Welt-Down-Syndrom-Tag in Siegburg Keine Sonderstellung für Maurice

Siegburg · Der siebenjährige Maurice Bartel hat Trisomie 21. In der Siegburger Hans-Alfred-Keller-Schule, die er seit dem Sommer besucht, spielt das keine Rolle. So wünschen sich seine Eltern das auch in anderen Situationen.

 Alltag in der Schule: Maurice Bartel schreibt Adjektive auf sein Arbeitsblatt, an seiner Seite sitzt Schulbegleiter Daniel Njegac.

Alltag in der Schule: Maurice Bartel schreibt Adjektive auf sein Arbeitsblatt, an seiner Seite sitzt Schulbegleiter Daniel Njegac.

Foto: Nadine Quadt

Daher stehen Maurices Eltern zum Welt-Down-Syndrom-Tag in der Siegburger Innenstadt, um über den genetischen Defekt und Inklusion zu informieren. Maurice ruft seine Mitschüler zur Morgenrunde auf. Dazu schreibt er die Zahlen ihrer Tischgruppen an die Tafel. Lena hält einen Platz für ihn frei, legt den Arm um ihn, als er sich zu den anderen setzt und sie gemeinsam durchzählen, wie viele sie heute sind in der Klasse 1/2a. Dass der Siebenjährige so gut in den schulischen Alltag integriert ist, bestätigt seine Mutter Nelja Bartel darin, dass es die richtige Entscheidung war, ihn nicht auf eine Förder-, sondern auf eine Regelschule zu schicken. Maurice hat Trisomie 21, das Down-Syndrom.

In der Hans-Alfred-Keller-Schule spielt das für die anderen keine Rolle. Den so selbstverständlichen Umgang mit Maurice wünschen sich seine Eltern für alle Lebensbereiche. Daher ist Nelja Bartel dabei, wenn der Elternbeirat der integrativen Kita Kinderburg Veronika Keller am Montag zum Welt-Down-Syndrom-Tag einen Informationsstand auf dem Markt aufbaut – um für den genetischen Defekt und die Inklusion zu sensibilisieren.

Vor einem Jahr waren Nelja Bartel und ihr Mann unsicher, ob ihr Sohn den Schritt aus dem geschützten Raum des Kindergartens hinein in die neue Welt der Schule schaffen wird. Heute sind sie erleichtert. „Es funktioniert toll“, freut sich Nelja Bartel. Maurice gehe sehr gerne in die Schule. Er hat Spaß am Schreiben, kann seinen Namen lesen, übt Zahlen zu schreiben. Wie jeder Erstklässler.

In der Klasse der „Kleinen Entdecker“ geht es um den „Hasen mit der roten Nase“. Die Kinder sollen das Gedicht von Helme Heine durch eigene Adjektive verändern. Jeder sitzt vor einem Arbeitsblatt. Das von Maurice ist größer, Inhalt und Aufgabe sind aber gleich. „So ist es einfacher für ihn, zu schreiben“, erklärt Daniel Njegac. Er ist Maurices Schulbegleiter. „Ich gebe ihm Hilfestellungen, wo immer es nötig ist“, sagt Njegac. Aber auch den anderen Kinder. Wie etwa Maurices Tischnachbar, der fragt, wie man „cool“ schreibt.

Ein Zugewinn für die ganze Klasse

„Wir profitieren alle von Daniel, ich auch“, sagt Klassenlehrerin Nina Neuenhöfer. Für sie ist es das erste Mal, dass sie ein Kind mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung unterrichtet. Unterstützt wird sie von den Sonderpädagogen, die an der Hans-Alfred-Keller-Schule arbeiten. „Maurice ist ein Zugewinn für die ganze Klasse“, sagt Neuenhöfer. Besonders für das soziale Lernen. „Die Kinder nehmen sich zurück, akzeptieren, dass Maurice manchmal eine Auszeit braucht oder lauter wird.“ Der Umgang in ihrer Klasse sei sehr herzlich.

Maurice muss sich wie alle an Regeln halten. Das ist auch seiner Mutter wichtig: „Ich möchte nicht, dass er mit Samthandschuhen angepackt wird.“ Er brauche mehr Hilfestellung als andere Kinder, aber keine Sonderstellung. „Er darf nicht alles“, sagt Nelja Bartel. Das gilt auch zu Hause bei seinen drei Geschwistern. Die ziehen Maurice mit. In der Schule orientiere er sich an seinen Mitschülern.

„Ich wünsche allen Eltern, dass das zum Standard wird“, sagt Bartel. Die Hans-Alfred-Keller-Schule sei weiter als andere Schulen. Hier wird die von der UN-Behindertenkonvention eingeforderte Inklusion gelebt. Mehrere Kinder mit Down-Syndrom besuchen die Einrichtung. Nicola aus Sankt Augustin war vor ein paar Jahren die erste. „Nachdem fünf Schulen abgelehnt hatten, sie aufzunehmen, fragten ihre Eltern uns“, erinnert sich Schulleiterin Conny Huhn. Nach Rücksprache mit ihrem Kollegium entschloss sie sich, es zu versuchen. „Es war vom ersten Tag an eine tolle Erfahrung“, so Huhn.

Es sei wichtig, dass das Kollegium den Geist der Inklusion trage, betont sie. Ohne die Kompetenzen von Sonderpädagogen und Schulbegleitern gehe es aber nicht. „Wir stehen für Inklusion in jedem Sinne“, sagt Conny Huhn. „Bei uns ist es normal, besonders zu sein.“ Das wünscht sich Nelja Bartel nicht nur für die Schule: „Inklusion sollte mehr in den Köpfen und vor allem in den Herzen der Menschen ankommen. Was Maurice betrifft, ist sie zuversichtlich: „Ich bin sicher, er wird seinen Weg gehen.“

Welt-Down-Syndrom-Tag seit 2006

Vor zehn Jahren gab es zum ersten Mal einen Welt-Down-Syndrom-Tag in Genf. Seither wird er jedes Jahr weltweit am 21. März organisiert, um das öffentliche Bewusstsein für die Thematik der Trisomie 21 zu steigern. Das Datum ist bewusst gewählt: Es symbolisiert das charakteristische Merkmal des Down-Syndroms, das dreifache Vorhandensein des 21. Chromosoms. Der Elternbeirat der Kindertagesstätte „Kinderburg Veronika Keller“ beteiligt sich am Montag mit einem Informationsstand auf dem Siegburger Markt am Welt-Down-Syndrom-Tag. Von 10 bis 17 Uhr füllen sie ihr Motto „Gemeinsam leben, lernen und spielen“ mit Leben.

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