Klage gegen den Rhein-Sieg-Kreis Rentenversicherung fordert Amtshilfe bei Behandlung von Suchtkranken

RHEIN-SIEG-KREIS · Der Streit um die Kostenübernahme für Sozialberichte bei Suchtkranken zwischen der Deutschen Rentenversicherung (DRV) und dem Rhein-Sieg-Kreis hat eine neue Dimension erreicht. Die Deutsche Rentenversicherung Rheinland hat Klage gegen die Bezirksregierung Köln und somit auch indirekt gegen den Kreis eingereicht. Sie fordert Unterstützung bei der Erstellung der Sozialberichte per Amtshilfe.

 Raus aus der Sucht - dabei sollen Sozialberichte helfen. Kreis und DRV streiten über die Kosten.

Raus aus der Sucht - dabei sollen Sozialberichte helfen. Kreis und DRV streiten über die Kosten.

Foto: dpa

"Derzeit ist ein Klageverfahren gegen die Bezirksregierung Köln anhängig. Darin wird geklärt, ob die Bezirksregierung den Rhein-Sieg-Kreis verpflichten muss, die dort vorliegenden Unterlagen örtlicher Suchtberatungsstellen der Rentenversicherung im Wege der Amtshilfe zur Verfügung zu stellen", bestätigt Jochen Müller, Sprecher der DRV Rheinland, auf GA-Nachfrage.

Wie berichtet, übernimmt der Rhein-Sieg-Kreis seit Mitte 2012 nicht mehr die Kosten für die Erstellung der Sozialberichte für Suchtkranke. Seit März dieses Jahres verzichtet die Rentenversicherung, die Therapien für die Suchtkranken genehmigen und bezahlen muss, auf diese Berichte und verlangt von den Beratungsstellen der Diakonie oder der Caritas nur noch eine kurze Stellungnahme.

Beklagten die Suchtberatungsstellen im Frühjahr noch diese Vorgehensweise, hat sich die Kritik bei der Diakonie mittlerweile etwas gelegt. "Unsere Klienten erfahren keinen großen Nachteil", sagt Christoph Wolf, Leiter der Diakonie-Suchthilfe. Suchtkranke erhielten in der Regel aufgrund der Kurzstellungnahme eine Therapie vermittelt.

Anders sieht es Hartmut Pöplau, Bereichsleiter Familie und Gesundheit im Caritasverband Rhein-Sieg: "Wir hängen nach wie vor in der Luft, es gibt keine ideale Lösung, und wir haben nicht selten Probleme mit der Rentenversicherung bei der Vermittlung unserer Klienten." Die DRV will Amtshilfe einklagen, um dadurch langfristig die Sozialberichte zu umgehen.

Vom Kreis will sie aber einen Einblick in die Unterlagen der Suchtberatungsstellen und damit genauso viele Informationen wie in den Sozialberichten - allerdings ohne dafür zu bezahlen. Die Arbeit der Suchtberater von Diakonie und Caritas werden so weiter vom Kreis gezahlt. "Für uns hat sich die rechtliche Situation bis heute nicht geändert", sagt Dirk Kassel, Sprecher des Rhein-Sieg-Kreises. Heißt: Es gibt keine zusätzlichen Informationen ohne Kostenübernahme.

Im Zuge des Klageverfahrens soll nun auch geklärt werden, welche Pflichten sowohl Kreis als auch DRV in diesem Zusammenhang zu erfüllen haben und wer die Kosten tragen muss. "Wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist, kann derzeit noch nicht eingeschätzt werden", sagt Müller. Fest steht: Es wird eine Entscheidung, die deutschlandweit für Aufsehen sorgen könnte. Denn der Rhein-Sieg-Kreis ist der erste Kreis, der die Kostenübernahme für die Sozialberichte ablehnt und diese der Rentenversicherung als Berichtempfänger übertragen will. 40 000 Euro betragen die Kosten im Jahr - Geld, das der Kreis in andere Therapieprojekte stecken will.

Bis das Verfahren beendet wird, so versichern beide Kontrahenten, werden die Suchtkranken keine Nachteile erleiden. Wie gereizt das Klima zwischen Kreis und DRV ist, zeigt das abschließende Statement der DRV Rheinland: "Bis zum Abschluss des Gerichtsverfahrens stellen wir weiterhin sicher, dass unsere Versicherten durch die Praxis des Rhein-Sieg-Kreises keine Nachteile erleiden."

Sozialberichte für Suchtkranke

Ein Sozialbericht ist ein Gutachten für den Kostenträger der beantragten Rehamaßnahme, das Informationen über den Verlauf der Sucht, die soziale Einbindung des Abhängigen sowie Vorschläge für die Wahl einer geeigneten Therapieeinrichtung enthält. In Beratungsgesprächen entwickeln die Mitarbeiter in den Suchtberatungsstellen ein komplexes Persönlichkeitsbild. Umfasst der Sozialbericht im Normalfall mehrere Seiten, so verlangt die Rentenversicherung seit März dieses Jahres nur noch eine kurze Stellungnahme. Durch das fehlende Persönlichkeitsbild entfällt auch die Vorbereitung für den Therapeuten.

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