Gründerinnen im Rhein-Sieg-Kreis Frauen gründen anders als Männer

Rhein-Sieg-Kreis · Das Beraterinnen-Netzwerk Bonn/Rhein-Sieg feiert sein 20-jähriges Bestehen. Die Gründerinnen haben es immer noch schwer beim Start in die Selbständigkeit, weshalb das Beraterinnen-Netzwerk seit Ende der 90er Jahre seine Hilfe anbietet.

 Bei Anita Halft, Irene Kuron, Ingrid Rauber und Gertrud Hennen (v.l.) steht die Unternehmungsgründung durch Frauen im Mittelpunkt.

Bei Anita Halft, Irene Kuron, Ingrid Rauber und Gertrud Hennen (v.l.) steht die Unternehmungsgründung durch Frauen im Mittelpunkt.

Foto: Laszlo Scheuch

Ingrid Rauber hat es geschafft. Die heute 56-Jährige hat sich vor 15 Jahren ihren Traum erfüllt und eine Naturheilpraxis gegründet. Umfassende Unterstützung erhielt sie dabei durch das Beraterinnen-Netzwerk Bonn/Rhein-Sieg. Das feiert am 1. April seinen 20. Geburtstag und blickte aus diesem Anlass zurück.

Die Idee eines Beraterinnen-Netzwerks reifte Mitte der 90er Jahre. „1996 herrschte in Nordrhein-Westfalen eine Gründungsoffensive. In dieser standen Frauen aber nicht unbedingt im Fokus“, erzählt Anita Halft von der Wirtschaftsförderung des Rhein-Sieg-Kreises. „Unser Ziel war und ist es, Frauen in den Fokus zu nehmen und Vorbehalte genereller Art gegen Frauen, die sich selbst verwirklichen möchten, abzubauen“, fährt sie fort. Als am 19. Juni 1997 das Beraterinnen-Netzwerk gegründet wurde, war Halft dabei.

Beratungen von Gründerinnen eigener Unternehmen

Die Arbeit des Netzwerks entwickelte sich gut, schnell wurden Gründerinnen vielfältige Angebote geboten. So wurden etwa von 1998 bis 2006 acht bis zehn Workshops pro Jahr veranstaltet, in denen Frauen motiviert werden sollten, zu gründen. Damit ist es aber nicht getan: „Wir beraten mehrere Hundert Frauen jährlich, vor der Gründung, während der Entwicklung ihres Unternehmens und auch darüber hinaus“, sagt Gertrud Hennen von der Wirtschaftsförderung der Stadt Bonn.

Während das Netzwerk immer mehr Frauen zu erfolgreichen Gründungen verhalf, stand es 2006 vor einschneidenden Veränderungen. Hennen spricht gar von einer Krise. Sie resultierte daraus, dass die Regionalstellen „Frau und Beruf“ beendet und somit die Förderung von der Landesregierung eingestellt wurde. „Wir mussten uns neu organisieren und unter anderem die weitere Finanzierung klären“, sagt Hennen. Das habe etwas gedauert. Rückblickend sagt sie aber, dass die Krise einen positiven Effekt hatte. Wenngleich heutzutage weniger Veranstaltungen angeboten werden, so sei die Nachfrage ungebrochen da.

Kein Wunder, ist die Zahl selbstständiger Frauen in den vergangenen Jahren doch stärker gestiegen als die Anzahl selbstständiger Männer – die aktuellsten Zahlen aus dem Jahr 2015 verzeichnen rund 1,3 Millionen selbstständige Frauen. „Seit 2011 veranstalten wir jährlich zwei Infotage für Gründerinnen, einen in Bonn und einen im Rhein-Sieg-Kreis, an denen im Schnitt 70 bis 80 Frauen teilnehmen“, sagt Hennen. Der nächste steigt bereits am 31. März im Siegburger Kreishaus.

Frauen gründen oft mit weniger Kapital

Dass es Frauen bisweilen immer noch schwer haben zu gründen, weiß Irene Kuron. Sie ist Unternehmensberaterin und Mitglied des Netzwerkes. „Der weibliche Gründungsanteil liegt bei rund 35 Prozent. Da viele Frauen aber branchenfremd gründen wollen, erhalten sie häufig keine finanzielle Unterstützung. Das ist für Banken ein Hemmnis“, sagt sie. Führe man sich aber vor Augen, dass von Frauen gegründete Unternehmen deutlich seltener Insolvenz anmelden müssten, so sei dies umso unverständlicher. Zudem, sagt Kuron, gründen Frauen weniger kapitalintensiv. Das liege vor allem daran, dass sie zu drei Vierteln in Dienstleistungen gründeten und dort entsprechend weniger Kapital nötig sei als beispielsweise in einem Autohaus. „Rund 50 Prozent der Frauen starten mit weniger als 10 000 Euro Grundkapital“, sagt die Expertin.

Ingrid Rauber startete vor 15 Jahren mit einem Startkapital von 50 000 Euro. „Ich wurde von einer Bänkerin des Netzwerkes unterstützt und denke, dass es heutzutage viel schwieriger ist, finanzielle Unterstützung zu erhalten“, sagt sie. Ihre Naturheilpraxis habe sich heute etabliert und Rauber zur eigenen Immobilie in Birlinghoven verholfen. Dort wohnt und arbeitet sie.

Den Schritt, sich an das Beraterinnen-Netzwerk zu wenden, würde sie immer wieder gehen: „Ich habe immer Sicherheit und Geborgenheit erfahren und Antworten auf offene Fragen erhalten.“ Den Sprung ins kalte Wasser, sagt die 56-Jährige, habe sie mit der Unterstützung gepackt.

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