Kunst in Siegburg Nicht bloß graue Theorie

SIEGBURG · Neuntklässler lernen in aktiver Projektarbeit Josef Beuys erweiterten Kunstbegriff kennen

 Die Schüler und der Künstler Hermann Josef Hack errichten ein "bewohnbares Bild" am Anno-Gymnasium.

Die Schüler und der Künstler Hermann Josef Hack errichten ein "bewohnbares Bild" am Anno-Gymnasium.

Foto: HOLGER ARNDT

Dass Kunst mehr ist als Bilder, Skulpturen und Museum, lernen derzeit Schüler der Klassen neun am Anno-Gymnasium in Siegburg. Im Fach "Filmen-Darstellen-Gestalten" beschäftigen sich die Jugendlichen mit bildender Kunst - und zwar nicht nur theoretisch: Karl-Heinz Löbach vom Jungen Forum Kunst und sein Siegburger Künstlerkollege Hermann Josef Hack kamen für ein Projekt an der Schule vorbei, bei dem die Schüler selbst mit anpacken konnten.

Zusammen mit den Neuntklässlern und ihren Lehrerinnen Juliane Kullmann und Cordula Engel errichtete Hack eines seiner international bekannten "bewohnbaren Bilder", Zelte aus zusammengebundenen Stöcken und von ihm bemalten Planen. Die entsprechen Notunterkünfte in Flüchtlingslagern sind als Protest Hacks auf die weltweiten Flüchtlingsströme aufgrund des Klimawandels zu verstehen.

Hack bezieht die jungen Leute in seine Aktionskunst ein, die dabei nicht nur etwas über ihn und seine Ziele erfahren, sondern außerdem lernen, "dass auch eine Erfahrung oder Gemeinschaftsaktion Kunst sein kann", so Kunstlehrerin Juliane Kullmann.

Dabei sollen sie den erweiterten Kunstbegriff im Sinne Joseph Beuys' kennenlernen, der sich mit Fragen des Humanismus, der Sozialphilosophie und Anthroposophie auseinandersetzte und in den 1970er Jahren ein kreatives Mitgestalten in und an Gesellschaft und Politik forderte.

Für die Anno-Schüler war das Projekt mit den Siegburger Künstlern keine "Trockenübung": Am Freitag kommender Woche fährt die gesamte Truppe mit Hack und Löbach zusammen nach Bonn, wo sie vor dem UN-Gebäude ein Flüchtlingscamp aufbauen wird.

Die auf dem Schulhof errichtete Notbehausung nimmt Hack am Ende des Monats mit nach Lima (Peru), wo er während der UN-Klimakonferenz auf die alarmierende Situation im Klimaschutz aufmerksam machen will.

Katja Schumacher, Marlen Minz und Tanja Dünnwald (alle 14 Jahre) waren begeistert von Hacks "kreativer und individueller Kunst". Sie kannten ihn bis dato nicht, seien aber nun zum Nachdenken angeregt worden. "Ich finde es toll, dass er so auf Probleme aufmerksam macht, dass die Leute darüber stolpern", meinte Tanja.

Das gesamte Projekt ist nach der Zusammenarbeit mit Hack noch nicht beendet. Die Schüler haben alles mit der Kamera festgehalten. Aus dem Material soll ein Film entstehen. "Dazu hat der Siegburger Filmclub schon seine Unterstützung zugesagt", verriet Löbach. Außerdem wird die Dokumentation noch musikalisch von den Schülern unterlegt. Ebenfalls nicht traditionell, sondern mit einem Mix aus Klängen von Alltagsgegenständen, Geräuschen, Instrumenten und Stimmen.

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