Wahlergebnis aus dem Rhein-Sieg-Kreis Kaum Freude im Siegburger Kreishaus

RHEIN-SIEG-KREIS · Nicole Westig (FDP) für den Wahlkreis 98 und CDU-Bundestagsabgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker für den Wahlkreis 97 sind auf dem Weg nach Berlin, andere Kandidaten müssen um das Mandat bangen.

Als kurz nach 18 Uhr die erste Hochrechnung auf dem Bildschirm erscheint, ist die Stimmung im großen Sitzungssaal des Siegburger Kreishauses angespannt. Zwischen Enttäuschung und Freude schwanken die ersten, spontanen Reaktionen, schnell werden sie aber von allgemeiner Betroffenheit überlagert. Angesichts der hohen Zuwächse für die AfD, deren Vertreter nicht erschienen sind, treten die persönlichen Ergebnisse für einen Moment in den Hintergrund. „Das erschreckt mich sehr“, sagt Lisa Anschütz, die für die Grünen im Wahlkreis 97 angetreten ist. Wenig überrascht zeigt sich hingegen die CDU-Bundestagsabgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker, die die Region erneut in Berlin vertreten wird: „Es war im Wahlkampf spürbar.“

Ihren Wahlkreis hat die Siegburgerin mit Vorsprung geholt, gleichwohl ist sie enttäuscht über die bundesweiten Stimmverluste ihrer Partei: „Wir haben nun den Auftrag nach den Ursachen zu suchen.“ Sie selbst werde motiviert, ihre politische Arbeit in Berlin fortsetzen und sich für die regionalen Themen einsetzen. Welche das sind, sei ihr im Wahlkampf noch einmal deutlich geworden, sagt die 55-Jährige und wendet sich Torsten Bieber zu. Der Vorsitzende der CDU-Kreistagsfraktion wartet mit einem Blumenstrauß.

Ein paar Kilometer weiter sitzt Sebastian Hartmann in der SPD-Parteizentrale in Troisdorf. Am Telefon spricht er „von einem traurigen Ergebnis für die Demokratie in Deutschland und einer historischen Zäsur“. In der jetzigen Situation sei es völlig klar, dass die SPD die Rolle als Oppositionsführerin übernehme, so der 40-Jährige – „als Bollwerk der Demokratie“. Persönlich sei er aber mit seinem Ergebnis nicht unzufrieden. Nun müsse er abwarten, ob er es wieder in den Bundestag schafft.

Überaus zufrieden mit seinem Abschneiden ist FDP-Kandidat Ralph Lorenz: „Ich habe das drittstärkste Ergebnis geholt“, freut sich der Eitorfer, der zum ersten Mal angetreten ist. Auf Bundesebene sei seine Partei wieder über zehn Prozent, das sei ein Grund zur Freude. Alles andere als zufrieden ist Alexander Neu (Linke). Während er vor vier Jahren seinen Einzug in den Bundestag bejubelte, muss er nun bangen. „Ich bin sehr unglücklich“, sagt er. Bundesweit sieht er das Problem seiner Partei vor allem im Osten. Im Kreis sei er aber mit dem Ergebnis zufrieden. „Sollte ich es wieder in den Bundestag schaffen, wäre das ein Trost.“ Positiv überrascht ist Lisa Anschütz (Grüne) vom Ergebnis ihrer Partei: „Wir sind im Vorfeld so schlecht geredet worden.“

Ergebnisse im Wahlkreis 98

Der Sieg von Norbert Röttgen ist zu keiner Zeit gefährdet. Mit deutlichem Abstand zieht der CDU-Politiker erneut als direkt gewählter Abgeordneter für den Wahlkreis 98 in den Bundestag ein. Sein Fazit falle zweigeteilt aus, sagt Röttgen. Bei den Erststimmen sehe er ein hohes Maß an „Stabilität und Kontinuität“. Das scheine ein Vertrauensbeweis zu sein, worüber er „glücklich und berührt“ sei. Betrübt sei er über das bundesweite Abschneiden der Union. „Das ist eine herbe Niederlage für die CDU“, so Röttgen. Bei einer möglichen Koalition aus CDU/CSU, FDP und Grünen sehe er eine moderne und gestaltungsfähige Schnittmenge. Ein Dauerthema für die Region bleibe Bonn-Berlin, so Röttgen weiter. Bonn müsse sich als zweites bundespolitisches Zentrum richtig etablieren. In Sachen Südtangente solle die Planung beginnen, fordert er. Die „ideologische und egoistische Blockade“ dieses Projektes müsse beendet werden.

Bettina Bähr-Losse (SPD) kommt abgeschlagen auf den zweiten Platz. Sie steht indes nicht für eine Stellungnahme zur Verfügung. Sie ist weder im Siegburger Kreishaus noch dem Vernehmen nach in der SPD-Parteizentrale. Auch telefonisch ist sie nicht zu erreichen.

Vom Kreishaus geht es für Nicole Westig (FDP) zum Feiern nach Bad Honnef. Obgleich sie bei den Erststimmen ganz knapp hinter AfD-Kandidat Manfred Berchem nur auf Platz vier landet, wird sie über die FDP-Landesliste in den Bundestag einziehen. Sie wolle sich unter anderem für die Schulvielfalt, die Aufwertung der Pflege und den Bonn-Berlin-Ausgleich einsetzen, so Westig. Es sei ein „unbeschreibliches“ Gefühl, in den Bundestag einzuziehen, sagt sie.

Ob Martin Metz über die Grünen-Landesliste nach Berlin gehen wird, wird sich wohl erst in der Nacht entschieden haben. Laut Metz werden die Kreis-Grünen nun das Wahlergebnis besprechen. Er selbst sehe eine Jamaika-Koalition als „hochproblematisch“ an. Mit dem Ergebnis seiner Partei im Kreis sei er zufrieden, sagt Michael Droste (Linke). Bundesweit habe er aber mit deutlich über neun Prozent gerechnet.

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