzzeit eine idyllisch gewachsene Busch- und Baumlandschaft entfernt. Diese Maßnahme hat mich sehr erschüttert, wenn man bedenkt, was da an unseren Straßen passiert unter dem Deckmantel Sicherung des Autoverkehrs.“

Krahé hat einen Standpunkt: „So kann man innerhalb kürzester Zeit bestehenden Klimaschutz, Artenschutz und Lärmschutz zerstören!“ Straßen.NRW begründet das Handeln mit dem starken Befall durch Schwarzschimmel und Ulmensplintkäfer. Diese Unterart des Borkenkäfers ist Überträger des Schlauchpilzes. Befallene Ulmen lassen sich durch plötzliches Welken der Krone erkennen, heißt es in einer umfangreichen Stellungnahme, die unserer Redaktion vorliegt. Eine Überprüfung habe ergeben, es seien keine Nester vorhanden gewesen und sonstige artenschutzrelevante Feststellungen konnten ebenso nicht gemacht werden.

„Diese Maßnahme erforderte aufgrund des erhöhten Gefahrenpotenzials eine kurzfristige Umsetzungsdauer“, so die Medienbeauftragte des Landesbetriebs, Tanja Lübbersmann. Das Verfahren war mit der Unteren Landschaftsbehörde abgestimmt. „Das überzeugt mich eigentlich überhaupt nicht“, sagt Baumgartner. Zumal die Maßnahme nicht die zur Autobahn hin gelegene Böschungsseite betraf. Der Gefahrenabwehr wäre genüge getan, wenn man die betroffenen Bäume auf vier Meter Höhe gekappt hätte, so der Experte.

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