Krummes Obst und Gemüse Kreishaus in Siegburg rettet 1,7 Tonnen Lebensmittel

Siegburg · Das Betriebsrestaurant im Siegburger Kreishaus verarbeitet Obst und Gemüse, das sonst weggeworfen wird. Im vergangenen Jahr konnten so rund 1,7 Tonnen Lebensmittel gerettet werden. Das Konzept kommt gut an.

 Verformte Paprika oder eine krumme Gurke: Katrin Speer verarbeitet mit ihrem Team im Kreishaus unperfektes Obst und Gemüse.

Verformte Paprika oder eine krumme Gurke: Katrin Speer verarbeitet mit ihrem Team im Kreishaus unperfektes Obst und Gemüse.

Foto: Meike Böschemeyer/MEIKE BOESCHEMEYER

So ein bisschen was Überraschendes hat der Besuch im Restaurant im Kreishaus in Siegburg durchaus. Die wöchentlichen Menüs stehen zwar auf der Speisekarte, die Angebote an der Salatbar beispielsweise wechseln jedoch täglich. Das öffentliche Betriebsrestaurant Auszeit verarbeitet seit dem vergangenen Jahr Obst und Gemüse, das sonst weggeworfen wird. Da weit im Voraus nicht immer abzusehen ist, was der Großhändler liefert, entscheide das Restaurant „spontan über Zusatzangebote“, sagt Betriebsleiterin Katrin Speer. An diesem Mittag liegt beispielsweise Salat aus „krummen Gurken“ in der Auslage. 1679 Kilogramm Obst und Gemüse seien 2019 vor dem Müll gerettet worden, teilt der Betreiber L&D mit.

„Das Thema Nachhaltigkeit ist in aller Munde“, sagt Gebietsleiter Daniel Steinert. Bei der Ausschreibung für 2019 sei das Unternehmen auf Querfeld aufmerksam geworden. Der Großhändler kauft von Bauern Obst und Gemüse, das bei der Ernte aussortiert wird, da es nicht den optischen Vorstellungen des Handels entspricht, und gibt es seinen Großkunden weiter. „Gesagt ist das schnell. Doch durch solche Sachen können wir das Thema umsetzen“, sagt Steinert.

Siegburg ist quasi der Vorreiter. Als erster Betrieb von L&D hat das Auszeit den Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung aufgenommen – mit Erfolg. Die knapp 1,7 Tonnen gerettetes Gemüse in 2019 bedeuten bundesweit den neunten Platz im Ranking von Querfeld in der Kategorie „Küchen mit 250 bis 749 Essen pro Tag“. In Siegburg werden täglich rund 300 Essen ausgegeben. 2019 waren es insgesamt rund 10.000 mehr als im Vorjahr. Welchen Anteil daran das krumme Gemüse hat, sei zwar unklar, Steinert nennt dies jedoch einen „wichtigen Beitrag“.

Rückmeldung durchweg positiv

„Es ist ein toller Erfolg für so einen kleinen Laden“, sagt Steinert. Nach dem guten Start in Siegburg beliefert L&D mittlerweile noch vier weitere Betriebe mit dem Gemüse. Für das Restaurant hat sich die Aktion nach eigenen Angaben ebenfalls gelohnt. Ob Blumenkohl mit Druckstellen, verformte Paprika oder extrem kleine Zitronen: Die Gäste sprächen sie immer wieder auf die nicht alltäglichen Exemplare an, sagt Speer. Mit Infoflyern und Plakaten machen die Verantwortlichen auf die „optischen Besonderheiten“ aufmerksam. Die Rückmeldung sei durchweg positiv. „Die krummen Lebensmittel kommen sehr gut bei den Gästen an“, sagt sie. Diese bestätigen das. „Das ist eine gute Sache“, sagt etwa Rainer Viehof, der regelmäßig im Kreishaus isst. Das Wichtigste stimmt für ihn ebenfalls: „Es schmeckt“, sagt er, meint aber auch: „Das Auge isst ja schon mit. Wenn etwas zubereitet ist, sieht man es ja nicht mehr.“ Frank Grätsch begrüßt die Umsetzung ebenfalls. „Es ist besser als wegschmeißen“, sagt er und meint: „Optik schmeckt man nicht.“

Preislich ändert sich für das Unternehmen durch den Kauf der Lebensmittel, die Bio-Standards entsprechen, kaum etwas. Auch wenn es sich um B-Ware handele, sei es nicht unbedingt günstiger, erklärt Steinert. „Die Verfügbarkeit und die Saison bestimmen den Preis.“ Die Gäste bezahlten dafür ebenfalls weder mehr noch weniger. Alles auf die geretteten Lebensmittel ausrichten kann das Restaurant allerdings nicht. Die Speisepläne müssen frühzeitig erstellt und die Waren entsprechend bestellt werden. „Es wird aufgefüllt mit dem, was Querfeld nicht liefern kann“, sagt Steinert.

Ein Knackpunkt: „Die Waren sind nur ein paar Tage haltbar“, sagt er. Darum würden sie immer frisch zubereitet, ergänzt Speer. Zu Änderungen im Betriebsablauf führt das nicht. „Vielleicht dauert es mal etwas länger beim Schneiden“, sagt Speer. Eines hat sich seit dem vergangenen Jahr allerdings geändert: Es fällt mehr Abfall an, da beispielsweise mehr welke Blätter weggeschnitten werden müssen. Doch dass dadurch der Kompost wächst, ist bei weitem kein Grund, nicht weiter auf das krumme Gemüse zu setzen. L&D kooperiere „auf unbefristete Zeit“ mit Querfeld, sagt Steinert. Und vielleicht – so die Hoffnung – kann die Menge an geretteten Lebensmitteln noch erhöht werden.

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