Vor dem Ratsbürgerentscheid zum Rathaus So sieht es unter dem Siegburger Allianz-Parkplatz aus

SIEGBURG · In der Diskussion um die Zukunft des Siegburger Rathauses ist der Allianz-Parkplatz inzwischen die einzig verbliebene Alternative für einen Neubau. Was aber verbirgt sich unter der Parkfläche?

Keine Frage, der Parkplatz ist beliebt, die Gastronomie rund um den großen Feldahorn am Übergang zur Marktpassage ebenso. Rund herum aber stehen teils verwaiste Gebäude, die die Zeichen der Zeit tragen: zerbrochene Fensterscheiben, bröckelnder Putz und Graffiti. Schön ist anders, eine Aufwertung des so genannten Allianz-Parkplatzes ist im Interesse vieler. In der Diskussion um die Zukunft des Siegburger Rathauses war das Areal von Anfang eine mögliche Option für einen Neubau. Inzwischen ist es die einzig verbliebene. Ob es dazu kommt, liegt in der Hand der Siegburger, die am 2. Dezember im Ratsbürgerentscheid für oder gegen eine Rathaussanierung stimmen können.

18 Stufen führen in die Tiefe unter den Allianz-Parkplatz

Um den Keller unterhalb des Parkplatzes ranken sich Geschichten. In der Neubaudiskussion kochen sie wieder hoch. Denn sollte bei archäologischen Untersuchungen, die bei jedem Bau innerhalb der alten Stadtmauern zwingend sind, etwas gefunden werden, kommt es unweigerlich zu Bauverzögerungen und Mehrkosten. „Pareto hat zugesagt, die eventuell anfallenden Kosten zu tragen“, sagt die Technische Beigeordnete Barbara Guckelsberger. Wie berichtet, hat die Kreissparkassentochter das Areal samt Marktpassage gekauft und der Stadt angeboten, ein neues Rathaus zu errichten. Damit hat der Schlüssel zum ominösen Unterbau des Parkplatzes erneut den Besitzer gewechselt.

18 Stufen führen hinab in die Tiefe und hinein in ein verwinkeltes System mit einem großen und fünf kleinen Räumen. Die haben GA-Redakteur Wolfgang Pichler und Fotograf Frank Homann im Jahr 2000 im Strahl ihrer Taschenlampen erkundet und vor allem eines vorgefunden – katastrophale Unordnung: „Morsche Regale, umgestürzte Holzkisten. Zerrissene Stoffstreifen, alte Teppiche. Da liegen Bretter und Balken. Ein zerfledderter Korb. Ein verrostetes Messer. Leere Flaschen zu Dutzenden.“ Zwischen Bierdeckeln, Mäusegift und schimmelnden Schränken mit verrosteten Schlüsseln entdeckten sie einen Hinweis auf die Historie: „Parkplatz. Nur für Gäste des Hotel zum Stern“.

Ein Weinkeller avancierte zur großen Abstellkammer

„Die Keller waren unsere Wein-Lagerräume“, lüftete damals Albert Linder gegenüber dem GA das Geheimnis um die Katakomben. Der frühere Chef des am Markt gelegenen Hotels berichtete, dass sein Vater sie Mitte der 1950er Jahre graben ließ, um an eine Vorkriegstradition des familieneigenen Weinhandels anzuknüpfen. Pläne, die die Hoteliersfamilie indes schnell wieder aufgab, das Klima zwischen den Betonmauern stimmte nicht. Die Linders konzentrierten sich auf ihr Hotel-Geschäft, bauten auf dem Grundstück Garagen für ihre Gäste und ihr Weinkeller avancierte zur großen Abstellkammer.

Mitte der 1980er Jahre schlug die Stunde des Allianz-Parkplatzes. Das Kaufhaus Fußhöller am Markt verschwand, an seiner Stelle wuchs die von Architekt Hartmut de Corné entworfene und von Immobilienhändler Norbert Klein gebaute Marktpassage in die Höhe. Die Garagen wichen dem heutigen Allianz-Parkplatz. Die Allianz verkaufte das Areal samt Passage und Parkplatz 2007 an das Münchner Unternehmen Reit Asset Management, dem es bis zuletzt in seiner Untergesellschaft Eagle 22 gehörte.

Die Veränderungen oberhalb der Erdoberfläche dürften im Bauch der Parkfläche wenig verändert haben. Im Zuge der Bauarbeiten wurden die Keller nicht verfüllt. Warum, vermag niemand zu sagen. Oben rumpeln Autos über eine dicke Betonschicht, während unten immer noch Schutt, stromlose Kabel, ein Hut und allerlei Vergessenes vor sich hin rotten. Wie lange noch, ist momentan ungewiss.

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