Winter im Rhein-Sieg-Kreis Der Schneerekord liegt bei 41 Zentimetern

Rhein-Sieg-Kreis · Eiskalte Winter über Wochen sind im Rhein-Sieg-Kreis selten. 1963 wurden in Krawinkel minus 29,5 Grad gemessen

 Zuletzt hatte der Winter 2010 reichlich Schnee in die Höhenlagen des Rhein-Sieg-Kreises gebracht. In Much-Sommerhausen wurde der Solitärbaum inmitten der Winterlandschaft zum beliebten Fotomotiv von Wanderern.

Zuletzt hatte der Winter 2010 reichlich Schnee in die Höhenlagen des Rhein-Sieg-Kreises gebracht. In Much-Sommerhausen wurde der Solitärbaum inmitten der Winterlandschaft zum beliebten Fotomotiv von Wanderern.

Foto: Thomas Heinemann

Böse Zungen behaupten, eine einzelne Schneeflocke könne das gesamte Rheinland zum Erliegen bringen. In der Tat sind schneereiche, über Wochen eiskalte Winter im Rheinland selten – und gerade Autofahrer oft überrascht, wenn der Winter einmal seine kalte Seite zeigt. Erst recht, wenn der meteorologische Winteranfang am 1. Dezember und sein kalendarisches Pendant am 21. Dezember so unspektakulär wie in diesem Jahr vorbeigezogen sind. Stabile Winterhochs, die Eiseskälte bringen, sind seltener geworden. Bei den Wetterexperten vom Deutschen Wetterdienst (DWD) beobachtet man auch das Wettergeschehen im Rhein-Sieg-Kreis genau.

Alle 40 Kilometer haben die Meteorologen ihre manuellen wie vollautomatischen Wetterstationen stehen, einige werden von ehrenamtlichen Hobbymeteorologen gepflegt, erklärt Jürgen Blecher von der Abteilung Klima- und Umweltberatung des DWD in Essen. Auf Nachfrage des General-Anzeigers hat er die Statistiken geprüft: Wann gab es im Rhein-Sieg-Kreis zum letzten Mal einen „richtigen Winter“ mit kleinen Rekorden? So leicht lässt sich die Frage gar nicht beantworten, gibt der Meteorologe zu erkennen: Im Zahlenwerk der lokalen Messstellen im Neunkirchen-Seelscheider Ortsteil Krawinkel und Köln-Wahn fällt das Jahr 1963 auf.

Mit minus 29,5 Grad Celsius in fünf Zentimetern Höhe über dem gefrorenen Boden wurde am 18. Januar 1963 ein lokaler Kälterekord in Krawinkel aufgezeichnet. In zwei Metern Höhe waren es immerhin noch minus 21,6 Grad Celsius. Die Eiseskälte blieb nicht ohne Spuren: Während die Gemeindearchive in Neunkirchen-Seelscheid keine Aufzeichnungen zum Rekordfrost fanden, fand Sankt Augustins Stadtarchivar Michael Korn entsprechende Belege: Die Eiseskälte setzte den Straßenbelägen derart zu, dass der damalige Siegkreis rund 1,8 bis zwei Millionen Deutsche Mark an Schäden erwartete. Die Reaktion der Kreisverwaltung: Außerplanmäßige Finanzmittel sowie mehr Personal wurden von der Politik eingefordert.

Als Anfang März Tauwetter den Schnee des Winters 1963 schmelzen ließ, war der Boden vielerorts immer noch tief durchgefroren – das Wasser konnte nicht versickern. „Alle Feuerwehren des Amtes Menden im Einsatz – Flachland stark bedroht“, verlautete die Lokalpresse am 9. März 1963. Am Niederberg, am Pleisbach, am Schleuterbach und im Gewerbegebiet Menden-Süd überfluteten Schmelzwasser-Bäche Straßen und Keller. Der Flugbetrieb am Flugplatz Hangelar wurde eingestellt: Das Flugfeld war eine Seenlandschaft. Auch an Schnee hat es in vergangenen Jahren nicht gemangelt. Ebenfalls in Neunkirchen-Seelscheid ist der offizielle Schneerekord für den Rhein-Sieg-Kreis erfasst worden – andere offizielle Messstellen mit kontinuierlichen Messreihen gebe es im nahen Umkreis aber auch nicht, sagt Jürgen Blecher. Auf 195 Metern über dem Meeresspiegel waren am 13. Januar 1979 stolze 41 Zentimeter Schnee zusammengekommen. „Als Kind habe ich damals den vielen Schnee geliebt. Mein Vater fand den gar nicht so toll, er kam öfters mit dem Auto nicht nach Siegburg zur Arbeit“, erinnert sich die Mucher Gemeindearchivarin Britta Rath: Über mehrere Tage waren damals viele Straßen rund um Much kaum oder nicht passierbar. „Es war damals so verschneit und kalt, dass unser Gärtner in einer Gaststätte übernachtet hat, weil er nachts nicht mehr sicher nach Hause kam“, sagt auch Magdalena Kappes aus Lohmar-Krahwinkel – dem Krahwinkel mit „h“ im Namen. Schneereich war auch der Winter 1985, der an der Wetterstation in Köln-Wahn mit 25 Zentimetern den Schneehöhenrekord setzte.

Für Magdalena Kappes war das ein besonderes Jahr: „Mein Mann Karl-Josef war 1985 Prinz im Kölner Karneval, und es hat ununterbrochen geschneit.“ Zum Einzug ins Hotel Interconti schlüpfte das Dreigestirn in gelbe Kehrmännchen-Uniformen und schaufelte fleißig Schnee. Derweil fanden die drei Grizzlybären, die das Dreigestirn dem Kölner Zoo geschenkt hatte, den Schnee bärenstark, sagt Magdalena Kappes: „Und in der Nacht zu Rosenmontag hat das Dreigestirn selbst noch Schnee geräumt und Eis gehackt, damit die Pferde auf dem Zugweg nicht ausrutschen.“

Auch der Januar 2010 brachte der Region große Schneemengen. 31 Zentimeter wurden in Much gemessen – zu viel für manche Bäume im Wahnbach- und auch im Bröltal, die unter der Schneelast nachgaben. Dafür wurde der schneebedeckte Sommerhausener Solitär, eine stattliche Eiche auf einer Mucher Anhöhe, zum beliebten Fotomotiv und gleich von mehreren Schneemännern bewacht. Mit Schneeprognosen für diesen Winter halten sich die Meteorologen noch zurück. Statistisch ist der Januar der kälteste und der Februar der schneereichste Monat – zwei Monate, die zumindest im Rheinland offiziell dem Winter abgerungen und der fünften Jahreszeit zugeordnet wurden. Schließlich wird im Trömmelchenlied der Schnee für den Karneval sogar vorausgesetzt: „Jedes Johr em Winter, wenn et widder schneit, kütt dr Fastelovend, un mir sin all bereit.“

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