Nach Übergriffen an Silvester Mehr Anträge auf kleinen Waffenschein in Bonn und der Region

Rhein-Sieg-Kreis/Bonn · In Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis verzeichnet die Polizei einen drastischen Anstieg an Anträgen für den sogenannten kleinen Waffenschein. Das bestätigten die Bonner Polizei und die Kreispolizeibehörde Rhein-Sieg gestern dem General-Anzeiger.

 Eine Schreckschusspistole haben sich viele angeschafft.

Eine Schreckschusspistole haben sich viele angeschafft.

Foto: dpa-Zentralbild

Allein am Freitag hat die Polizei Bonn bis zum Nachmittag 38 Anträge erhalten, sagte Sprecher Robert Scholten. Laut Scholten sind in Bonn seit dem 1. Januar bereits 35 Scheine erteilt worden und 80 Anträge eingegangen. Bei der Kreispolizei sind es 15 bis 20 Anträge am Tag, sagte Sprecher Burkhard Rick. Demnach dürften es in diesem Jahr geschätzt mindestens 225 sein. Im gesamten Vorjahr waren es 167 Anträge.

Der kleine Waffenschein beinhaltet Schreckschuss-, Gas- und Signalwaffen sowie Luftdruck-, Federdruck- und CO2-Waffen mit Zulassungszeichen. Generell gilt: Man darf diese Waffen auch ohne den Schein kaufen und zu Hause aufbewahren. Zum Tragen in der Öffentlichkeit benötigt man aber eine Berechtigung. Die Nutzung bleibt dennoch untersagt - außer zur Notwehr.

Burkhard Rick sieht die Terroranschläge von Paris sowie die Vorkommnisse in der Silvesternacht in Köln als Ursache. Rick sagte: "Ich kann nur davon abraten, sich durch das Tragen oder Zeigen einer solchen Waffe in Sicherheit zu wiegen. Das kann auch dazu führen, dass die Gegenseite aggressiver reagiert. Und die Polizei erkennt auch nicht immer direkt, ob es eine echte oder eine Schreckschusswaffe ist."

Im Jahr 2014 hatte die Bonner Polizei 111 kleine Waffenscheine erteilt, 2015 waren es 167. "Wir merken spürbar, dass die Leute offensichtlich ein erhöhtes Bedürfnis nach Sicherheit haben", sagte Scholten. Würde die Nachfrage auf dem Niveau bleiben, würde sich hochgerechnet auf das gesamte Jahr und im Vergleich zum Vorjahr die Zahl der Anträge um das Neunfache steigen. Laut Scholten werde jeder vierte Antrag abgelehnt, etwa weil die charakterliche Eignung nicht gegeben sei. Die Bearbeitungszeit betrage aktuell vier bis sechs Wochen.

Rick warnt davor, die Auswirkungen der Waffen zu unterschätzen. "Ein aufgesetzter Schuss - etwa ins Auge - kann tödlich sein." Er selbst habe schon in der Notaufnahme einen Menschen gesehen, der seine Hand nun nicht mehr benutzen kann, weil ein aufgesetzter Schuss aus einer dieser Waffen sie zerstört habe.

Auch der Inhaber eines Waffengeschäfts im Rhein-Sieg-Kreis bestätigt den Trend zu einem vermehrten Interesse der Bevölkerung an Waffen. "Ja, das ist so", sagt der Mann, der namentlich nicht genannt werden möchte. "Die Leute haben ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis, das muss man auch verstehen." Allerdings habe er das schon vor den Anschlägen von Paris im November registriert.

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