Junge Symphonie Siegburg Orchester gibt erstes Konzert unter neuer Leiterin Ulrike Ubber

SIEGBURG · Es ist die vorletzte Probe vor dem großen Auftritt am Samstagnachmittag, und doch ist die Anspannung bereits zwei Tage vor der Orchester-Premiere unter neuer Leitung deutlich spürbar.

 Freundlich, aber bestimmt führt Ulrike Ubber ihre Musiker in die gewünschte Richtung.

Freundlich, aber bestimmt führt Ulrike Ubber ihre Musiker in die gewünschte Richtung.

Foto: Holger Arndt

"Wir wiederholen ab Takt 26", gibt Ulrike Ubber vor. "Und denkt bitte an die stärkere Betonung." Freundlich, aber bestimmt ist der Ton der Orchesterleiterin, die sich fast unmerklich in sportlich-engen Jeans und braunen Boots unter die Jugendlichen ihres Orchester gemischt hat.

Und ihre "Crew" zieht mit, konzentriert, motiviert und gestaltungswillig. Nach zwei Wiederholungen sitzen die Akzente wie gewünscht. Und Nachfragen der Musiker an die Leiterin verstärken den Team-Charakter. Hier stellt sich nicht die neue Leiterin ins Rampenlicht, sondern ein neues Orchester. Und das will sein Ding schlichtweg gut machen. Händels "Concertino für Trompete und Orchester" gehört ins Programm. Bei den Proben fließen die Töne elegant daher, in jenem geschmeidigen, konzertanten Wechselspiel zwischen Solist und Orchester.

Doch die Stuhlreihen der Aula des Gymnasiums Alleestraße sind noch leer. Wo bei den Proben aufgeklappte Geigenkästen, leere Notenmappen und jede Menge Rucksäcke achtlos verteilt über den Stühlen hängen, feiert die Junge Symphonie Siegburg am Samstag ab 16 Uhr Premiere unter neuer Leitung. Und Musikschulleiter Hans Peter Herkenhöhner kann sich wohl keinen besseren Festakt wünschen, als einen solchen runden Musikschulgeburtstag mit einem "Familienkonzert" seines Orchesters aus den eigenen Reihen zu begehen.

Das Schüler-Ensemble wurde 1998 durch den ehemaligen Musikschulleiter Jost Nickel gegründet und bis 2012 von seiner Frau Ursula Keusen-Nickel geleitet. Mit Orchesterleiterin Ulrike Ubber geht die Gruppe nun in eine neue Ära.

Seit April probt die gebürtige Betzdorferin, die seit 2000 mit ihrer Familie in Siegburg lebt, mit der Jungen Symphonie. Die Besetzung hat sie als Musiklehrerin und Orchesterleiterin des Kammerorchesters am Gymnasium Alleestraße aus den Schülerreihen gut aufstocken können und auch etliche Lehrer der Musikschule ins Orchester ziehen können. Von der Piccoloflöte bis zur Harfe ist alles dabei, insgesamt 19 verschiedene Instrumente finden sich in der Jungen Symphonie, und Theaterleiter René Böttcher steht den Musikern zudem als Profi-Sprecher bei "Peter und der Wolf" zu Seite - die Altersstrukturen sind fließend.

Berührungsängste sind nicht erwünscht, weder bei den Proben noch bei den Auftritten. So gibt es heute Nachmittag für die Kinder und Jugendlichen im Publikum ein Ratequiz. Dazu will die Musikpädagogin die Jüngsten auf die Bühne holen. Im Orchester stöbern ist dann erlaubt, und wer nicht älter als 14 Jahre ist, nicht zu einem der Orchestermitglieder gehört und die richtigen Antworten auf Ubbers Fragen parat hat, kann sogar tolle Preise gewinnen - Schnupperstunden und CDs.

Einzige Bedingung: Zuhören, bei allem, was klingt und was Ubber zu den Stücken sagt. Das Programm gibt dazu jede Menge her: Neben dem Händel-Concertino mit Trompeten-Solist Felix Waidelich erklingen zwei anspruchsvolle pädagogische Werke: Prokofieffs "Peter und der Wolf" und Britten's "The Young Person's Guide to the Orchestra".

Damit folgt das "Familienkonzert" dem "Familien-Konzept" der Leiterin, die heute rund 50 Musiker anführt: Schüler und Lehrer, Jugendliche und Erwachsene musizieren hier gemeinsam. Nicht nur im Konzert, auch in den Proben gibt es Pausen. "Die Schüler kommen in der Woche oft direkt aus der Schule ins Orchester. Das ist ihre Freizeit", ist sich Ubber bewusst. "Da ist es mir wichtig, dass die Kinder auch ihren Spaß haben. Sie kommen schließlich freiwillig." Den Spaß werden heute sicherlich nicht nur die Musiker haben - auch das Publikum ist eingeladen, kräftig mitzufeiern und das Familienkonzert als Genuss für die ganze Familie zu erleben. Der Eintritt kostet sieben Euro (ermäßigt fünf Euro, Musikschüler frei.)

Die Musikschule feiert 70-jähriges Bestehen
Die Musikschule ist 70 Jahre alt. Seit 2008 leitet Hans Peter Herkenhöhner die Institution in direkter Nachfolge von Jost Nickel, der die Leitung seit 1978 innehatte und Nachfolger der Gründerin Lisbeth Herkenrath (1942 bis 1974) und Norbert Thomas (bis 1978) war.

Herkenrath gründete die Schule in einer schweren Zeit - mitten im Zweiten Weltkrieg, am 1. Februar 1942 im Rahmen des damaligen Volksbildungswerks. 1946 wurde sie zur städtischen Musikschule, nach der Währungsreform 1948 wurde sie privatisiert und in ein Konservatorium umgewandelt, 1972 dann wieder kommunalisiert, als reine Musikschule im Verband Deutscher Musikschulen.

Seit 1999 ist die Musikschule (neben der Musikwerkstatt und der Freien Konzertreihe) zu einem der Fachbereiche der Engelbert-Humperdinck-Gesellschaft mbH geworden, die 2011 in die Stadtbetriebe Siegburg AöR umgewandelt wurde. Der Stamm von gut 200 Schülern der Anfangstage ist auf rund 1300 expandiert. Die meisten Neuanmeldungen der vergangenen Jahre kommen im Fach Gitarre zustande. Unterrichtet wird die klassische Bandbreite der Instrumente, von A wie Altsaxofon bis Z wie Ziehharmonika.

An fast allen Siegburger Schulen gibt es Schulkooperationen mit der Musikschule, die dort Kinderchöre, Jazzcombos und Rockgruppen betreut.

Die Altersstatistik geht von Zweijährigen in den musikalischen Krabbelkinder-Gruppen bis zu einer 92-Jährigen in der Senioren-Blocklötengruppe. Und wer sich nicht sicher ist, ob er das Instrument seiner Zukunft bereits gefunden hat, der kann in Instrumentenfindungskursen und mit Leihinstrumenten auf die Suche gehen. Hans-Peter Herkenhöhner: "Bei uns kann jeder zu seinem Instrument finden."

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