Restaurierungswerkstätten des LVR Figuren aus Sankt Servatius werden unter die Lupe genommen

SIEGBURG/PULHEIM · Mit den beginnenden Sanierungsarbeiten in der Kirche Sankt Servatius musste der bedeutende Apostelzyklus seinen angestammten Platz hoch über den Bänken im Mittelschiff verlassen und eine neue vorübergehende Bleibe suchen. Die hat er in den Restaurierungswerkstätten des LVR-Amts (Landschaftsverband Rheinland) für Denkmalpflege im Rheinland in Brauweiler gefunden.

 Marc Peez erkennt unter anderem an der Augenpartie, dass die Figur von "Meister Tilman" stammt.

Marc Peez erkennt unter anderem an der Augenpartie, dass die Figur von "Meister Tilman" stammt.

Foto: Paul Kieras

Dort wird nach ausgiebigen Untersuchungen und einer Ist-Bestandsaufnahme ein Restaurierungskonzept erarbeitet und eine Empfehlung zur weiteren Vorgehensweise abgegeben.

Diplom-Restaurator Marc Peez erläuterte die einzelnen Schritte der rund zweimonatigen Untersuchung, bei der es um den allgemeinen Zustand der lebensgroßen Skulpturen geht, um die Farbfassung sowie Häufigkeit eines Anstrichs, aber auch beispielsweise um eine Prüfung auf Schimmelbefall.

Bevor sich die Restauratoren allerdings an die Arbeit machen, steht eine minutiöse fotografische Dokumentation aller Figuren auf dem Plan. LVR-Fotografin Viola Blumrich wird die insgesamt acht Apostel sowie Maria mit dem Jesuskind in den nächsten Tagen ins rechte Licht rücken und jedes noch so kleine Detail mit der Kamera festhalten.

Zu Beginn ihrer akribischen Tätigkeit waren auch Stefanie Kemp, Kunsthistorikerin und wissenschaftliche Volontärin am Stadtmuseum Siegburg, sowie Stadtarchivarin Andrea Korte-Böger nach Pulheim gereist. Bei den sechs Aposteln handelt es sich um Arbeiten aus der Werkstatt von "Meister Tilman" Heysacker, der laut Peez die "prägende Persönlichkeit Kölner Bildhauer" im Mittelalter war.

Im Gegensatz zu anderen Kölner Künstlern seiner Zeit arbeitete er mit Eichenholz wie seine Künstlerkollegen vom Niederrhein, woher er stammte. Die Figuren können Tilmann mit Sicherheit zugeschrieben werden, weil Rechnungen aus den Jahren 1508 bis 1512 den Kauf eindeutig belegen, wie Korte-Böger dem Restaurator beipflichtete. Ganz typisch für Heiligenfiguren von Tilman seien auch die "hochgezogenen Augenbrauen und Stirnlocken", so Peez.

Warum es nur sechs und nicht die insgesamt zwölf Apostel geworden sind, darüber lässt sich nur mutmaßen. Ein Grund könnte sein, dass der Meister während der Arbeiten verstorben ist oder seine Werkstatt abgegeben hat. Bei den sechs Aposteln, die wahrscheinlich Johannes, Andreas, Matthäus, Jakobus, Philippus und Bartholomäus darstellen sollen, gibt es große Qualitätsunterschiede, weil Tilman Gesellen beschäftigte, die ihm zur Hand gingen. Zwei weitere Apostel stammen nachweislich aus dem 19. Jahrhundert.

Das könnte bedeuten, dass man zu dieser Zeit mit der Ergänzung der noch fehlenden Apostel begonnen, aber diese wiederum nicht zu Ende gebracht hat. Die Marienfigur mit Jesuskind ist ein Werk aus dem 17. Jahrhundert. Zu Restaurierungsmaßnahmen konnte Peez noch nichts sagen, weil er den anstehenden Untersuchungen nicht vorgreifen will. Vom ersten - guten - Eindruck her sagte er aber zumindest eine "porentiefe" Reinigung der Figuren voraus.

Die sei unbedingt notwendig, denn die dicke Staubschicht biete auch eine Brutstätte für gefährlichen Schimmel. Das letzte Mal wurden die Figuren 1963 vom Podest geholt, gereinigt und konserviert. Bis die insgesamt neun Heiligen wieder in die Servatiuskirche gebracht werden können, dauert es noch mindestens bis Ostern 2015. Dann sollen die aufwendigen Sanierungsarbeiten im Innenbereich von Siegburgs ältester Kirche abgeschlossen sein.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort