Kommentar zum Weltfrauentag Dornige Rosen

Meinung · Der Rhein-Sieg-Kreis hat vor 30 Jahren als erste Kreisverwaltung in Nordrhein-Westfalen eine Gleichstellungsbeauftragte beschäftigt. Damals leiteten ausschließlich Männer die Dezernate und Ämter im Kreishaus. Das hat sich mittlerweile geändert.

Wer am Weltfrauentag öffentlich Rosen an Frauen verschenkt wie Siegburgs Bürgermeister Franz Huhn, hat entweder noch das Kalenderblatt vom 14. Februar (Valentinstag!) an der Wand hängen oder grundlegend missverstanden, worum es heute geht. Es geht darum, der Öffentlichkeit klarzumachen, wie frauenfeindlich unsere Gesellschaft in weiten Teilen noch ist.

Seit Januar erst gilt die verbindliche Quote, die regelt, dass die Aufsichtsräte von Großunternehmen zu mindestens 30 Prozent weiblich besetzt sein müssen. Dafür braucht es also 2016 tatsächlich eine Quote. Ein Irrsinn. Der Lohnunterschied zwischen Mann und Frau beträgt – zugegebenermaßen nach einer diskutablen Rechnung – 22 Prozent. Damit ist Deutschland Drittletzter in Europa. Es gibt so viele Beispiele: Warum ist der Blazer von Kanzlerin Angela Merkel stets Thema, die anthrazitfarbenen Anzüge ihrer Politikerkollegen aber nicht? Warum gelten Männer vielerorts als weich, die den Namen ihrer Partnerin annehmen? Vermutlich weil etliche Generationen es vorgelebt haben.

Sich dagegen aufzulehnen, fällt nicht immer leicht – auch mir nicht. Aber es ist zwingend nötig, damit sich beim Thema Gleichstellung noch viel mehr ändert als bislang geschehen. Dass Huhn heute – zusammen mit der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt – Rosen verschenkt, ist sicher gut gemeint. Nur: Das Gegenteil von gut, ist gut gemeint. Es erinnert eher an die einfältige RTL-Sendung „Der Bachelor“ als an eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Gleichberechtigung. Denn die sollte nicht einmal im Jahr stattfinden, sondern jeden Tag. Auch – oder gerade – im Jahr 2016.

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