Das Siegburger Rathaus Sanierung oder Neubau?

SIEGBURG · Mit Blick auf das Siegburger Rathaus sehnt manch einer die Abrissbirne herbei. Es ist ein unfreundlicher Waschbetonklotz, der in 48 Jahren nie grundlegend saniert wurde und heruntergekommen ist. Fangzäune schützen Passanten vor Fassadenteilen, die womöglich abstürzen könnten. Also: abreißen, neu bauen? So einfach ist es nicht.

Der Lübecker Architekt Klaus H. Petersen setzt sich im Auftrag der Stadt mit der Zukunft des Rathauses auseinander. Am Montag stellte er den ersten Teil seiner Studie im Bau- und Sanierungsausschuss vor. Neben Abriss und Neubau am selben Standort kommt auch eine Sanierung in Frage; ebenso der Neubau an anderer Stelle, aber auch der Umzug in bestehende Gebäude.

Am Montag ging es noch nicht um die Wirtschaftlichkeit oder um Fragen wie Brandschutz oder Energieverbrauch. Petersen, Experte für Verwaltungsbauten der 60er und 70er Jahre, konzentrierte sich zunächst auf Kapazität und Platzverhältnisse. Er legte als künftigen Bedarf eine Nettofläche von insgesamt 6300 Quadratmetern zugrunde (brutto 10 700 Quadratmeter). Eine Aufteilung der Verwaltung über die Stadt ist dabei jedoch kein Thema. Eine Übersicht der Varianten, die im Gespräch sind:

Renovierung des Rathauses: Aus Alt mach Neu – schon der Siegburger Architekt Kay Jensen hatte in einer ersten Voruntersuchung herausgearbeitet, dass bei einer Renovierung des Rathauses kaum mehr als das Betongerippe stehen bleiben würde. Zu sehr sind die einzelnen Bauteile miteinander verwoben. Petersen näherte sich dem Bau – ein Frühwerk des renommierten Kölner Architekten Peter Busmann – durchaus mit Respekt. „Typologisch ist es ein Kind seiner Zeit.“ Bei aller Strenge des Baus gibt es auch architektonische Details, die Petersen herausstellte – etwa den Innenhof oder die Form des Ratssaals. Und: „Es ist ein tradierter, gut erreichbarer Standort.“

Das Platzangebot am alten Standort soll in Zukunft ausreichen, wenn auch nur unter bestimmten Bedingungen: Petersen hat in seine Rechnung das halb offene, ausbaufähige Untergeschoss (dort wird jetzt geparkt) sowie eine Aufstockung auf dem Dach einbezogen; ebenso die Standorte der Verwaltung nebenan an der Ringstraße.

Dort sind das Jugend- und das Sozialamt untergebracht. Auch brachte der Architekt bei allen Varianten die Auslagerung des Stadtarchivs ins Spiel. Wird das Bestandsgebäude verändert, greift allerdings der Urheberschutz: Veränderungen müssen dann mit dem Architekten Busmann abgestimmt werden. Genau das erwartet der Erbauer auch, wie er 2014 in einem GA-Interview kundgetan hat. Im Falle eines Abrisses müsste er nicht mehr hinzugezogen werden. „Wenn Busmann am Ende nicht zustimmt, müssen wir abreißen“, fasste CDU-Fraktionschef Jürgen Becker am Montag zusammen.

Die einzige Fraktion, die sich schon für den Erhalt des Rathauses ausgesprochen hat, sind indes die Grünen – sofern es wirtschaftlich vertretbar sei, schränkte Hans Werner Müller ein.

Neubau am selben Ort: Würde das Rathaus an selber Stelle neu entstehen, würde er es stärker an die Struktur des Nogenter Platzes anpassen, sagte Petersen. Denn die dort befindlichen Geschäftszeilen gab es in den 60er Jahren noch nicht. Ein Nachteil dieser Variante: Wenn das Rathaus an selber Stelle neu errichtet wird, würde die Verwaltung für die Zeit des Neubaus Ausweichquartiere benötigen. Das verursacht Kosten.

Neubau an anderer Stelle: Auf große Aufmerksamkeit stießen im Ausschuss mögliche Alternativ-Standorte. Einer liegt direkt in der Nachbarschaft des Rathauses auf dem sogenannten Allianzparkplatz. Dort war vor Jahren das ECE-Einkaufszentrum geplant, das per Bürgerentscheid gekippt wurde. Petersen zufolge beträgt die Grundfläche 2250 Quadratmeter, wodurch ein Rathaus-Neubau an dieser Stelle sechs Stockwerke haben müsste.

Becker verband mit dieser Lösung die Hoffnung, dass das wenig ansehnliche Areal zwischen Hotel Stern, dem ehemaligen Möbelhaus Duve und der Rückseite der Kaiserstraße städtebaulich aufgewertet werden könnte. Für diese Fläche werde sich nach dem Scheitern des ECE ansonsten kein Investor mehr finden, sagte er. Auch die Vertreter von FDP und Alfa zeigten sich an dieser Lösung – gegebenenfalls mit einer Kombination Rathaus/Geschäfte – interessiert. Als ungeklärt gilt aber noch die Frage der Zufahrt.

Als weiterer Neubau-Standort hat Petersen den Platz neben dem Facharztzentrum untersucht. Dort stehen zwar nur 1800 Quadratmeter Fläche zur Verfügung, aber es gibt bereits eine zweigeschossige Tiefgarage. Ein Neubau an dieser Stelle hätte neun Geschosse, was Petersen mit Blick auf die Umgebung für vertretbar hält.

Vergleichsweise exotisch mutete der Standort an, den Petersens Büro auf einem Grundstücksstreifen an der Bachstraße neben der Rhein-Sieg-Halle untersucht hat. „Wir haben uns erst gar nicht an diese Fläche herangetraut“, erzählte der Experte. Weil das Grundstück sehr schmal ist, müsste das Gebäude zehn Stockwerke in die Höhe ragen. Das sorgte im Ausschuss für Stirnrunzeln, dennoch soll diese Variante im Spiel bleiben. „Wir sollten keine Variante ausschließen, sondern alles durchdenken“, sagte Bürgermeister Franz Huhn.

Als weitere Standorte sollen auf Anregung der SPD nun auch das Haufeld und die Überbauung des Busbahnhofs neben dem Kino geprüft werden. Der Busbahnhof ist in Besitz der Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft (RSVG).

Umzug in bestehende Gebäude: Ist das leerstehende ehemalige Verwaltungsgebäude des Verbandes der Angestellten-Krankenkassen (VdAK) an der Wilhelm-Oswald-Straße eine Option? Erbaut wurde es zwischen 1975 und 1998 in drei Abschnitten. Der Querschnitt beträgt satte 105 Meter. „Ein ganz anständiges Gebäude“, lautete Petersens Einschätzung. Aber: Was für einen Verband gebaut wurde, muss nicht unbedingt zu einer Verwaltung mit viel Publikumsverkehr passen. So war die Chefetage klassischerweise relativ abgeschottet ganz oben. Neben der Raumaufteilung sei auch der Brandschutz überarbeitungsbedürftig, so Petersen.

Der Ausschuss beauftragte Planer Petersen, alle Standorte weiter im Detail zu prüfen. Wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen, sollen die Bürger – ähnlich wie bei der Neugestaltung des Michaelsbergs – in Foren einbezogen werden.

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