Stadtmuseum Siegburg Lesung mit Passagen aus dem Leben des Gelehrten Schlegel

SIEGBURG · Unter Kollegen galt er als aggressiv, kritisch und im Umgang eher schwierig. Dass er auch eine liebevolle, umsorgende Seite hatte, wussten von August Wilhelm von Schlegel nur wenige. Maria Löbel, seine Haushälterin in Bonn, gehörte dazu. Der aussagekräftige Briefwechsel zwischen dem Professor an der neu gegründeten Uni Bonn und der Angestellten, deren Familie in Siegburg lebte, hat nun der Siegburger Bernstein-Verlag der Brüder Paul und Andreas Remmel herausgegeben.

 Freuen sich auf die Lesung (von links): Ralf Georg Czapla, Paul Remmel, Franca Victoria Schankweiler und Andreas Remmel.

Freuen sich auf die Lesung (von links): Ralf Georg Czapla, Paul Remmel, Franca Victoria Schankweiler und Andreas Remmel.

Foto: Antonia Clausen

Am Dienstag, 6. November, lesen Heidrun Schmandt als Maria und Ralf Georg Czapla als Schlegel Passagen aus dem Leben des ungleichen Duos. Die Veranstaltung im Rahmen der Siegburger Literaturwochen beginnt um 19.30 Uhr im Stadtmuseum, Markt.

"Die Briefe fanden wir durch Zufall in der Bibliothek von Straßburg", sagt Czapla, Professor für Literaturwissenschaft an der Uni Heidelberg. 65 Stück aus den Jahren 1820 bis 1841 sind erhalten geblieben. "Ein Teil der Aufzeichnungen aus der Berliner Zeit Schlegels fiel wohl den Quarantänebestimmungen nach dem Ausbruch der Cholera zum Opfer."

Nichtsdestotrotz versetzten die Schriftstücke Czapla und seine Mitstreiterin Franka Victoria Schankweiler in Erstaunen: "Wer dort spricht, ist ein ganz anderer Schlegel als wir ihn bis dahin kannten." Eingehend erkundet sich der kinderlos gebliebene Mittvierziger immer wieder nach dem Befinden Marias, nach ihrer Familie und erhält fast immer prompte Antwort aus seinem Hause an der Bonner Sandkaule.

"Allerdings in reinstem bönnsch", verriet Schmandt, die aus den Briefen in eben diesem Dialekt lesen wird. Auch das Wohl von Marias Schwester Theresia, die in Siegburg mit Peter Danco verheiratet ist, liegt ihm am Herzen: "Die Angelegenheit Ihres Schwagers habe ich nicht vergessen, sondern schon gehörigen Orts vorgetragen und nachdrücklich empfohlen", schreibt Schlegel im Mai 1827 aus Berlin.

Ob jemals "mehr" zwischen Maria und Schlegel, dem Begründer der Romanistik und Weggefährten Madame de Staëls war, lässt sich aus den Briefen nicht erkennen. "Wohl aber, dass Maria wie auch Schlegels Kutscher Heinrich ihm eine Wahlverwandtschaft waren, die er für sein Wohlbefinden brauchte."

Der Tod Marias stürzte Schlegel in eine schwere Krise. Seine anderen Angestellten - vor allem Heinrich - bedachte der berühmte Gelehrte in seinem Testament derart großzügig, dass diese nach dem Ableben Schlegels zwei Jahre später keine neue Anstellung zu suchen brauchten. Marias Grab von 1843 gibt es nicht mehr.

"Das Grab der Eheleute Danco haben wir jedoch auf dem Siegburger Friedhof an der Johannesstraße wieder entdeckt und es in Stand setzen lassen", so Czapla. Der dafür neu gegründete Arbeitskreis "Alter Friedhof" trifft sich dort am Freitag, 9. November, um 14 Uhr.

Info: Karten für die Lesung mit dem Titel "Meine liebe Marie...", die die Goethe-Gesellschaft Siegburg veranstaltet, kosten zehn Euro und sind im Stadtmuseum erhältlich.

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