Studiobühne in Siegburg Jakob Nacken gastierte mit seinem Soloprogramm "Lernfähig"

SIEGBURG · Es ist schwer, den Mann am Klavier in eine Schublade zu stecken. Man fühlt sich vielleicht an Rainald Grebe oder Hagen Rether erinnert, stellt aber schnell fest, dass Jakob Nacken sein ganz eigenes Ding macht, allerdings genauso virtuos wie die genannten Kollegen.

 Wortakrobat: Jakob Nacken plaudert in der Studiobühne mit dem Publikum.

Wortakrobat: Jakob Nacken plaudert in der Studiobühne mit dem Publikum.

Foto: Paul Kieras

Der Impro-Schauspieler und Slam-Poet hatte die Studiobühne bewusst für seinen Auftritt gewählt, weil er dort dicht am Publikum saß, was ihm die Kommunikation erleichterte. Er spult sein Programm nämlich nicht einfach ab, sondern bezieht die Besucher mit ein.

Dem gebürtigen Brühler, der in Tübingen lebt - "Autokennzeichen TÜ-NN - in Erinnerung an Kölns Torwartgröße Schumacher" - war anzumerken, dass Wortspiele seine große Leidenschaft sind, so wie bei seiner Feststellung: "Ich muss erst in mich gehen, um zu mir zu kommen, damit ich bei mir bin, wenn ich aus mir rausgehe."

Weiter ging es mit einem Dichterwettstreit - "heute würde man das Battle oder Poetry Slam nennen"- zwischen Goethe und Schiller, den er wie bei einer Live-Übertragung im Radio oder Fernseher, aber in Gedichtform, kommentierte, und das in einer Geschwindigkeit, dass selbst den Zuhörern die Luft wegblieb.

Das Versmaß war übrigens Anapäst. "Woran ist er gestorben? Anapäst." Geschenkt. "Kurze Silbe, kurze Silbe, lange Silbe", erklärte er liebenswert klugscheißerisch mit Augenzwinkern den Rhythmus. Eine brillante Leistung, bei der er einen überzeugenden Beweis seiner ganzen Sprachkunst lieferte.

Keiner Erklärung bedurfte das Lied "Finale", das er "der FIFA als Beitrag zur Fußball-WM angeboten", die aber abgelehnt hat. Kurz und knapp heißt es darin: "Alle sind im Stadion oder vor'm TV, nur ich lieg am Baggersee mit 'ner Spielerfrau." Musikalisch hat er eine Bandbreite zu bieten, die vom Jazz über Blues bis zur Schunkelmusik reicht.

Nachdem er alle Register seines Könnens an den schwarzen und weißen Tasten gezogen hatte, stellte er das Publikum mit nur einem gespielten Ton minutenlang auf eine Geduldsprobe. "Nur einen Ton zu spielen ist wie Fasten, akustisches Fasten", grinste er, "man freut sich auf den Ton, der danach kommt."

Der solle ein "Fis" sein, wünschte sich ein Herr aus dem Hintergrund. Nacken schlug noch einmal das "G" an und erlöste die Zuhörer mit dem geforderten Fis. Das klingt wie der Anfang von "Für Elise", Nacken nahm das natürlich dankend an.

Ein umwerfend komischer Abend mit Sprache zwischen hoher Kunst und banalen Reimen - aber genau das machte seinen Reiz aus.

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