Was steckt eigentlich hinter... Die Ummigsbach-Brücke im Wald bei Seligenthal

Siegburg · Sie ist ein Relikt eines gescheiterten Straßenprojektes und heute eine imposante Ruine mitten im Wald bei Seligenthal: die Ummigsbach-Brücke.

 Ummigsbachbrücke

Ummigsbachbrücke

Foto: Stadtarchiv Siegburg

Es ist der 8. April 1945. Gegen 19.45 Uhr hören die Siegburger mehrere Detonationen. Die Wehrmacht ist in den letzten Kriegstagen auf dem Rückzug vor den Amerikanern, die schon seit Wochen an der Sieg stehen und die Stadt unter Feuer nehmen. Die deutschen Soldaten passieren die Ummigsbach-Brücke am Rande Seligenthals. Und um ihren Rückzug abzusichern, sprengen sie das Viadukt kurzerhand in die Luft.

Reste der Brücke, die in den 20er Jahren gebaut wurde, sind heute noch zu sehen. Am Ummigsbach, der wie eh und je fröhlich vor sich hin plätschert. Es sind Überbleibsel eines Großprojektes, das in den 20er Jahren realisiert wurde – als Teil des Baus der Wahnbachtalstraße. Eine Straße, die mit hohen Erwartungen verbunden war, um Siegburg und die Siegniederung mit dem Oberbergischen besser zu verbinden und das wenig besiedelte Tal touristisch zu erschließen. Ein Straße, die aber nie das hielt, was sich der damalige Siegkreis und die angrenzenden Gemeinden davon versprachen.

Im Februar 1925 begannen die Arbeiten an der 23 Kilometer langen Wahnbachtalstraße, für die zunächst rund 1,5 Millionen Reichsmark veranschlagt waren. Doch die Kosten explodierten. Am Ende waren es fünf Millionen Reichsmark. Wieviel der Siegkreis davon bezahlen muste, ist nicht bekannt. Er bekam als Beihilfe eine Million Reichsmark aus der „produktiven Erwerbslosenhilfe“. Was nicht anderes hieß, als dass zeitweise rund 2000 „Notstandsarbeiter“ am Bau der Wahnbachtalstraße beteiligt waren. Bei den Arbeitern handelte es sich nach heutiger Begrifflichkeit in etwa um Hartz-IV-Bezieher, die zur Arbeit gezwungen wurden. Andernfalls erhielten sie keine Unterstützung mehr.

Zur Wiederherstellung ist es nicht gekommen

Gleichwohl: Bei der Einweihung der Straße am 7. Juli 1927, im Beisein des preußischen Ministers für Volkswohlfahrt, Heinrich Hirtsiefer, lobten die Festredner das Projekt in den höchsten Tönen. Es sei eine richtungsweisende und bedeutsame Investition. Der damalige Landrat Ludwig Wessel schwärmte sogar von der „schlanken Linienführung der Straße, die eine „starke Anziehungskraft auf den Personenkraftwagenverkehr ausüben“ werde. Unter Mitbenutzung einer am gleichen Tag eröffneten neuen Straße von Overath nach Much mit einer Verbindung zur Zeithstraße bei Seelscheid könnten nun die Autofahrer aus den „rheinischen Großstädten(...) auf besten und genussreichen Straßen stundenlang durch ein herrliches Gelände hingleiten“, so der Landrat.

Der Bonner General-Anzeiger indes bewertete das Projekt völlig anders, zumal es längst eine nahezu parallel verlaufende Provinzialstraße, die heutige Zeithstraße (B 56), gab. In einem Bericht hieß es, dass durch die Verkehrserschließung des Wahnbachtals, ein „fast unberührtes Naturgebiet(...)erledigt“ sei. Zudem wurde bezweifelt, dass die neue Straße der „vorzüglichen Zeithstraße, die soviel Wohn- und Betriebstätten berührt“, viel Verkehr abnehmen werde. Was der GA damals schrieb, bewahrheite sich in den folgenden Jahren. Aus den „hochfliegenden Plänen“, das Wahnbachtal zu entwickeln, wurde nichts. Auch der erhoffte Ausflugsverkehr blieb weitgehend aus, wie es den Siegburger Blättern (Nr. 35) zu entnehmen ist.

Zu einer Wiederherstellung der Strecke ist es nach dem Krieg nicht mehr gekommen, weil die Instandsetzung anderer Brücken im Siegkreis dringlicher war. Auch, weil die schon in der 20er Jahren geplante Kraftwerktalsperre acht Mal größer entstehen sollte, in der dann ein Teilstück der Wahnbachtalstraße versinken würde. Und so wurde die Ummigsbach-Brücke zur Ruine im dichten Wald, ein riesiger Pfeiler und Bogen, der von einer kleineren Stütze gehalten wird.

Derenbach-Brücke ist gut erhalten

Die Natur hat sich zurückgeholt, was ihr damals genommen worden ist, „erledigt“ ist sie nicht. Dichtes Gestrüpp und Bäume lassen aber immer noch erahnen, was für ein Großprojekt in den 1920er Jahren realisiert – und in den Sand gesetzt worden ist. In den 50er Jahren sahen die Behörden überdies keine Notwendigkeit mehr für die Wahnbachtalstraße und attestierten ihr eine völlige Nutzlosigkeit.

Das Pendant zur Ummigsbach-Brücke im Wahnbachtal, die Derenbach-Brücke, ist hingegen noch gut erhalten, freilich fahren keine Autos mehr über sie. Sie steht, von Wasser umgeben, auf dem Grund des von 1955 bis 1958 errichteten Stausees der Wahnbachtalsperre. 2008 tauchte sie aber wieder auf, weil der Wasserstand während Reparaturarbeiten am Damm erheblich gesenkt worden war. Das schließlich zog zahlreiche Ausflügler ins Wahnbachtal.

Es ist schon ein mystischer Ort, dort, wo das imposante Relikt aus alter Zeit, das nahezu unvermittelt in die Höhe ragt, die Zeiten überdauert. Auch ein geschichtsträchtiger Ort, der an einem wunderschönen Rundwanderweg, dem Mönchweg, liegt. Er ist einer von 19 Erlebniswegen Sieg, der am Wanderparkplatz „Siegelsknippen“ beginnt und über 8,3 Kilometer unterhalb der Wahnbachtalsperre entlang ins „selige Tal“ führt, das von der Mitte des 13. bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts vom Franziskanerkloster geprägt wurde. 1231 erstmals urkundlich erwähnt, war es das erste Franziskanerkloster nördlich der Alpen. Von den Gebäuden blieb die Klosterkirche Seligenthal erhalten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort