Minderjährige Flüchtlinge in Siegburg Kinderheim richtet Wohngruppe ein

SIEGBURG · Das Kinderheim Pauline von Mallinckrodt eröffnet eine externe Wohngruppe für acht minderjährige Flüchtlinge. Sie sollen dort Teamarbeit lernen und sich integrieren.

 Im Garten der Wohngruppe feierten die Bewohner zusammen mit zahlreichen Gästen eine Party.

Im Garten der Wohngruppe feierten die Bewohner zusammen mit zahlreichen Gästen eine Party.

Foto: Paul Kieras

Wael hat sich schick gemacht. Im blauen Sakko mit Einstecktuch steht er an der Eingangstür der neuen Außenwohngruppe „MachMut“ des Kinderheims Pauline von Mallinckrodt und begrüßt charmant die Gäste. Der 17-jährige Syrer lebt mit sieben anderen minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen zwischen zwölf und 17 Jahren seit April zusammen im ehemaligen Jugendzentrum der katholischen Kirche an der Kempstraße. Am Freitag feierte die Gruppe eine Eröffnungsparty.

Alle Jungs sind froh, ein vorübergehendes Zuhause gefunden zu haben, denn hinter jedem liegt laut deren Aussage eine wochenlange Flucht aus der Heimat über das Mittelmeer und die sogenannte Balkanroute, bis er endlich Deutschland erreichte. Ohne Begleitung, ganz auf sich gestellt. Wael stammt aus der südsyrischen Provinz Daraa. Im Sommer 2015 beschloss er, auf eigene Faust zu fliehen. Angst habe er nicht gehabt. „Ich habe den Krieg erlebt und wollte nur weg. Schlimmer konnte es ja nicht kommen“, sagt er. Unterwegs gab es gefährliche Situationen, denn immer wieder seien Flüchtlinge ausgeraubt oder von der Polizei geschlagen worden, berichtet der junge Mann.

Waels Eltern und sieben Geschwister verließen ebenfalls das Land, leben heute verstreut in verschiedenen Ländern. Kontakt halten sie über Handy. Natürlich möchte er seine Familie wiedersehen. Auch zurück nach Syrien? „Wohin und mit welcher Zukunft?“. Selbst wenn der Krieg eines Tages beendet sei, sehe er langfristig keinerlei Perspektive in dem völlig zerstörten Land. Die glaubt er in Deutschland zu haben. „Hier möchte ich meine Zukunft planen und Ingenieur werden“, sagt er. Zunächst will er das Abitur machen, weiter Deutsch lernen.

Er nimmt am Unterricht der internationalen Förderklasse am Berufskolleg Siegburg teil, alle anderen Bewohner des Hauses besuchen Förderklassen in Hennef, Siegburg und Sankt Augustin. „Mit Unterstützung von Ehrenamtlern können wir auch Home-Schooling durchführen“, sagt Erziehungsleiterin Denise Vetten.

Vier der Jugendlichen, die alle in Europa bleiben wollen, spielen bereits in Sankt Augustiner Fußballvereinen, einer geht regelmäßig schwimmen. Untereinander verstehen sich die Gruppenmitglieder gut, sie unternehmen viel gemeinsam, waren in den Sommerferien sogar eine Woche in der Eifel zelten. „Solche Aktionen fördern den Teamgeist“, erklärt Sozialpädagoge Tobias Klein, der die vollstationäre Gruppe mit einem Team von insgesamt acht Kollegen und einer Hauswirtschafterin rund um die Uhr betreut. Er sagt: „Natürlich gibt es schon einmal kleinere Reibereien, aber das ist normal unter Jugendlichen.“ Über ihre Flucht reden die Flüchtlinge selten. „Wir haben alle dasselbe erlebt, deshalb sprechen wir nicht darüber“, berichtet Wael.

Im Haus gelten drei Regeln: gegenseitiger Respekt, Einhaltung von festen Zeiten und die Übernahme von Hausarbeiten. Viermal in der Woche wird Essen vom Kinderheim geliefert, zweimal kochen die Jugendlichen selbst, einmal ihre Betreuer. Der Name „MachMut“ ist laut Kinderheim-Geschäftsführerin Sonja Boddenberg Programm. Man wolle jungen Menschen ein Stück in ihrem Leben weiterhelfen und ihnen Mut machen, ihren Weg weiter zu gehen. Das Ziel ist eine umfassende Hilfestellung zur Integration.

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