Franz Huhn im Interview Siegburgs Bürgermeister über Schulen, Schulden und die Stadtbetriebe

SIEGBURG · Das Oktopus-Bad befindet sich seit kurzem unter städtischer Regie, die Rhein-Sieg-Halle vielleicht bald ebenfalls, außerdem steht mit der geplanten Gründung der Gesamtschule ein Einschnitt in der Schullandschaft bevor. In Siegburg ist derzeit einiges in Bewegung. Wie das Jahr 2013 wird - das erklärt Bürgermeister Franz im Interview.

 Ausblick auf 2013 : Siegburgs Bürgermeister Franz Huhn im Interview mit dem General-Anzeiger.

Ausblick auf 2013 : Siegburgs Bürgermeister Franz Huhn im Interview mit dem General-Anzeiger.

Foto: Anna Maria Beekes

Herr Huhn, wie wird 2013 für Siegburg?
Huhn:
Ich bin zuversichtlich. 2013 hat schon gut angefangen. Zum ersten Mal seit Jahren hatten wir schon in der zweiten Januarwoche einen genehmigten Haushalt, und das gleich für zwei Jahre - ein tolles Gefühl. Eine weitere gute Nachricht: Wenn dieses Jahr der Rechtsanspruch für die U3-Betreuung greift, können wir für etwa 50 Prozent der Kinder Plätze anbieten. Ich bin dankbar, dass bei uns so viele Träger mit im Boot sind. Wir werden mit ihnen noch darüber nachdenken, wie wir die Zeiten vor 8 und nach 17 Uhr kind- und elterngerecht gestalten. Da gibt es noch Regelungsbedarf.

Der Etat ist 2013/14 ausgeglichen, die Stadt muss nicht einmal an die Ausgleichsrücklage gehen. Wie passt das zusammen mit der hohen Pro-Kopf-Verschuldung, die Siegburg immer wieder vorgehalten wird?
Huhn: Das ist eine verkehrte Sichtweise all derer, die den Haushalt noch aus kameraler Sicht sehen. Man muss sich heute sowohl die Aktiv- als auch die Passivseite unserer Bilanz anschauen. Wenn wir zehn Millionen Euro an Fremdkapital zum Bau der Rhein-Sieg-Halle benötigen, dann spricht man von Schulden. Aber das Geld ist ja nicht verbrannt. Wir haben damit städtisches Eigentum geschaffen, mit dem wir arbeiten können. Oder die Hochgarage nebenan: Die hat acht Millionen Euro gekostet. Aber damit erwirtschaften wir Jahr für Jahr 600.000 bis 700.000 Euro an Parkgebühren. Davon redet kein Mensch.

Zum 1. Januar haben die Stadtbetriebe das Oktopus übernommen. Wie lief die Übernahme?
Huhn: Wir haben das mit dem Betreiber S.A.B. ganz friedlich hinbekommen. Die sind Visionäre, aber beim Betrieb hatten sie sich überschätzt. Die Mitarbeiter sind glücklich und zufrieden, für sie ändert sich nichts. Jetzt haben wir uns ein halbes Jahr Zeit genommen, um Schwimmbad, Tauchturm und Hotel unter die Lupe zu nehmen, um zu sehen, wie wir uns künftig aufstellen. Auch über Preiserhöhungen müssen wir uns Gedanken machen - in sozialverträglicher Form.

Schulen und Vereine haben weiter freien Eintritt?
Huhn: Ja, daran werde ich nicht rühren. Das wäre auch völlig unsinnig, gerade wenn man sieht, was die Vereine für die Stadt tun.

Auch die Rhein-Sieg-Halle könnte an die Stadtbetriebe übergehen. Warum wollen Sie auch die in eigene Regie holen?
Huhn: Zunächst mal: Wir haben mit dem Betreiber Gegenbauer aus Berlin einen sehr guten Vertragspartner, der einen sauberen Job macht. Wir haben hier aber nur 50 bis 60 Veranstaltungen im Jahr. Das ist deutlich zu wenig. Wir sind näher dran und trauen uns zu, mit unserem eigenen Personal mehr daraus zu machen.

Inwiefern?
Huhn: Zur Halle gehört zum Beispiel eine Bar, die bislang kaum genutzt wird. Neulich haben wir auch mal nur das Foyer geöffnet bei einer Veranstaltung mit Sahra Wagenknecht - das funktioniert! Oder nehmen Sie die Literaturwochen. Wenn das Stadtmuseum mit seinen 199 Plätzen wegen der Nachfrage zu klein ist, kann man in die Halle ausweichen. Wenn bei den Stadtbetrieben alles in einer Hand ist, wären wir flexibler.

Haben Sie denn auch die Kontakte in die Kulturszene?
Huhn: Gegenbauer setzt eher auf die großen Künstleragenturen. Wir wollen aber auch die kleineren. Warum sollen nicht pro Session 20 Karnevalsveranstaltungen in der Halle stattfinden? Was man da allein an Kosten über Essen und Trinken hereinholen kann! Dessen ist man sich in Berlin nicht bewusst. Wir prüfen das alles und haben wohl Mitte des Jahres ein Ergebnis.

Bleiben wir in der Innenstadt. Das ECE-Einkaufszentrum ist per Bürgerentscheid verhindert worden, das Rathaus soll bleiben - ist aber sanierungsbedürftig. Warum sind erst ab 2016 größere Beträge dafür im Haushalt eingestellt?
Huhn: Wir haben noch keine Aussage darüber, in welcher Reihenfolge so eine Sanierung angegangen werden kann und inwieweit sie überhaupt Sinn macht. Für 2013 haben wir Geld für ein Gutachten im Haushalt eingestellt, Ende des Jahres sehen wir klarer.

Noch bis Monatsende sind im Rathaus alle Planentwürfe für den Michaelsberg zu sehen. Wie kommt der Siegerentwurf von Meyer/Schmitz-Morkramer an?
Huhn: Ich habe viel mit Besuchern diskutiert. 70 bis 80 Prozent sagen: 'Ihr habt das richtige ausgesucht.' Einige finden andere Entwürfe schöner, erkennen dann aber die Nachteile.

Das Anmeldeverfahren für die Gesamtschule steht bevor. Wie ist Ihr Gefühl?
Huhn: Abwarten. Einerseits hatten wir bei der Elternumfrage großen Zuspruch für die Gesamtschule. Andererseits wurden manche Infoveranstaltungen an Grundschulen kaum angenommen. Ich weiß nicht, wie das zu deuten ist. Fest steht nur: Siegburg stünde eine Gesamtschule gut zu Gesicht. Wenn sie kommt, haben wir zwei Gymnasien, eine Realschule, eine private und eine öffentliche Gesamtschule und damit das differenzierteste Angebot in einer Kommune dieser Größenordnung weit und breit.

Wie sieht es mit der geforderten Rückkehr zu G9 am Gymnasium Alleestraße aus? Werden Sie da noch mal aktiv?
Huhn: Auf jeden Fall. Wenn die Anmeldeverfahren abgeschlossen sind, werde ich alle Hebel in Bewegung setzen, mit viel Krach und Radau und im Schulterschluss mit Eltern und anderen Kommunen des Landes, die gegen das generelle G 8 an Gymnasien sind. Warum überlässt man es nicht den Schulen, neben dem Abitur nach acht Jahren auch das nach neun Jahren anzubieten?

Land und Bezirksregierung hatten Ihnen zuletzt aber keine große Hoffnungen gemacht, oder?
Huhn: Ach wissen Sie, wir haben schon andere Sachen geschafft. Wenn, wie damals beim Kinderbildungsgesetz, 2000 Leute auf dem Marktplatz stehen und "Kibiz ist Mumpitz" rufen, dann bleibt das nicht ohne Wirkung. Und siehe da: Plötzlich gab es Änderungen am Kibiz, die vorher keiner für möglich gehalten hätte.

Zur Person:
Franz Huhn (61) wurde in Niederpleis geboren. Nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften und Germanistik war er Lehrer, zuletzt Schulleiter des Siegburger Berufskollegs. Seine kommunalpolitische Laufbahn begann 1983 in der CDU. Huhn ist seit 2004 Bürgermeister. Er hat zwei Söhne und lebt mit seiner Frau Conny in Kaldauen.

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