Urteil Mann feuerte 75 Schüsse auf das eigene Haus ab

TROISDORF/BONN · Keine Psychose, kein versuchter Mord und auch keine versuchte gefährliche Körperverletzung. Am Ende einer außergewöhnlichen Neuverhandlung wurde ein heute 54 Jahre alter Optikermeister aus Troisdorf am Montag vom Landgericht allein wegen Verstößen gegen das Waffengesetz zu einer zweieinhalbjährigen Freiheitsstrafe verurteilt.

Am Mittag des 2. September 2012 hatte der Angeklagte aus Rache mit mehreren Waffen insgesamt 75 Mal auf sein ehemaliges Haus am Niedersachsenring gefeuert. In dem Mehrparteienhaus waren zu dem Zeitpunkt fünf Personen, von denen glücklicherweise niemand verletzt wurde.

Der Grund für den Rachefeldzug lag in einem Streit des Optikers mit seiner ehemaligen Lebensgefährtin und deren Tochter. Seiner Ex-Freundin hatte der hoch verschuldete Mann das Haus verkauft, damit es nicht zwangsversteigert wird. Doch nach einem Streit war er aus der Wohnung geflogen und die Tochter der Frau war mit ihrem Freund dort eingezogen.

Zwar ging der 54-Jährige erfolgreich gerichtlich gegen seinen Rauswurf vor. Am Ende fehlten ihm allerdings 6000 Euro, die er als Gerichtskostenvorschuss hätte zahlen müssen, um seinen Titel durchzusetzen. Daraufhin lebte er im Keller seines Geschäfts und schmiedete Rachepläne.

Vor Gericht räumte er stets ein, dass er anfangs auch Mordfantasien hatte. Am Tattag sei es ihm jedoch nur darum gegangen, das ihm in seinen Augen unrechtmäßig abgeluchste Haus möglichst stark zu beschädigen.

In einem ersten Prozess vor dem Landgericht im vergangenen Jahr wurde der zunächst wegen versuchten Mordes angeklagte 54-Jährige wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung und Verstoßes gegen das Waffengesetz zu drei Jahren Haft verurteilt. Zudem sahen die Richter eine eingeschränkte Schuldfähigkeit und wiesen den Mann in die Psychiatrie ein. Doch der Bundesgerichtshof hob das Urteil auf, da in den Augen der Bundesrichter nicht ausreichend geprüft wurde, ob nicht sogar eine komplette Schuldunfähigkeit vorlag.

Am Ende des zweiten Prozesses kamen die Richter allerdings zu dem "kuriosen Ergebnis", so der Kammervorsitzende, dass der 54-Jährige für seine Tat voll verantwortlich sei. Er habe den Bewohnern Angst machen, sie aber nicht verletzen wollen. Das vergangene Jahr, in dem der Optiker in der Landesklinik in Essen untergebracht war, hat laut deren Oberarzt gezeigt, dass keine Psychose vorliege. Seine besonderen Charaktereigenschaften würden den Angeklagten zwar vom Durchschnitt der Bevölkerung abheben. Dies sei jedoch nur eine "Persönlichkeitsakzentuierung". Laut Urteil geht keine Gefahr für die Allgemeinheit von dem Optiker aus - zumal das Haus inzwischen verkauft wurde und die Tochter der Ex-Freundin dort nicht mehr lebt.

Gestern verließ der Angeklagte das Gericht auf freiem Fuß. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, wird die verbleibende Reststrafe - 20 Monate und damit zwei Drittel der Strafe hat er in Untersuchungshaft und Psychiatrie bereits verbüßt - voraussichtlich zur Bewährung ausgesetzt.

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