Kindergartenbeiträge in Siegburg Protest vor dem Rathaus

SIEGBURG · Um die Kindergartenbeiträge in Siegburg soll es im Jugendhilfeausschuss am Dienstag gehen. Im Zuge der Haushaltskonsolidierung werden unter anderem höhere Beiträge für die 35-Stunden-Betreuung, neue Beitragsstufen oberhalb der bisherigen Grenze von 62.000 Euro sowie die Streichung der Geschwisterkindbefreiung beraten.

 Kindergartenkinder in Siegburg: Für ihre Eltern könnte es künftig teurer werden.

Kindergartenkinder in Siegburg: Für ihre Eltern könnte es künftig teurer werden.

Foto: Arndt

Gelten würden Neuregelungen, die der Rat am Donnerstag beschließen könnte, bereits ab dem 1. Januar.

Gegen die aus der Ergänzungsvorlage zum Ausschuss hervorgehenden Optionen formiert sich Widerstand. Axel Starke, Vater eines zweijährigen Sohnes, hat mit weiteren Eltern von Kitakindern eine Online-Petition gegen die Abschaffung der Geschwisterkindbefreiung ins Leben gerufen, die bis gestern Abend rund 850 Unterstützer unterzeichnet hatten. "Die Stadt Siegburg versucht ihre aktuelle Finanzierungslücke ... durch massive Einschnitte im sozialen Umfeld zu refinanzieren", heißt es in der Petitionsbegründung.

In der Ausschussvorlage, die vom 9. Dezember datiert, wird eine mögliche Steigerung der Beiträge für die 35-Stunden-Betreuung damit begründet, dass hier aktuell eine "Schieflage" bestehe: Die Unterschiede zur 25-Stunden-Betreuung liegen bislang bei zwei bis fünf Euro. Das führe "vermutlich dazu, dass ein Großteil der Eltern (...) 35-Stunden-Plätze bucht, obwohl der eigentliche Betreuungsaufwand möglicherweise auch mit 25 Stunden zu decken wäre."

Die damit verbundenen "privaten Freiheiten" seien "quasi zum Nulltarif zuzubuchen", weshalb nun die Beiträge für die 35-Stunden-Betreuung eine "gemittelte Anpassung" erfahren, also im Verhältnis der Stundenkontingente gestaffelt werden könnten.

Als "Hohn in Richtung aller Elternpaare, die versuchen, gleichberechtigt zum Familieneinkommen beizutragen" empfindet das die Siegburgerin Kerstin May, die sich mit einem Brief an Bürgermeister Franz Huhn und die Fraktionsvorsitzenden von CDU und FDP, Jürgen Becker und Jürgen Peter, gewandt hat. Wer als Mutter in ein reguläres Arbeitsverhältnis zurück wolle, brauche meist mindestens eine 35-Stunden-Betreuung.

In Kombination mit den weiteren vorgeschlagenen Maßnahmen ergäben die Vorschläge für Familien "eine unerträgliche finanzielle Mehrbelastung". Till Becke schreibt dem General-Anzeiger sogar: "Spitz gerechnet, müssten manche Eltern aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten sogar die gerade aufgenommenen Arbeitsstellen wieder fallenlassen."

Diskutiert wird heute Abend auch die Einführung neuer Beitragsgrenzen. Bisher war die Einkommens-Obergrenze auf mehr als 62.000 Euro gesetzt, vorgeschlagen werden nun weitere Staffelungen bis 75.000 Euro, bis 87.000 Euro, bis 100.000 Euro und über 100.000 Euro. Dies soll zu einer "höheren Beitragsgerechtigkeit" führen.

Durch die bisherige Geschwisterkindbefreiung "verzichte" die Stadt auf 144.000 Euro an Mehreinnahmen, weshalb zu klären sei, in welchem Umfang diese verändert werden solle. Denkbar sei, für die Geschwisterkinder einen prozentualen Anteil zu veranschlagen, in der Diskussion ist derzeit ein Drittel des Normalbeitrags. Mehrere Eltern haben Rechenbeispiele vorgelegt, die die mögliche Mehrbelastung ab Januar deutlich machen sollen.

So könnte laut Daniel Hürter und Mario Kablau etwa eine vierköpfige Familie mit insgesamt 100.000 Euro Bruttoeinkommen die ein Kind unter sowie ein Kind über drei Jahren 35 Stunden in der Kita betreuen lässt, künftig fast 400 Euro monatlich mehr bezahlen. "Für eine Familie mit drei Kindern im Kindergartenalter können bis zu 970 Euro im Monat an Kitagebühren anfallen", schreibt Viola Tiemann. Aber auch Geringverdiener mit mehreren Kindern müssten kräftig draufzahlen.

Thomas Casper vom Vorstand der Kita Pänzhuus schlägt vor, alle Beiträge prozentual zu steigern und mahnt großzügigere Übergangsfristen an. Wie einige andere Eltern weist er darauf hin, dass die CDU vor der Kommunalwahl Werbung damit gemacht habe, dass Kindergartenbeiträge in Siegburg niedrig und die Geschwisterkindbefreiung erhalten bleiben solle. "Dieses Programm haben viele Bürger gewählt", sagt Casper, "zum damaligen Zeitpunkt müssen die verantwortlichen Personen von der Schieflage des Siegburger Haushaltes bereits gewusst haben - dies kommt einer klaren Lüge gleich."

Axel Starke betont, dass die Siegburger Eltern durchaus bereit seien, Einschnitte hinzunehmen. "Aber es muss im Rahmen bleiben, und wir müssen zumindest die Möglichkeit erhalten, uns selbst zu äußern." Deshalb wollen die Eltern das Ergebnis ihrer Petition dem Bürgermeister zur Kenntnis geben und haben für heute um 18 Uhr eine Demonstration auf dem Nogenter Platz vor dem Rathaus organisiert.

Der Jugendhilfeausschuss tagt ab 19 Uhr im großen Sitzungssaal des Siegburger Rathauses.

Das sagen die Fraktionen

Was halten die Ratsfraktionen von den möglichen Neuerungen bei den Kindergartenbeiträgen?

  • CDU/FDP: Die Koalition hält die Pläne für "sozial ausgewogen", wie CDU-Fraktionschef Jürgen Becker sagte. Die geplanten Änderungen beträfen nur ein Viertel der Kitakinder und eine "kleine Anzahl" von Geschwisterkindern.
  • SPD: Fraktionsvorsitzender Frank Sauerzweig sieht in dem Plan, weitere Einkommensstaffelungen oberhalb von 62 000 Euro einzuführen, eine Bestätigung der SPD-Politik: "Das haben wir schon vor Jahren erstmals gefordert", sagte er dem GA. Die Einführung solle jedoch, so beantragen es die Sozialdemokraten, erst zum Beginn des neuen Kindergartenjahres am 1. August in Kraft treten. Eine Streichung der bisherigen Geschwisterkindregelung lehnen die Sozialdemokraten strikt ab.
  • Grüne: Die Grünen sehen durch die Vorschläge vor allem junge Familien "über Gebühr" belastet, so Fraktionsgeschäftsführer Hans-Werner Müller. Eine weitere Beitragsstufe oberhalb von 75 000 Euro reicht aus Sicht der Grünen aus, sie machen sich für eine lineare statt einer exponentiellen Steigerung stark.
  • Linke: Die Linke will die Beitragsfreiheit für Geschwisterkinder beibehalten. Die Einziehung neuer Gehaltsobergrenzen befürwortet sie, so Fraktionsvorsitzender Michael Otter: "Wer mehr Geld verdient, kann sich auch stärker beteiligen."
  • AfD: Die AfD lehnt laut ihrem Fraktionschef Ralph Wesse "sämtliche gegen Zukunft gerichteten Maßnahmen ab", Familien müssten entlastet werden.
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