Sankt Augustin Josephine Pigula ist mit 53 Jahren beste Auszubildende

SANKT AUGUSTIN · Sie ist keine gewöhnliche Auszubildende mit ihren 53 Jahren, dafür aber eine besonders gute. Mit 96 von 100 möglichen Punkten hat Josephine Pigula nach nur eineinhalb Jahren ihre Ausbildung zur medizinischen Fachangestellten abgeschlossen.

 Bei der Arbeit: Josephine Pigula machte in nur anderthalb Jahren ihre Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten - als Beste in NRW.

Bei der Arbeit: Josephine Pigula machte in nur anderthalb Jahren ihre Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten - als Beste in NRW.

Foto: Welt

Das ist die beste Note in ganz Nordrhein Westfalen, und dafür wird die Sankt Augustinerin am kommenden Dienstag in Düsseldorf ausgezeichnet. Ihr wird dort vom Verband Freier Berufe ein Preis für "Die beste Auszubildende in NRW 2015" überreicht.

Ehrgeizig war die dreifache Mutter schon immer. Auch ihr Abitur schaffte sie damals mit einem Notendurchschnitt von 1,8. Danach begann sie zu studieren; Biologie in Bonn und später Sport und Biologie auf Lehramt. Finanziert hat sie sich das Studentenleben durch Nebenjobs zunächst als Putzhilfe, später als Rezeptionistin in der Bildungsstätte Bad Godesberg. Wegen dieser langjährigen Tätigkeit gekoppelt mit dem Studium, das sie allerdings nicht abgeschlossen hat, war es ihr dann möglich, die Ausbildung als Pharmareferentin zu machen. "Eigentlich ist dazu eine abgeschlossene Berufsausbildung Voraussetzung", erläutert sie.

Die hat Pigula nun - Jahrzehnte später - nachgeholt. Nach ihrer Arbeitspause wegen der Erziehung ihrer drei Kinder und zeitweise eines Pflegekindes hatte sie vor rund zwei Jahren genug von den ewigen Mini-Jobs als Putzfrau oder Kassiererin. Sie entschloss sich, es noch mal im Pharmabereich zu versuchen, obwohl sie keine besonders guten Erinnerungen an diese Zeit hatte. "In meinen Beruf zurückzukehren, war angesichts meines Alters und wegen der langen Pause aussichtslos", erinnert sie sich. Die Beraterin der Arbeitsagentur habe sie mit den Worten vertröstet: "Vielleicht gewinnen sie ja im Lotto". Eine Umschulung ohne Bezahlung sei für sie nicht in Frage gekommen und dann habe sie von der Möglichkeit gehört, auch in Teilzeit eine Ausbildung machen zu können.

Nach fünf Bewerbungen klappte es: Pigula begann mit einer Arbeitszeit von 30 Stunden eine zweijährige Ausbildung, die sogar im weiteren Verlauf nochmals um ein halbes Jahr verkürzt wurde. Anfang Januar schloss sie mit "sehr gut" ab. "Es war nicht einfach", resümiert sie heute, denn sie ging noch einer Putzstelle nach, gab Sportkurse beim VfL Sankt Augustin und unterstützte ihren Vater. All das hat sie neben ihrem eigenen Haushalt mit drei Kindern, Hund und Katze gemanagt. "Ich hatte in den eineinhalb Jahren kein einziges Wochenende frei", meint sie.

Das Lernen an sich sei ihr nicht schwer gefallen, aber dieses immer wiederkehrende Gefühl, dass die Tage einfach zu kurz seien, habe sie schon angestrengt. "Die psychische Belastung war mir vorher nicht so bewusst, sonst hätte ich es wahrscheinlich nicht gemacht", meint sie rückblickend . "Eigentlich hatte ich auch gedacht, dass eine gute Note mir bessere Chancen eröffnet." Das sei jedoch nicht so gewesen, erinnert sie sich an die Arbeitssuche nach dem Abschluss im Januar dieses Jahres.

Die anderen Helferinnen in den Praxen hätten ein Mitspracherecht und offenbar wegen ihrer guten Noten und ihres Alters die Befürchtung vor Konkurrenz. Trotz einiger Widrigkeiten steht für Josephine Pigula fest: "Es war die richtige Entscheidung." Eine Teilzeitstelle hat sie mittlerweile in einer Troisdorfer Arztpraxis gefunden und erledigt dort all das, was der Arzt nicht macht, von Spritzen setzen über EKG bis hin zum Lungenfunktionstest. Außerdem gehören der Anmeldebereich sowie das Ausstellen von Rezepten und die Abrechnung zu ihren Aufgaben. "Im Moment bin ich superglücklich, dass ich es gemacht habe."

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