Berlin/Bonn-Gesetz Kein Zeitdruck für Verhandlung mit dem Bund

Rhein-Sieg-Kreis · Frithjof Kühn ist zwar seit gut einem Jahr nicht mehr Landrat des Rhein-Sieg-Kreises, doch mit seiner Meinung hält der 72-Jährige auch im Ruhestand nicht hinter dem Berg. So ist ihm zum Beispiel der Bau der Südtangente weiter ein großes Anliegen, um die Anbindung des Bundesviertels zu verbessern, wie er in einem Leserbrief an den General-Anzeiger schrieb.

Mischt sich immer noch gerne in die Diskussion ein: Ex-Landrat Frithjof Kühn sieht die Aufteilung der Bundesregierung auf die beiden Städte Bonn und Berlin "abschließend geregelt".

Mischt sich immer noch gerne in die Diskussion ein: Ex-Landrat Frithjof Kühn sieht die Aufteilung der Bundesregierung auf die beiden Städte Bonn und Berlin "abschließend geregelt".

Foto: Holger Arndt

Jetzt schaltet sich Kühn auch in die Diskussion um den Ministeriumsstandort Bonn ein. "Es gibt keinen Zeitdruck, aber auch keine Notwendigkeit für Verhandlungen mit der Bundesregierung", sagte Kühn jetzt dem GA. Das Berlin/Bonn-Gesetz habe die Hauptstadtfrage und die Aufteilung der Bundesregierung auf die beiden Städte sowie die dauerhafte und faire Arbeitsteilung "abschließend geregelt".

Die NRW-Landesregierung will sich den vom Bund angestrebten Gesprächen über den Verbleib der Ministerien in Bonn nicht verschließen, hält einen Komplettumzug der Bundesregierung aber für nicht sinnvoll. "Es gibt Ministerien, die in Bonn besser aufgehoben sind als in Berlin", sagte Staatskanzleichef Franz-Josef Lersch-Mense jüngst in einem GA-Interview.

Der Minister strebt einen Abschluss der Gespräche mit dem Bund noch vor der Landtagswahl im Frühjahr 2017 und der Bundestagswahl im Herbst desselben Jahres an. Als Grund dafür nannte er, dass die Anzahl der Bonn-Freunde in Bundestag und Bundesregierung abnehme und im Koalitionsvertrag 2013 festgelegt sei, dass die Regierung zum Berlin/Bonn-Gesetz stehe und die Bundesstadt das zweite politische Zentrum Deutschlands bleibe.

Kühn spricht in dieser Hinsicht von "voreiligen Verhandlungen". Er befürchte, dass danach "für die Region noch weniger übrig bleibt als sie jetzt hat". Deshalb dürfe das Berlin/Bonn-Gesetz "von unserer Seite" nicht zur Disposition gestellt werden, sagte er. Sechs Ministerien haben ihren ersten Dienstsitz in Bonn, alle anderen ihren zweiten, wobei in manchen Ressorts mit erstem Dienstsitz in Berlin mehr Mitarbeiter am Standort Bonn tätig sind (zum Beispiel im Verkehrsministerium).

Ende Juni - das ist der jüngste Stand - arbeiteten 11 202 Bundesbedienstete in den Berliner Ministerien, 6855 in Bonn. Das Gesetz sieht zwar vor, dass mehr als die Hälfte der Arbeitsplätze in der Bundesstadt verbleiben soll. Das ist aber schon seit einigen Jahren nicht mehr der Fall. Kreiswirtschaftsförderer Hermann Tengler geht davon aus, dass im Falle eines Komplettumzugs der Ministerien nach Berlin 27 000 Arbeitsplätze in der Region Bonn verloren gingen.

Der Ex-Landrat wies darauf hin, dass die Region in einem Gutachten hat prüfen lassen, ob es eine rechtliche Chance gibt, den Bund von der Verlagerung ministerieller Arbeitsplätze abzuhalten. Das sei aber verneint worden. Trotzdem sei es der Stadt Bonn, dem Rhein-Sieg-Kreis und dem Kreis Ahrweiler gelungen, den Rutschbahneffekt "in erheblichem Maße" zu stoppen. Kühn erinnerte daran, dass der damalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière 2011 den ersten Dienstsitz sowie 1000 bis 1250 ministerielle Arbeitsplätze nach Berlin verlagern wollte. Nach einem gemeinsamen Brief der Landräte und des Bonner OB an die Bundeskanzlerin habe der Minister davon Abstand genommen. Die neue Ressortchefin Ursula von der Leyen habe die Pläne nicht weiter verfolgt.

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