Serie "Was steckt eigentlich hinter...?" "Haus zum Winter" ist Siegburgs ältester Steinbau

Siegburg · Hinter den Mauern des "Hauses zum Winter" liegen 800 Jahre Geschichte. Heute beherbergt das Fachwerkhaus den "Treffpunkt am Markt" des Kreiskatholikenrates.

 Restauriertes Schmuckstück: Das „Haus zum Winter“ steht am Markt nahe der Kirche Sankt Servatius.

Restauriertes Schmuckstück: Das „Haus zum Winter“ steht am Markt nahe der Kirche Sankt Servatius.

Foto: Holger Arndt

Wer durch die Griesgasse Richtung Siegburger Markt geht, kommt unweigerlich an dem schmucken, verputzten Fachwerkhaus vorbei. Dass das „Haus zum Winter“ hinter seinen Mauern 800 Jahre Geschichte birgt, dürfte aber wohl den Wenigsten bekannt sein. Doch in unmittelbarer Nähe der Servatius-Kirche steht der älteste profane Steinbau Siegburgs, der zwischen 1220 und 1230 als Pfarrhaus gebaut wurde. Von außen lässt sich dessen Baugeschichte mittlerweile nur noch von der unverputzten Nordgiebelwand ablesen.

Wie genau das „Haus zum Winter“ zu seinem Namen kam, ist im Siegburger Stadtarchiv nicht dokumentiert. Es gibt aber Dokumente, die bezeugen, dass es früher auch „Dom Hotel“ genannt wurde. Wer die ursprünglichen Erbauer und die späteren Bewohner waren, ist bis heute nicht bekannt. Denkmalgeschützt ist das ehemalige Pfarrhaus seit dem 30. Oktober 1984. Es gilt „als bedeutendes Bauwerk des Rheinlandes aus der Spätromantik“ heißt es in der Eintragungsurkunde des Amtes für Denkmalschutz. Von den spätromanischen Bauteilen des 13. Jahrhunderts seien „neben dem Keller noch der Nordgiebel bis einschließlich erstes Obergeschoss und vermutlich die durch Umbauten stark gestörte Mauersubstanz in zwei Geschossen der West- und Südseite“ erhalten. Es sei „erhaltenswert aus wissenschaftlichen, besonders architektur- und ortsgeschichtlichen sowie städtebaulichen Gründen“.

Restaurierung war nicht einfach

Der mittlerweile verstorbene Eigentümer Wolfgang Söntgerath hat das ehemalige Pfarrhaus in den 1980er Jahren vor dem Verfall gerettet. „Jetzt gehört das Gebäude Söntgeraths Sohn,“ sagt Klaus Kiesow, Leiter des „Treffpunkt am Markt“, der sich heute im Erdgeschoss des Hauses befindet. Zwischen 1986 und 1988 ließ Wolfgang Söntgerath das historische Gebäude umfassend sanieren. Er sorgte dafür, dass die Nordwand im ursprünglichen Zustand erhalten blieb – und so bis heute zeigt, wie das Haus einst aussah. Die Unterlagen aus dem Stadtarchiv dokumentieren die daraus resultierenden Veränderungen: „Der nördliche Giebel ist unverputzt und zeigt im unteren Bereich noch den romanischen Baustil und ein spätmittelalterliches Kreuzstockfenster, während die Giebelzone in Wolsdorfer Brocken neuzeitlicher aufgemauert wurde. In der West- und Südseite befinden sich romanische Mauerreste. Im Erdgeschoss und in der ersten Etage – außer der Nordwand – ist das Gebäude verputzt, die zweite Etage ist fachwerksichtig.“ Der traufständige erschlossene Baukörper habe seine jetzige Gestalt im 19. Jahrhundert erhalten.

Zehn Jahre Planung und Restaurierungsarbeiten hat Söntgeraths Rettung des geschichtsträchtigen Hauses in Anspruch genommen. Einfach war dieses Vorhaben nämlich ganz und gar nicht: Zunächst hatten die alten Balken des Gebäudes stark unter den Dämpfen der zuvor untergebrachten Bäder und der Massagepraxis gelitten und waren fast verfault. Als „beispielhaftes denkmalpflegerisches Geschehen“ beschrieb das Rheinische Amt für Denkmalpflege die Restaurierung Söntgeraths in einem Bericht. Darin heißt es außerdem, dass sich das Äußere des Hauses für Laien kaum verändert habe. Lobend heben die Denkmalhüter hervor, dass der Eigentümer darauf verzichtet hat, „ein Denkmal im neuen Glanz mit künstlich hergestellter Geschichte zu erbauen“. Stattdessen habe er die in dem Baudenkmal enthaltene und es auszeichnende Geschichte soweit wie möglich erhalten.

Gänzlich gelungen ist das bei der Restaurierung nicht, denn besonders eindrucksvolle historische Bauteile mussten dabei unvermeidlich hinter Putz versteckt werden. Von einem romanischen Torbogen an der Südseite des Hauses ist so nichts mehr zu sehen. Vermauert wurden im Zuge dessen auch Kleeblattfenster sowie ein ehemals bemalter Fries an der Außenwand unterhalb des Fachwerks. Wie dem Bericht über die Restaurierung zu entnehmen ist, hat Söntgerath sich dagegen gewehrt, auch die Nordwand mit noch erhaltenen Spuren romanischer Fenster mit Putz verkleistern zu lassen. Dort hat er sich für eine andere Variante entschieden und spezielle Injektionen für die Steine verwendet, die gegen Luftverschmutzungen schützen.

Älteste Spuren im Gewölbekeller

Aber nicht nur der Außenbau zeugt von dem ursprünglichen Aussehen des Gebäudes: Im Inneren sind romanische Türgewände zu sehen, der Gewölbekeller aber birgt die ältesten Spuren der Geschichte: Dort sind noch heute ein romanischer Bogenfries an der Nordwand, ein Teil der ehemaligen Immunitätsmauer von Sankt Servatius sowie ein Treppenstück, das einst zu einem Ausgang zum Marktplatz führte, zu sehen. Zu besichtigen ist der historisch interessante Keller nicht mehr. „Die jetzigen Mieter, die in den oberen Geschossen leben, haben den Gewölbekeller abgeschlossen, sodass nur das Ladenlokal frei zugänglich ist“, so Kiesow.

Seit 2010 unterhält der Kreiskatholikenrat Rhein-Sieg das ehrenamtliche Angebot „Treffpunkt am Markt“ im „Haus zum Winter“. Die Ehrenamtlichen bieten Gespräche an, und es gibt auch religiöse Literatur und Grußkarten. Vor allem ältere Bürger, die Rat suchen, und Flüchtlinge, die Hilfe beim Ausfüllen von Anträgen benötigen, nehmen das Angebot wahr.

Geöffnet hat der „Treffpunkt“ des Kreiskatholikenrates im „Haus zum Winter“ jeweils montags bis mittwochs von 11 bis 17 Uhr. Donnerstags bis samstags ist er von 11 bis 14 Uhr geöfffnet.

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