Dokumentation im Siegburger Kreishaus Ruth und Arthur Seligmann: Rassismus gehörte zum Alltag

SIEGBURG · Im Siegburger Kreishaus eröffnet heute eine Ausstellung, die vom Evangelischen Kirchenkreis Altenkirchen konzipiert und seitens des Kreisarchivs unterstützt wurde. Auf verschiedenen Tafeln und in einem Film wird die Lebensgeschichte des jüdischen Geschwisterpaares Ruth und Arthur Seligmann gezeigt. "Ein Gesicht" bekommen die Kinder durch Erinnerungen von Zeitzeugen.

 Die Geschwister Seligmann als Kinder.

Die Geschwister Seligmann als Kinder.

Foto: Holger Arndt

Bis zur Terrorherrschaft ab 1933 verbrachte das Geschwisterpaar mit seinen Eltern Willy und Johanna Seligmann ein unbeschwertes Leben in Rosbach. Auf Tafeln kann der Leidensweg von Ruth und Arthur verfolgt werden, der beim ersten staatlich verordneten Mobbing beginnt. Sie zeigen die damalige Schulsituation und Freizeit der beiden auf und dokumentieren, wie sie allmählich zu Randfiguren wurden. So wird unter anderem Käthe Heuser, deren Familie eng mit den Seligmanns befreundet war, mit dem Satz zitiert: "Dann merkten wir, wie die Familie Seligmann von den Dorfbewohnern auch nicht mehr gegrüßt wurde und somit auch irgendwie abgesondert war." Als besonders schlimm empfand sie zur damaligen Zeit die Verbannung der Juden aus öffentlichen Räumen.

Ein Schild in einem Lokal hat die Zeitzeugin nie vergessen. Darauf stand: "Juden und Hunde sind hier unerwünscht." Ein erster trauriger Höhepunkt war die Aussage eines Lehrers, den Heuser als "bösartigen Nationalsozialisten" bezeichnet. Der sagte zu den Kindern: "Ihr seid die Schande unserer Schule." Mit diesem Satz als Mahnung ist auch die Präsentation betitelt. Ausschlaggebend für die Beleidigung war das Verbot für die Schule, die Hitlerjugend-Fahne zu hissen, weil einige jüdische Kinder oder solche, die aus religiösen Gründen nicht an Hitlerjugend-Spielen oder Heimabenden teilnehmen durften, an den betreffenden Samstagen den Unterricht des ersten bis vierten Schuljahrs besuchen mussten, während alle anderen frei hatten.

Die verschiedenen Displays beschreiben die Pogromnacht in Rosbach, den Umzug der Familie Seligmann nach Köln und ihre Deportation nach Riga bis zu ihrer Ermordung. Ruth wurde wahrscheinlich nur 13 oder 14 Jahre alt, ihr Bruder Arthur erlebte wohl noch die Befreiung Rigas durch die russische Armee im Oktober 1944, starb aber bald darauf im Alter von 24 Jahren an Ruhr oder Typhus.

Die Ausstellung beschränkt sich nicht auf die bloße Darstellung der Judenverfolgung, so die Leiterin des Kreisarchivs, Claudia Arndt. Denn Mobbing, Zivilcourage und Rassismus seien heute wieder aktuelle Themen.

Daher soll die Schau beim Betrachter auch Fragen auslösen, wie er bei Mobbing handeln würde, wie es ist, ausgestoßen zu sein oder ob man den Mut hat, kein Mitläufer zu sein.

Die Ausstellung

"Ihr seid die Schande unserer Schule": Die Ausstellung ist montags bis freitags noch bis 23. Mai im Foyer des Siegburger Kreishauses zu sehen. Der Eintritt ist frei. Im Rahmen der Ausstellung werden Führungen und verschiedene Projekte sowie ein Zeitzeugengespräch mit Käthe Heuser nach Anmeldung angeboten.

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