Gerd Schneider in Siegburg Regisseur spricht im Cineplex über seinen Film "Verfehlung"

SIEGBURG · Gerd Schneider sprach in Siegburg über seinen Film "Verfehlung". Dieser behandelt den sexuellen Missbrauch in der Kirche.

 Korpsgeist und Vertuschung: Gerd Schneider im Siegburger Cineplex.

Korpsgeist und Vertuschung: Gerd Schneider im Siegburger Cineplex.

Foto: Paul Kieras

Mucksmäuschenstill war es im voll besetzten Kinosaal des Cineplex am Donnerstagabend. Kein Geräusch war zu hören, kein Rascheln von Chipstüten, kein Räuspern oder Tuscheln. Selbst beim minutenlangen Abspann herrschte Stille, das Publikum war wie gebannt. Grund dafür war der Film "Verfehlung" des Regisseurs Gerd Schneider zum Thema "Sexueller Missbrauch" in der Katholischen Kirche, zu dessen Vorführung der Dekanatsrat des Dekanates Siegburg/ Sankt Augustin (mit Lohmar) eingeladen hatte.

Schonungslose Aufdeckung

Schneider, selbst früher Theologiestudent und Priesteranwärter, deckt mit seinem Erstlingswerk schonungslos auf, wie der Klerus mit "kleinen Fehltritten" seiner Priester umgeht. Dabei geht der Filmemacher hart mit der Kirche ins Gericht. Im Mittelpunkt der fiktiven - aber wirklichkeitsnahen - Geschichte stehen drei Pfarrer, zugleich beste Freunde. Als einer von ihnen, Dominik, in den Verdacht gerät, einen Jungen "berührt" zu haben, gerät die Männerfreundschaft ins Wanken.

Während Oliver, Duckmäuser und gefügiges Rad im Getriebe, darauf besteht, Dominik sei das "Opfer einer Falschbeschuldigung" und das Ganze unter den Teppich kehren möchte, lässt der ungeheure Verdacht dem Gefängnisseelsorger Jakob keine Ruhe. Er beginnt, Nachforschungen anzustellen und findet heraus, dass sich der gute Freund seit Jahren systematisch an Kindern vergangen hat.

"Eine Kirche ist wie eine Mutter, und eine Mutter schlägt man nicht."

Als Jakob dem Kardinal nach langen Gewissenskonflikten seine Erkenntnisse berichtet, bekommt er von dem die erschütternde Antwort: "Eine Kirche ist wie eine Mutter, und eine Mutter schlägt man nicht." Jakob beschließt, sich nicht länger dem "Korpsgeist" der Kirche zu unterwerfen, der eindrucksvoll mit einer Priesterweihe visualisiert wird, bei der die künftigen Priester als Zeichen der Demut ausgestreckt, niedergeworfen auf der Erde liegen. Jakob beschließt, die Staatsanwaltschaft einzuschalten.

Der Film ist düster gehalten, kommt aber ohne reißerische Szenen aus. Die Handlung erzielt allein mit ihren Dialogen und Monologen eine fesselnde Wirkung. Schneider geht es in seinem Film nach eigener Aussage nicht darum, "die Rolle des Täters oder Opfers, sondern die des Zeugen zu beleuchten". Er möchte den Zuschauer zum Nachdenken darüber bewegen, "wie er selbst reagieren würde", erklärte Schneider, der bei der Filmvorführung in Siegburg anwesend war und anschließen an einer Diskussion teilnahm.

Er wies auch darauf hin, dass "Vertuschung" kein spezielles Problem der Kirche, sondern in allen Institutionen anzutreffen sei, wo dieser Korpsgeist herrsche. Je weiter es in einer solchen Hierarchie nach oben gehe, umso größer sei das Bestreben, etwas tot zu schweigen. "Die Mechanismen sind überall die gleichen", so der Regisseur, der von der ersten Idee bis zum finalen Schnitt acht Jahre mit dem Film beschäftigt war.

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