Literaturabend des Katholischen Gefängnisvereins Siegburg Erfahrungen aus der Welt hinter Gittern

SIEGBURG · Zu einem Literaturabend hatte der Katholische Gefängnisverein Siegburg am Freitag in das "Café Luise" eingeladen, das der Verein für Soziale Dienste im Rhein-Sieg Kreis (SKM) in Kooperation mit dem Verein nahe der JVA betreibt.

 Zwischen den einzelnen Vorträgen berichten Werner Kaser (links) und Rüdiger Kaun über ihren Kontakt mit Gefangenen.

Zwischen den einzelnen Vorträgen berichten Werner Kaser (links) und Rüdiger Kaun über ihren Kontakt mit Gefangenen.

Foto: Paul Kieras

Ziel der noch jungen Veranstaltungsreihe - am Freitag fand sie zum zweiten Mal statt - ist es, "Literatur vorzustellen, die in der JVA Siegburg selbst oder für die dort einsitzenden Bewohner entstanden ist, und so die Lebenswelt Gefängnis erfahrbar zu machen" erklärte Gefängnisseelsorger Werner Kaser.

Der Seelsorger selbst beteiligte sich an den Lesungen mit eigenen Kurzgeschichten, niedergeschriebenen Erfahrungen aus seinem Alltag und Gedanken zu seiner Arbeit sowie mit Texten von Strafgefangenen, die diese niedergeschrieben und Kaser dann überlassen haben. Bei der zweiten Auflage des Literaturabends begrüßte er Rüdiger Kaun, der in der JVA seit 2007 ehrenamtlich mitarbeitet, und Kurzgeschichten aus dem Buch "Böse!" vortrug, das er mit weiteren Autoren aus seinem Literatenkreis herausgegeben hat.

Kaun, Gymnasiallehrer im Ruhestand, wies darauf hin, dass seine Geschichten zwar nicht authentisch seien, aber "aus meinen Erfahrungen im Knast beruhen." So schilderte er beispielsweise die Begegnung einer Frau mit einem entlassenen Strafgefangenen, die typisch für solche Kontakte ist: "Woher kommen Sie denn? Vom Brückberg. Mit dem Kinn weist er die Richtung. Sie versteht nicht. Aus der JVA, sagt er, als buchstabiere er die Abkürzung. Knast. Kennen Sie doch! Ihr ist, als würde ihr für einen Augenblick der Boden unter den Füßen weggezogen." Zwischen den einzelnen Vorträgen kommentierten Kaun und Kaser die kleinen Geschichten und gaben dem Publikum mit ihren Schilderungen auch einen Einblick in die Gefühlswelt der zwischen 410 und 430 Inhaftierten in der Siegburger JVA.

Kaun berichtete von seinem Kontakt mit den Gefangenen, die ehrenamtlich Tätige "Engel" nennen und oft froh sind, "dass sie überhaupt jemand besucht." Auf die Frage Kasers, warum Kaun ausgerechnet im Gefängnis freiwillige Aufgaben übernommen habe, antwortete der: "Weil mich die bösen Taten, die andere tun, ich selbst nicht tue, aber vielleicht tun würde, faszinieren." Abgehalten hätten ihn davon wohl ein intaktes Elternhaus, eine solide Ausbildung und damit die Chance, nicht in die Kriminalität abzurutschen.

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