Abschied vom Schuldienst Lehrerin aus Leidenschaft

Siegburg · Siegburgs Realschulleiterin Ellen Kaufmann geht zum Schuljahresende in Pension. Ihrer Schule wünscht sie eine schnelle Entscheidung über die Zukunft des Gebäudes, das saniert oder an anderer Stelle neu gebaut werden soll.

 Abschied von ihrer Realschule: Als Pensionärin reist Ellen Kaufmann erst einmal für acht Wochen nach Frankreich.

Abschied von ihrer Realschule: Als Pensionärin reist Ellen Kaufmann erst einmal für acht Wochen nach Frankreich.

Foto: Nadine Quadt

Fast jeder Tag bringt Ellen Kaufmann einen kleinen Abschied. „Jede Klasse verabschiedet sich auf ihre eigene Art“, sagt die Schulleiterin der Alexander-von-Humboldt-Realschule. Davon zeugen selbst gebastelte Geschenke, die in ihrem Büro stehen. Das macht es ihr nicht leichter. Nach 26 Jahren in Siegburg, davon 17 als Schulleiterin, geht die Lehrerin aus Leidenschaft zum Schuljahresende in Pension. Heute gestaltet ihre Schule der 64-Jährigen eine offizielle Abschiedsfeier.

„An meinem ersten Schultag stand für mich fest, dass ich Lehrerin werde“, sagt Kaufmann. Zukunftsweisend sei schon ihre Geburt in Leverkusen gewesen: „In dem Krankenhausgebäude war später eine Realschule untergebracht.“ Wenige Tage vor ihrem letzten Schultag vermittelt die Schulleiterin noch immer diese Begeisterung für ihren Beruf, mit jedem Wort. Ursprünglich hat sie in Köln Französisch, Deutsch und Textilgestaltung studiert, um Gymnasiallehrerin zu werden. „Ich habe mich dann für die Realschule entschieden, um eine Stelle zu bekommen“, berichtet sie. Das sei 1980 nach Ende ihrer Lehramtsanwärterzeit schwer gewesen. Einmal in der Realschule sei der Gedanke an die Sekundarstufe II verflogen. In der Realschule sei die pädagogische Arbeit praxisorientiert und dadurch sehr facettenreich.

Umso mehr bedauert Kaufmann, dass die Schulform an Bedeutung verliert: „Von 17 Realschulen sind im Kreis sind nur noch fünf kommunale und drei private verblieben.“ Auch ihre Schule stand kurz vor dem Aus. Mit dem NRW-Schulfrieden fiel nämlich in Siegburg 2012 die Entscheidung für eine Gesamtschule. „Das waren bange Monate“, erinnert sich Kaufmann. Wie ein Geschenk erschien es ihr daher, als Bürgermeister Franz Huhn ihr kurz vor Weihnachten mitteilte, dass ihre Realschule erhalten bleibt.

Veränderungen gehören zu Kaufmanns Laufbahn

Seither hat sich einiges verändert im Schulzentrum Neuenhof. Die Gesamtschule ist angelaufen, die Hauptschule läuft 2018 aus. Und die Realschule hat die Montessoripädagogik ausgebaut und ist kleiner geworden. 900 Schüler waren es, als Kaufmann im Jahr 2000 Schulleiterin wurde, jetzt sind es 590. Veränderungen gehören zu Kaufmanns Laufbahn. „Alle zwei Jahre kamen neue Aufgabenfelder hinzu“, blickt sie zurück. Von Schulprogramm und Profilierung über individuelle Förderung und Einführung des Ganztag bis hin zu Inklusion und zuletzt Integration von Flüchtlingskindern.

Das Schulleben sei grundsätzlich anders. „Als ich Lehrerin wurde, dümpelte das Schulsystem vor sich, Entfaltungsmöglichkeiten gab es nicht“, so Kaufmann. Erst als sie 1991 von Solingen nach Siegburg wechselte, traf sie auf einen Schulleiter, der ihr Freiheiten ließ. „Ich konnte ausprobieren und gestalten“, sagt sie. Das habe sie immer versucht weiterzugeben. Ihre Zeit als Lehrerin begann mit einem Schicksalsschlag, der ihr zugleich eine der schönsten Erfahrungen brachte. Nach einem schweren Unfall lag sie 1980 lange im Krankenhaus. „Meine Schüler haben mich mit ihrer Zuwendung durch diese schwere Zeit getragen“, sagt Kaufmann. Das sei wie ein Motor gewesen, der ihr den Sinn ihrer Arbeit vermittelt habe. Den hat sie auch vor Augen, wenn sie ehemalige Schüler trifft: „Es ist schön zu sehen, dass man ein Stück in die Zukunft eines Menschen hineingewirkt hat.“ Durch ihr Elternhaus geprägt sei es ihr immer wichtig gewesen, ihren Schülern den europäischen Gedanken zu vermitteln.

Ihrer Schule wünscht sie eine schnelle Entscheidung über die Zukunft des Gebäudes, das saniert oder an anderer Stelle neu gebaut werden soll. „Als ich es das erste Mal betrat, dachte ich, ich bin in einer 70er-Jahre-Fabrik gelandet“, erinnert sich Kaufmann. Mit der Zeit habe sie die Architektur schätzen gelernt – daher hoffe sie, dass das Schulzentrum erhalten bleibt. Ihrer Nachfolgerin wünscht sie genügend Freiraum fürs pädagogische Gestalten. „Mit einem neuen Menschen kommen neue Impulse“, so Kaufmann. Das sei gut. Sie selbst fährt Ende Juli für acht Wochen in ihr Haus in der Normandie. Um zur Ruhe zu kommen, Abstand zu gewinnen und um die neue freie Zeit zu genießen.

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