Interview mit Bürgermeister Klaus Pipke "Die Dörfer müssen ihr Profil schärfen"

HENNEF · Über zu wenig Arbeit kann sich Hennefs Bürgermeister Klaus Pipke nicht beschweren - im Gegenteil: In diesem Jahr gibt es einige Projekte, die die Zukunft Hennefs maßgeblich prägen werden.

 Sehnsüchtig warten viele Einwohner Uckeraths auf eine Ortsumgehung.

Sehnsüchtig warten viele Einwohner Uckeraths auf eine Ortsumgehung.

Foto: Ingo Eisner

Mit Pipke sprach Ingo Eisner und Dominik Pieper.

Herr Pipke, wie wird das Jahr 2015 für Hennef?

Klaus Pipke: Hoffentlich gut. Die Hauptthemen sind der Ausbau der Kopernikus-Realschule zur Gesamtschule Hennef-West, die Einrichtung des Gewerbegebiets Kleinfeldchen, die Planungen für den Heiligenstädter Platz und die Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes. Hinzu kommt, dass wir uns mit der Zukunft unserer Dörfer und mit dem Thema Wohnungsbau beschäftigen müssen. Es ist genug Arbeit da.

Verfügt Hennef außer dem Kleinfeldchen noch über weitere Gewerbeflächen?

Pipke: Nein, der Bedarf ist zwar da, wir haben aber nicht genügend Flächen. Laut einer Studie benötigt die Stadt zurzeit weitere 22 Hektar, um Betriebe anzusiedeln. Das Gebiet Kleinfeldchen ist sechs bis sieben Hektar groß und die letzte größere Fläche, die Hennef hat. Das Interesse am Kleinfeldchen ist so groß, dass wir die Flächen schon drei Mal an den Mann hätten bringen können.

Wer zieht dorthin?

Pipke: Mit dem Busunternehmen Kolf, das im Kleinfeldchen sein Depot und sein Schulungszentrum für Fahrer eröffnen möchte, gibt es einen Interessenten, der bereits bekannt ist. Mit der Ansiedlung von Kolf werden 85 neue Arbeitsplätze geschaffen. Insgesamt verfolgen wir mit diesem Gewerbegebiet das Ziel, Unternehmen aus der Region nach Hennef zu holen und wohnortnahe Arbeitsplätze anzubieten. Ich nehme an, dass wir in diesem Jahr Baurecht schaffen können.

Vor einigen Monaten hat die Stadt die Weichen für die Entwicklung des Heiligenstädter Platzes in der Innenstadt gestellt. Was passiert dort dieses Jahr?

Pipke: Der Flächenverkauf an der Ecke Lindenstraße/Mozartstraße ist erfolgt, so dass das Bebauungsplanverfahren starten kann. An der Stelle wird ein Wohn- und Geschäftshaus entstehen. Dann hoffe ich, dass wir im Februar mit dem Abriss des Parkhauses an der Bahnhofstraße beginnen können, das wir im letzten Jahr wegen Einsturzgefahr schließen mussten. Geplant ist ein Neubau, aber mit Geschäftsflächen im Erdgeschoss. Für den Übergang wird an dieser Stelle ein provisorischer Parkplatz eingerichtet.

Macht es Sie nicht nervös, wenn Sie sehen, wie Sankt Augustin, Troisdorf oder Siegburg ihre Einkaufszentren aufrüsten?

Pipke: Ich sehe das entspannt: Denn was der Region gut tut, kann auch uns nicht schaden. Wir haben mit "Saturn", "Müllerland" und "Bauhaus" in den vergangenen Jahren größere Unternehmen angesiedelt, die mit ihren Umsätzen sehr zufrieden sind und Hennef gestärkt haben. Wir schauen uns zum Beispiel genau an, wo wir etwa beim Einzelhandel Ergänzungen vornehmen können. Im Bereich "Junge Mode" werden wir noch nachlegen.

Hennef hat ja bekanntlich fast 100 Dörfer und Wohnweiler. Kennen Sie eigentlich alle?

Pipke: (lacht) Ja, im Laufe der Jahre habe ich alle kennengelernt.

Werden in Zukunft alle Dörfer überleben?

Pipke: Da gibt es ja immer ein Auf und Ab, gerade bei kleinsten Dörfern mit einstelligen Einwohnerzahlen. Manche Orte verschwinden, blühen aber doch wieder auf, wenn wieder jemand dorthin zieht. Für die Zukunft der Dörfer wird es ein ganz wesentlicher Faktor sein, wie engagiert Dorfgemeinschaften sind. Und: Es muss auf den bestehenden Flächen ein Generationswechsel stattfinden. Insgesamt müssen die Orte aus eigener Kraft ihr Profil schärfen.

Was tut die Stadt dabei?

Pipke: Wir unterstützen diese Prozesse durch unsere Dorfbeauftragte und haben dadurch einen ganz engen Kontakt zu den Heimatvereinen. Außerdem beschäftigen wir uns gerade verstärkt mit Infrastrukturthemen zum Beispiel in Uckerath - sprich dem Wohnungsbau und dem Einzelhandel. Da gibt es noch Nachholbedarf. Ganz wichtig ist auch die Internetversorgung im ländlichen Raum: Wir haben einen Deckungsgrad von 97 Prozent, den Rest schaffen wir auch noch.

Sie beteiligen sich mit ihren Nachbargemeinden am "Leader"-Projekt, einem Programm für ländliche Entwicklung. Was versprechen Sie sich davon für Hennef?

Pipke: Es gibt bereits viele erfolgreiche Kooperationen mit Eitorf und Windeck und anderen Nachbarkommunen wie den Natursteig, den Radweg an der Sieg oder das Siegtalfestival. Wir wollen diese Kooperationen weiter stärken, weil wir ein Interesse daran haben, dass sich der östliche Rhein-Sieg-Kreis und gerade der ländliche Raum stabilisiert und für die Zukunft positioniert.

Wie schaut es mit der finanziellen Zukunft der Stadt aus? Bei den Haushaltsberatungen zeigten Sie sich nicht gerade optimistisch.

Pipke: Wir konnten dieses Jahr das Haushaltssicherungskonzept gerade eben vermeiden, aber die Spielräume werden immer enger. Dieses Jahr wird es keine Steueranhebungen geben, das kann im nächsten Jahr aber schon anders aussehen.

Am Beispiel Siegburg sieht man, wie schnell es zu finanziellen Schwierigkeiten kommen kann, wenn Gewerbesteuereinnahmen plötzlich wegbrechen. Ist Hennef davor gefeit?

Pipke: Gewerbesteuereinnahmen sind grundsätzlich keine sichere Einnahmequelle. Keine Kommune ist davor gefeit, dass die Einnahmen sinken. Umso wichtiger ist es, weiteren Unternehmen Möglichkeiten und Flächen anzubieten.

Bei den Investitionen ist der Ausbau der Realschule zur Gesamtschule Hennef-West eines der größten Vorhaben in den nächsten Jahren. Müssen andere Projekte dafür aufgeschoben werden?

Pipke: Nein. Finanziert werden die Kosten von acht Millionen Euro für die Gesamtschule über mehrere Haushaltsjahre. Allein eine Million Euro fließt bei dem Umbau in das Thema Inklusion. Vom Land bekommen wir 80 000 Euro als jährlichen Inklusionszuschuss - das ist nicht mehr als eine nette Anerkennung. Trotzdem werden wir uns sehr für die Umsetzung der Inklusion einsetzen.

Die Gründung der Gesamtschule West war also richtig?

Pipke: Ja, natürlich. Sie hat für eine Entlastung der Gesamtschule Meiersheide gesorgt und entsprach deutlich dem Willen der Eltern. Die Schule ist jetzt im zweiten Jahr und macht eine tolle Arbeit. Ich höre nur Gutes.

Noch ein Wort zum Thema Verkehr: Da wird seit vergangenem Jahr um die Aufnahme der Uckerather Ortsumgehung (B 8) in den Bundesverkehrswegeplan gerungen. Wie sehen Sie die Chancen?

Pipke: Für die Ortsumgehung sieht es eigentlich wieder ganz gut aus. Es gibt Anzeichen, dass die Ortsumgehung in den Bundesverkehrswegeplan 2015 aufgenommen wird, und ich hoffe sehr, dass das Realität wird! Allerdings sollte das Thema dann auch von Bund und Land genauso vorrangig behandelt werden, wie auf der rheinland-pfälzischen Seite, wo die B 8 ausgebaut wird. Für die Uckerather ist dieses Nadelöhr unzumutbar, da muss sich etwas tun.

Wie weit sind die Pläne für die Bahnunterführung an der Brölbahn fortgeschritten?

Pipke: Land und Bahn beschäftigen sich derzeit mit der technischen Umsetzung. Die Unterführung wird definitiv den Verkehr im Hennefer Zentrum entlasten. Und wenn das Land zukünftig auch noch die Allner Brücke um je eine Spur in beide Fahrtrichtungen erweitert, wird auch dort der Verkehrsfluss verbessert.

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