Kulturprojekt in Siegburg Gemalte Geschichten der Flucht

SIEGBURG · Er möchte mit seinen Arbeiten zum Nachdenken anregen. Auf Zeltplanen hat Hermann Josef Hack das Schicksal vieler Flüchtlinge visualisiert. "Einkehr" hat er seine Ausstellung genannt, mit der er in der Rhein-Sieg-Halle das Siegburger Kulturprojekt „angekommen?“ eröffnet.

 Hermann Josef Hack (hinten) in der Rhein-Sieg-Halle im Gespräch mit syrischen Flüchtlingen über ihre Flucht.

Hermann Josef Hack (hinten) in der Rhein-Sieg-Halle im Gespräch mit syrischen Flüchtlingen über ihre Flucht.

Foto: Paul Kieras

Wer in der nächsten Zeit die Rhein-Sieg-Halle für eine Veranstaltung besucht, während der Pause durch die Räumlichkeiten schlendert und ein Glas Sekt genießt, der wird unweigerlich mit Bildern konfrontiert, die geradezu ein visueller Aufschrei sind. Mit den auf Zeltplanen gemalten großformatigen Werken möchte der in Siegburg lebende und arbeitende Künstler Hermann Josef Hack die Besucher „ungefragt konfrontieren“. Sie sollen über seine Arbeiten „stolpern“ und durch sie zum Nachdenken angeregt werden.

Der Titel der Ausstellung „Einkehr“ bedeutet, dass Hack in Form einer öffentlichen Intervention die Räume der Rhein-Sieg-Halle für einen begrenzten Zeitraum in Beschlag nimmt. „Die Halle ist kein Kunstmuseum, sondern ein Ort, wo Menschen zu Veranstaltungen zusammenkommen, und bietet sich gerade deshalb für die Konfrontation an“, erklärt der Künstler. Hack habe mit dieser Aktion die Halle als öffentlichen Raum ganz neu erfunden, sagte Bürgermeister Franz Huhn bei einem Pressetermin. Die Bilder seien durchaus als Provokation zu sehen, könnten zu Ärger führen und der wiederum zur Diskussion. „Damit ist der Zweck erreicht“, stellte Huhn fest.

Über Provokation zur Diskussion.

In seinen Arbeiten thematisiert Hack die Flüchtlingssituation, den Leidensweg der bei uns Hilfesuchenden und den Umgang der hier beheimateten Menschen mit ihnen. Seine Ausstellung versteht er auch als eine Aufforderung zur Begegnung von Geflüchteten und den hiesigen Einwohnern. Denn nur im Gespräch könne man den jeweils anderen kennen und verstehen lernen. „Wir können vieles von den Flüchtlingen lernen, die eine Odyssee hinter sich haben“, erklärt Hack. Beispielsweise Solidarität und Menschlichkeit untereinander, die ihnen auf der Flucht geholfen habe, zu überleben. Zu einer „Vorbesichtigung“ hatte der Künstler Flüchtlinge aus der Erstaufnahme Neuenhof eingeladen. Deren Reaktion habe ihn bis in die Seele getroffen, zeigte Hack sich bewegt.

Bis in die Seele getroffen.

So unter anderem die von Ayar (28) aus Syrien: „Hacks Bilder treffen genau unsere Realität und unsere Erinnerungen an die hinter uns liegende Irrfahrt. Wenn ich davon erzählen sollte, würde ich es nicht klarer schildern können, als diese Bilder es tun.“ Ghfran (19), ebenfalls Syrer, ergänzte: „Die Bilder ersetzen tausend Worte, nichts kann mehr sagen als diese Gemälde. Unsere ganze Geschichte spielt sich in den Bildern ab. Mit seinem Pinsel schrieb Hack die Geschichte unserer Flucht, als wäre er dabei gewesen. Diese Bilder sollten möglichst viele Menschen sehen, um aus ihnen zu lernen. Sie zeigen das Unsagbare, weisen aber auch in unsere gemeinsame Zukunft.“

Die Ausstellung geht auf eine Einladung von Hallendirektor Frank Baake zurück, der auch das Projekt „angekommen?“ im letzten Jahr initiiert hat. Dabei geht es vorrangig um die Frage, was es für Flüchtlinge heißt, in unserer Gesellschaft angekommen zu sein. Man wolle dieses Mal verstärkt in den öffentlichen Raum gehen, kündigte Baake an: „Hin zu den Menschen, um die es ja bei der Frage nach dem Angekommen geht“. Das seien die auf der Straße oder in diesem Fall die Besucher im Pausenfoyer der Rhein-Sieg-Halle.

„Einkehr“, Hermann Josef Hack in der Rhein-Sieg-Halle; bis 17. September 2016. Die Ausstellung ist für alle Veranstaltungsbesucher zugänglich.

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