Pendlerströme im Rhein-Sieg-Kreis Siegburg ist Pendlerhochburg

Rhein-Sieg-Kreis · Die Kreisstadt wächst laut aktueller Statistik von IT.NRW tagsüber, Niederkassel schrumpft. Auch die Nachbarstädte wie Troisdorf und Hennef haben starke Pendlerbeziehungen nach Köln.

Um 7 Uhr morgens herrscht am Siegburger Bahnhof eine ganz eigene Stimmung: Die Bahnsteige sind voll, und trotzdem ist es still. Menschen mit Aktentaschen oder Rucksäcken warten auf Bahnen und Busse. Sie hören Musik, lesen Zeitung oder starren stumm auf den Boden. Ab und an wird das kollektive Schweigen durch das Klappern eines Rollkoffers oder einfahrende Züge durchbrochen.

Der Siegburger Bahnhof ist eine der großen Drehscheiben in der Region. Zigtausende Berufspendler nutzen ihn täglich zum Ein- oder Umsteigen. Oder sie steuern die Kreisstadt an, um in Siegburg ihrer Arbeit nachzugehen. Siegburg ist nach den neusten Daten von IT.NRW weiterhin eine der großen Einpendlerstädte in der Region. Die absoluten Hochburgen bleiben in dieser Hinsicht Köln und Bonn.

Bahnhof Siegburg, Gleis 1. Von dort aus fahren die S-Bahnen 12 und 19 und der Regionalexpress 9 in Richtung Köln. Iris Behr legt diese Distanz täglich zurück: Sie pendelt von Siegburg zu ihrer Arbeitsstelle in der Verwaltung der Industrie- und Handeslkammer (IHK) nach Köln. Rund zwei Stunden ist sie täglich unterwegs, Hin- und Rückweg zusammengerechnet. Für öffentliche Verkehrsmittel hat sie sich bewusst entschieden: „Es ist angenehm, morgens in den warmen Zug zu steigen und Zeitung zu lesen. Mit dem Auto steht man meist im Stau und bekommt keinen Parkplatz.“

Ärgerlich sei es nur, wenn die Bahn ausfällt oder zu voll ist. Damit hat sich die 55-Jährige nach 34 Jahren Pendler-Erfahrung abgefunden. Auf dem Rückweg versucht sie, die besonders vollen Bahnen zu vermeiden. Denn auch Nachbarstädte wie Troisdorf und Hennef haben starke Pendlerbeziehungen nach Köln, wie die Daten von IT.NRW belegen. Da kann es sich in den Zügen zur Hauptverkehrszeit schnell knubbeln.

Voll ist es am Morgen auch am Stadtbahngleis in Richtung Bonn. 131.295 Menschen pendeln täglich in die Bundesstadt ein, während nur 53.979 auspendeln. Die Straßenbahn 66 ist um 7.25 Uhr proppenvoll: Alle Plätze sind belegt, viele Menschen stehen in den Gängen. Die 27-jährige Mariegona Merovci fährt seit Juni täglich mit der Bahn nach Bonn zum Friseursalon, in dem sie arbeitet. Die Siegburgerin fühlt sich unwohl in der Bahn: „Mir sind hier zu viele Menschen.“ Daran musste sie sich erst einmal gewöhnen. Ihre frühere Arbeitsstelle in Siegburg erreichte sie binnen zehn Minuten zu Fuß.

Die meisten Menschen, die nach Bonn einpendeln, kommen aus Köln (rund 14.500). Innerhalb des Rhein-Sieg-Kreises hat Sankt Augustin die Nase vorn. Von dort fahren täglich 7375 Menschen in die nahe gelegene Bundesstadt; viele Bonn-Pendler haben auch die Städte Bornheim (6445) und Königswinter (6391) sowie die Gemeinde Alfter (5857).

IT.NRW verrechnet in seiner Statistik die Einwohnerzahl mit den Pendlern; Ergebnis ist die sogenannte Tagesbevölkerung. Im Kreis ist das von Handel, Dienstleistung und Verwaltung geprägte Siegburg ist eine Stadt, die tagsüber am stärksten wächst: Es pendeln fast 20.000 Menschen ein, während 14.460 auspendeln. Dementsprechend überragt die Tagesbevölkerung (45.600) die Einwohnerzahl von 40.000. Die größte Stadt im Kreis, Troisdorf, verzeichnet ein leichtes Plus: Rund 26.000 Menschen pendeln täglich ein, 25.000 sind auswärts tätig. Meckenheim hat als linksrheinischer Gewerbestandort ebenfalls mehr Ein- als Auspendler, jedoch ist die Differenz dort minimal.

Mehr Aus- als Einpendler weisen auch Sankt Augustin und Hennef auf. Groß ist die Kluft in Niederkassel, wo lediglich 4022 Menschen einpendeln, aber 15.120 andernorts ihrer Arbeit nachgehen. Dadurch „schrumpft“ die Tagesbevölkerung von rund 37.000 auf 26.000 Einwohner. Noch markanter ist das Gefälle in Alfter: In der linksrheinischen Kommune pendeln 2700 Menschen ein und 10.400 aus – das sind rund 83 Prozent der Erwebstätigen. Ein Spitzenwert in NRW.

Alle Daten auf einer interaktiven Karte unter www.pendleratlas.nrw.de

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