Hürden für Rollstuhlfahrer Im GA-Test: Wie barrierefrei ist Siegburg?

Siegburg · Die Rollstuhlfahrerin Rebecca Behringer testet gemeinsam mit dem GA, welche Hürden die City der Kreisstadt für Behinderte hat. Hier und da hakt es und so manches Geschäft bleibt unerreichbar.

 Eine Rampe führt auch hinauf zum Stadtmuseum und zum Museums-Café.

Eine Rampe führt auch hinauf zum Stadtmuseum und zum Museums-Café.

Foto: Holger Arndt

Rebecca Behringer stellt sich mit ihrem elektrischen Rollstuhl an die Bahnhaltestelle Sankt Augustin Ort. Sie wartet an einem Schild, auf dem ein Rollstuhl vereinfacht dargestellt ist. Dieses markiert, wo die Türen der Bahn aufgehen, die keine Stange in der Mitte haben. Das ist wichtig für Behringer, denn die Stange verengt den Einstieg so, dass sie mit ihrem Rollstuhl nicht durch passt. „Meistens stimmt das Schild leider nicht“, sagt die 34-Jährige. Die Rollstuhlfahrerin zeigt uns mit welchen Schwierigkeiten sie bei einem Ausflug in die Siegburger Innenstadt konfrontiert wird.

Ihre Kritik findet sofort Bestätigung. Die Bahn fährt ein und hält so, dass eine Tür mit Stange vor Behringer hält. Jetzt beginnt für sie Hektik: Sie muss schnell die andere Tür erreichen und dort eine Stufe überwinden. Für Menschen ohne Handicap ist die Stufe kaum wahrzunehmen, für Behringer stellt sie eine große Hürde dar. „Ich muss immer wieder neuen Mut aufbringen“, sagt sie. Sie erhöht ihre Fahrgeschwindigkeit und fährt holprig in die Bahn. Dabei bleiben die Räder ein wenig hängen und sie muss mehr Gas geben. Im Siegburger Bahnhof hat Behringer nie Probleme. Sie benutzt den Fahrstuhl, um in die Innenstadt zu kommen. In einem Standardrollstuhl, der manuell bewegt wird, könnte sie auch mit Hilfe einer Begleitung die Rolltreppe benutzen. Doch ihr elektrischer Rollstuhl ist fast 120 Kilo schwer und kann deswegen von keinem auf der Rolltreppe gehalten werden.

Das Thema Stufen zieht sich durch den ganzen Stadtspaziergang. Viele Läden sind nur durch eine kleine Erhöhungen im Bordstein oder Treppen zu erreichen. Für Behringer ist das zu hoch. Doch auch Rampen sind zu finden, beispielsweise bei der Kreissparkasse. Diese ist leider nicht ausgeschildert, Behringer entdeckt den Aufgang an der rechten Seite des Gebäudes erst spät. „Banken sind für uns Rollstuhlfahrer meistens problematisch“, sagt sie. Die Automaten seien schlecht oder gar nicht zu bedienen. Das demonstriert sie sofort. Sie lenkt ihren Rollstuhl vor einen Automaten.

Dadurch, dass die Räder an die Wand des Automaten stoßen, entsteht ein Abstand zwischen Behringer und dem Tastenfeld, den sie nicht mit ihren Armen überwinden kann. Auch den Bildschirm kann sie nicht berühren. Bei einem anderen Automaten ist eine Einbuchtung an der Wand, hier kann sie ihren Rollstuhl hineinstellen und kommt an den Bildschirm. „Das haben leider nicht alle Banken, da muss man schon genau wissen wo man hingehen will.“ Auch die Fotoautomaten bei Dm seien problematisch, dort hänge der Bildschirm zu hoch.

Besorgungen in der Stadt müssen mit Rollstuhl gut geplant sein. Behringer erzählt: „Einmal wollte ich ein Paket zur Post bringen, da waren aber drei Stufen am Eingang, dann bin ich mit samt Paket wieder nach Hause gegangen.“ Sie müsse immer großen Mut aufbringen, Leute um Hilfe zu bitten und traue sich das auch nicht oft. „Mir würde es schon helfen, wenn man mich fragt ob ich Hilfe brauche, beispielsweise in der Bahn“, sagt die Rollstuhlfahrerin. Aber man solle schon fragen und nicht einfach an den Rollstuhl packen. Das wäre sehr unangenehm und beängstigend.

Auch im Supermarkt muss Behringer fragen, wenn sie was in den oberen Regalen braucht. Das demonstriert sie im Naturata Bio-Supermarkt in der Griesgasse. Mitarbeiter Andreas Lugemann erklärt: „Wir haben bei der Einrichtung von vornherein Wert auf Barrierefreiheit gelegt. Unsere Gänge sind circa 1,5 Meter breit.“ Eine große und gut befahrbare Rampe führt zum Supermarkt. Behringer kommt problemlos durch die Gänge. Nur an die obersten Regale und an die Obstwaage kommt sie nicht ran. Bei Supermärkten mit Parkplätzen müsse sie auf noch mehr achten: „Ich habe Angst, dass mich die Autofahrer übersehen. Meine Wege plane ich so, dass ich große Parkplätze meide.“

Behringer geht besonders gerne ins Siegburger Kino. „Der Haupteingang ist barrierefrei nur die Kinosäle haben immer Treppen“, sagt sie. Doch das sei gar kein Problem mehr. Das Personal sei meist sehr hilfsbereit und trage sie dann zu ihrem Platz.

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