Stadtmuseum in Siegburg HA Schult gibt 33 Persönlichkeiten eine Heimat

SIEGBURG · Katharina Bandekow kann den Blick nicht vom Stadtmuseum wenden, seit sie vor zwei Tagen ihr Konterfei zwischen John Lennon und Ezra Pound, Freddie Mercury und Karl Marx entdeckt hat.

Nach ihrer ersten Begegnung mit HA Schults Trash People ist die Siegburgerin Fan des Kölner Aktionskünstlers. Seit gestern ist sie selbst Teil seines für Siegburg geschaffenen Kunsttableaus "Home - Heimat". Zusammen mit 32 weiteren Persönlichkeiten blickt sie für drei Monate aus den Fenstern des Stadtmuseums und findet es "einfach überwältigend".

Wie auch das reale Zusammentreffen mit HA Schult und seiner Muse Elke Koska. Fürs Foto posiert das Trio vor dem kunstvollen Blickfang am Marktplatz und lenkt unweigerlich alle Blicke auf sich. Der Künstler selbst ist voll des Lobes für die Kreisstadt.

"Sie hat ihr eigenes Temperament und sich zwischen Bonn und Köln eine sehr große Eigenständigkeit bewahrt", sagt er. Siegburg habe 950 Jahre der Zeit getrotzt, hier finde man Zeit zur inneren Einkehr. Während seiner Arbeit am Tableau habe er anders als in anderen Städten nur positive Begegnungen gehabt und fast Freunde gewonnen.

Es ist wie eine kleine Ausgabe des "Hotel Europa", das HA Schult vor nunmehr 15 Jahren in der Kaiserbau-Ruine in Troisdorf realisiert hat. Damals ließ der heute 74-Jährige 130 Gäste auf großformatigen Porträts in den Rohbau ziehen. "Die Troisdorfer haben mein Werk in die Luft gesprengt, ich bin froh, dass ich nun Asyl in Siegburg gefunden habe", sagt Schult.

Darüber freut sich auch Siegburgs Vize-Bürgermeister Martin Rosorius, der ganz eigene Erinnerungen an HA Schult hat. Er war dabei, als dieser 1984 in der Bonner Innenstadt im Kaufhaus-Fenster ein Wohnzimmer zertrümmerte. "Der Sinn der Aktion hat sich mir damals nicht erschlossen", räumt Rosorius ein. Inzwischen habe er die Schults Werk innewohnende Kritik an der Konsumgesellschaft durchaus verstanden.

In seinem Tableau "Home - Heimat" bringt Schult Menschen zusammen. Menschen, die die Welt bewegt haben, und Menschen, die das Siegburger Stadtbild prägten und noch prägen. So ist Engelbert Humperdinck wieder in sein Geburtshaus eingezogen. Er blickt zwischen Ludwig van Beethoven und Simone de Beauvoir aus einem Erdgeschossfenster.

Der Heilige Anno ist neben Maximilian Jacobi, Leiter der Heilanstalt, die einst auf dem Michaelsberg war, zu sehen. Seherin Lilo von Kiesewetter, Fußballer Wolfgang Overath und Raumfahrer Ulf Merbold sind Siegburger und haben ebenso einen Platz im Stadtmuseum gefunden wie das Lottchen.

Drei der im Dunklen durch Ökostrom strahlenden Fensterplätze hat die VR-Bank Rhein-Sieg an potenzielle Bewerber vergeben. Veronika Siegburg war allein durch ihren Namen prädestiniert für ein Porträt. Für den kleinen Oscar Fink-Stauf haben sich seine Eltern eingesetzt, weil er im Jubiläumsjahr geboren ist. Er ist der jüngste Tableau-Bewohner. Und Katharina Bandekow verdankt ihr Porträt ihrer Liebe zu Siegburg. Das möchte sie gerne in ihr Wohnzimmer hängen, eine Reproduktion ist ihr sicher. Sagt der Künstler.

Heimat von 33 Gästen

Am Museum sind zu sehen: Pablo Picasso, Oscar Fink-Stauf, Franziska Schervier, Benedikt XVI., Jean-Paul Sartre, Simone de Beauvoir, Engelbert Humperdinck, Ludwig van Beethoven, Wladimir Lenin, Karl Marx, Konrad Adenauer, Willy Brandt, Michail Gorbatschow, Angela Merkel, Wladimir Putin, Iron Horn, Nelson Mandela, John Lennon, Katharina Bandekow, Ezra Pound, Marlene Dietrich, Maximilian Jacobi, Anno, Lilo von Kiesewetter, Hanns-Martin Schleyer, Anne Frank, Freddie Mercury, Wolfgang Overath, Veronika Siegburg, Lottchen, Ulf Merbold, Gertrude Stein, Stephen Hawking.

HA Schult und seine Muse Elke Koska

HA Schult, am 24. Juni 1939 in Parchim geboren, ist in Berlin aufgewachsen. Er studierte in Düsseldorf und lebt heute in Köln. Anfang der 1970er Jahre lernte er Elke Koska kennen. 25 Jahre lang waren der Aktionskünstler und seine Muse verheiratet, bis heute arbeiten sie zusammen . Die Liste ihrer weltweiten, gemeinsamen Projekte ist lang.

In Köln parkt seit 1991 Schults Flügelauto auf dem Stadtmuseum, seine Weltkugel thront auf der Severinsbrücke. Seit 1996 reisen seine aus Müll geformten "Trash People" um die Welt. 1999 verwandelte er die 2001 gesprengte Kaiserbau-Ruine in Troisdorf ins "Hotel Europa".

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